Der Einsatz von Videos zum Zweck des Lehrens und Lernens ist kein neues Phänomen, sondern kann mindestens bis zur Einrichtung von Fernuniversitäten und deren Verwendung von Video im Rahmen des Fernunterrichts in den 1960er/1970er Jahren zurückverfolgt werden (Meinhard, Clames & Koch 2014: 51). Mit der Erhöhung verfügbarer Netzbandbreiten (ebd.) und der Etablierung des Webs als Mitmach-Medium (Ebner & Schön 2013) hat sich der Trend zum Lehr/Lernvideo in den letzten Jahren jedoch verstärkt.
Der einfachste und womöglich häufigste Typ von Lehrvideos, die im Hochschulkontext produziert werden, sind Mitschnitte von laufenden Lehrveranstaltung oder Vorträgen, die anschließend auf der Lernplattform zur Verfügung gestellt werden. So können die Inhalte der Veranstaltungen auch Abwesenden zugänglich gemacht werden oder Teilnehmer:innen können die Inhalte noch einmal im eigenen Tempo nachschauen. Solche Mitschnitte haben jedoch noch wenig mit Lehrvideos im eigentlichen Sinne zu tun, da sie nicht darauf ausgelegt sind als Videos und mediendidaktisch begründet produziert und eingesetzt zu werden.
Ziel ist, dass Lehrvideos die Eigenschaften von Videos und ihren didaktischen Einsatz sinnvoll kombinieren.
Videos bieten die Möglichkeit, Wissen in Unabhängigkeit von einer Face-to-Face-Situation zu vermitteln. Im Unterschied zu Texten bieten Videos zudem die Möglichkeit, nicht nur zu beschreiben, sondern visuelle und auditive Eindrücke aufzuzeichnen und Inhalte anschaulich zu machen. Das bietet etliche Vorteile für Lehr-/Lernprozesse (Noetel et al., 2021):
Lehrvideos müssen somit keineswegs als Gegenpol der Präsenzlehre verstanden werden.
Ein Video an sich wirkt noch nicht lernfördernd. Ebenso wie andere Lehr- und Lernmaterialien müssen dessen Einsatz sorgfältig geplant und die Gestaltung didaktisch begründet werden. Basierend auf den Überlegungen der Cognitive Theory of Multimedia Learning (Mayer, 2014) lassen sich folgende Empfehlungen für die Gestaltung und den Einsatz von Lehr- und Lernvideos formulieren:
Möchten Sie Lehrvideos produzieren und als Offene Bildungsressource zur Verfügung stellen? Dann können Sie die Unterstützung der Medienproduktion am CTL in Anspruch nehmen. Ein vollständige Anleitung von den ersten Phasen der Videokonzeption bis zu Drehtermin und Veröffentlichung finden Sie hier. |
Lehrvideos bieten die Möglichkeit zur Vermittlung von deklarativem Wissen (Erklärvideo) und prozeduralem Wissen (Tutorial). Lehr- und Lernvideos können aufgrund ihres Formats grob in vier Kategorien eingeteilt werden, wobei diese nicht trennscharf sind:
Unter Lehr- und Lernvideos finden sich meist Mischformen aus den angeführten Formaten. Je nach Lernzielen und Lehr- und Lernsetting bieten sich bestimmte Arten von Lehrvideos eher an als andere. Auch Kombinationen sind möglich.
Der konkrete Aufwand für die Erstellung Ihres Videos ist abhängig von
Unabhängig davon ist im erste Schritt eine Übersicht oder Konzeption von dem geplanten Vorhaben zu erstellen sinnvoll.
Bevor Sie mit der Erstellung Ihres Lernvideos beginnen, sollten Sie folgende Fragen beantworten können:
Je nach Länge und Komplexität empfehlen wir für die konkrete Vorbereitung der einzelnen Abschnitte oder Szenen des Videos eine Ablaufbeschreibung zu erstellen. Wenn Sie bereits Präsentationsmaterial haben, geht das ganz schnell und einfach mit PowerPoint: Eine kurze Anleitung, wie Sie eine bestehende Präsentation in eine Vorlage für die Planung des Videoablaufs umgestalten können, finden Sie hier.
