The Feed ist ein Serious Game, welches von der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) in Kooperation mit den Entwickler:innenstudios Playing History und Suspicious Games am 18. September 2024 veröffentlicht wurde, und sich vorrangig an ein junges Zielpublikum richtet. Es ist ein Mobile Game, welches sowohl auf iOS als auch Android spielbar ist und kostenlos heruntergeladen werden kann. Das Spiel verfolgt die Absicht, Spieler:innen gegenüber den Themen Künstliche Intelligenz und Social-Media-Algorithmen zu sensibilisieren. Darüber hinaus behandelt es den Einfluss, den künstliche Intelligenz auf Meinungsbildungsprozesse auswirken kann, und beleuchtet Phänomene wie Filterblasen oder Hate Speech. Des Weiteren macht The Feed auf das Suchtpotenzial von Social-Media-Plattformen aufmerksam und fördert kritische Reflexion des eigenen Nutzungsverhaltens.
Allgemeine Spielanalyse
In The Feed übernimmt man die Rolle eines:einer Mitarbeiter:in einer Social-Media-Firma (vergleichbar mit Konzernen wie Meta), dem:der eine spezifische Zielperson zugeteilt ist. Die Aufgabe der Spielenden besteht darin, durch gezielte Auswahl von Inhalten den Feed der Zielperson so zu gestalten, dass sie möglichst viel Zeit auf der Social-Media-Plattform verbringt. Dadurch simuliert das Spiel die Funktionsweise von Social-Media-Algorithmen, die in sozialen Netzwerken eingesetzt werden, um die Aufmerksamkeit der Nutzer:innen zu binden und User-Engagement zu maximieren.
The Feed ist in vier aufeinanderfolgende Kapitel gegliedert. Zu Beginn jedes Kapitels wird die jeweilige Zielperson kurz vorgestellt, um dem:der Spieler:in einen Überblick über die Persönlichkeit der Zielperson zu verschaffen, und somit zu ermöglichen, dass die Inhalte, die in ihrem Feed gezeigt werden, auf die persönlichen Präferenzen der Zielperson abgestimmt werden können. Anschließend setzt das grundlegende Spielprinzip ein: Dem:der Spieler:in werden drei Postings präsentiert, aus welchen er:sie dasjenige auswählt, das am besten den Interessen der Zielperson entspricht. Gleichzeitig werden alle online-Aktivitäten der Zielperson überwacht: Ein KI-Tool arbeitet auf Basis des Like-Verhaltens sowie der Kommentare und persönlichen Nachrichten der Zielperson heraus, welche Themen auf gesteigertes Interesse stoßen. Jede Entscheidung wird also sofort durch Feedbackmechanismen bewertet, auf der Basis der so gewonnenen Informationen lässt sich die Gestaltung des Feeds zunehmend personalisiert gestalten und die Interessen, aber auch die Ängste und Unsicherheiten der Zielperson bewusst einsetzen, um User-Engagement zu maximieren. Damit werden die Funktionsweisen realer algorithmischer Selektionsprozesse