Eine andere Möglichkeit, Ihr Video ausgehend von den Lernzielen und Inhalten zu konzipieren, bietet Ihnen die Anleitung und Vorlage Das Grobkonzept schreiben der CTL-Medienproduktion. Verfeinern können Sie diese Schritte mit der Planung des Ablaufs (siehe: Das Feinkonzept schreiben).
Sobald ein Grobkonzept oder eventuell sogar ein Feinkonzept (im Sinne einer Ablaufbeschreibung) vorliegen, kann die Produktion in Angriff genommen werden.
Eine niederschwellige Möglichkeit für einfache Videoproduktionen bieten Ihnen die Videokonferenztools, die Ihnen die Universität Wien zur Verfügung stellt. Diese verfügen über die Möglichkeit ein Meeting aufzuzeichnen. So können Sie sowohl ein Vortragsvideo, eine Aufzeichnung Ihres Bildschirms, als auch eine Kombination aus beidem erstellen. Detaillierte Anleitungen finden Sie auf den Wiki-Seiten zu den jeweiligen Videokonferenztools (z.B. Zoom und BigBlueButton). Das benötigte Equipment umfasst ein Endgerät (bevorzugt PC oder Laptop), ein Mikrofon (integriert oder mit externem Mikro/Headset) und eine Webcam (integriert oder extern). Weitere Möglichkeiten, niederschwellig Videos für Ihre Lehre zu produzieren, z.B. auch mit dem Smartphone oder Tablet, finden Sie in folgendem Wiki-Artikel: Videos aufzeichnen.
Für die Produktion eines hochwertigen Realvideos (z.B. Interview, Exkursion, Laborvideo) benötigen Sie umfangreicheres Equipment: u.a. Kamera(s), Stativ(e), Mikrofon(e), und evtl. Beleuchtung. Es gibt hierbei auch die Möglichkeit die Medienproduktion am CTL zu nutzen, unter der Voraussetzung, dass die produzierten Videos nachhaltig in Lehrveranstaltung der Universität Wien eingesetzt und als Open Education Resource veröffentlicht werden.
Die Produktion von Lehrvideos bedeutet viel Aufwand. Deswegen empfiehlt sich entweder bereits vorhandene Inhalte wiederzuverwenden oder eine kurze Recherche über bereits bestehendes Material. Bei der Suche nach Videomaterial bieten folgende Quellen gute Resultate:
oerhub.at - Open Educational Resources (OER) aus dem österreichischen Hochschulraum suchen und finden.
Brame. (2016). Effective Educational Videos: Principles and Guidelines for Maximizing Student Learning from Video Content. CBE Life Sciences Education, 15(4), es6. https://doi.org/10.1187/cbe.16-03-0125
Breen-Wenninger, Barbara/Louis, Barbara: Orientierung an Studienzielen & Constructive Alignment. Infopool besser lehren. Center for Teaching and Learning, Universität Wien, Mai 2020. [https://infopool.univie.ac.at/startseite/universitaeres-lehren-lernen/studienzielorientierung-und-constructive-alignment/]
Educasts (Lehrvideos), Teaching & Learning Academy, Wirtschaftsuniversität Wien, https://learn.wu.ac.at/open/tlac/educast, November 2019.
fnma Magazin 03/2016 - Videos in der Lehre, https://www.fnma.at/content/download/755/2729, 30. September 2016.
Kulgemeyer, C. (2018b): Wie gut erklären Erklärvideos? Ein Bewertungs-Leitfaden. In: Computer+Unterricht 109, S. 8–11.
Mayer, R. E. (2014). Cognitive theory of multimedia learning. In R. E. Mayer (Ed.), Cambridge Handbook of Multimedia Learning second edition (pp. 43-71). Cambridge: University Press.
Meinhard, David; Clames Ute & Koch, Tobias, Zwischen Trend und Didaktik – Videos in der Hochschullehre, ZFHE Jg.9 / Nr.3 (April 2014) S. 50-64, https://zfhe.at/index.php/zfhe/article/view/683 24. April 2014.
Noetel, Griffith, S., Delaney, O., Sanders, T., Parker, P., del Pozo Cruz, B., & Lonsdale, C. (2021). Video Improves Learning in Higher Education: A Systematic Review. Review of Educational Research, 91(2), 204–236. https://doi.org/10.3102/0034654321990713
Schott, Reinhard: Kompetenzorientiertes Prüfen. Infopool besser lehren. Center for Teaching and Learning, Universität Wien, November 2017. [https://infopool.univie.ac.at/startseite/pruefen-beurteilen/kompetenzorientiertes-pruefen/]
Schön, Sandra & Ebner, Martin (2013). Gute Lernvideos … so gelingen Web-Videos zum Lernen! Veröffentlicht unter CC BY NC ND.
Valentin, K. (2018). Video-Tutorials: Eine systematisierende Annäherung aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive. Medienimpulse, 56(4). https://doi.org/10.21243/mi-04-18-07
Herwig, J., Schnabel, L., Handle-Pfeiffer, D. (2022). Gute Lehrvideos. Center for Teaching and Learning, Universität Wien. https://wiki.univie.ac.at/x/mI-_Cg Dieser Text ist lizenziert unter BY-SA 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de |
Abhängig von Ressourcen und Anzahl von Videos
Ein Video ist nicht per se lernfördernd.
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Am Beginn einer LV-Einheit wird ein Video gezeigt, welches in die Thematik einführt und das Vorwissen der Studierenden aktiviert. Danach können mittels eines kurzen Brainstormings in einer Wortwolke Vorkenntnisse und Wissensstände erhoben werden. Anschließend können die Inhalte des Videos anhand von Leitfragen in Gruppen (Breakout Rooms) oder im Plenum diskutiert werden.
Im Zuge einer Online-Selbstlernphase (Blended Learning) stellen Sie ein Video mit interaktiven Elementen (h5p) zur Verfügung. In der nächsten Präsenzeinheit können dann die Resultate besprochen und das Wissen vertieft werden. Die Steuerung der Lernprozesse erfolgt in Moodle in Form von Leitfragen, mittels interaktiven h5p-Quizfragen direkt im Video oder als anschließende Selbstüberprüfung via Test in Moodle.
Studierende bekommen die Aufgabe (zusätzlich oder anstatt eines Referats) während des Semesters ein Video über ein bestimmtes Thema oder eine bestimmte Fragestellung zu produzieren. Diese werden am Ende des Semesters präsentiert und zur Verfügung gestellt. Diese nachhaltigen Lernartefakte dienen als asynchroner Input sowohl für die Studierenden des aktuellen Kurses, als auch für Studierende folgender Semester.
Videos eignen sich gut um asynchrones Feedback auf individuelle Aufgaben (z.B. Seminararbeit, Gruppenarbeiten) zu geben - hierbei nehmen Sie einfach sich selbst beim verbalen Feedback geben auf. Sie können weiters mittels Video auch Rückmeldungen auf gesammelte Fragen für alle Studierenden im Moodlekurs geben (Antworten auf Fragen zu Prüfung, Zwischentest, etc.).
Analog zu einer Textanalyse können Studierende auch beauftragt werden bestimmte Aspekte von Videos zu analysieren. Die Ergebnisse können synchron und asynchron diskutiert werden. Besonders gut eignet sich dies bei Darstellungen von haptischen Prozessen (Sportwiss. oder Labore) und Fallbeispielen (Unterrichtsanalyse).
Am Beginn einer Lehrveranstaltung können Videos sehr gut zum Kennenlernen genutzt werden. Anstatt eines rein schriftlichen Forenposts wird einfach eine kurze Videobotschaft darin eingebettet. Mit Hilfe des Videobuttons im Moodle-Foreneditor können ganz einfach bis zu zwei Minuten aufgezeichnet und dann im Forum veröffentlicht werden.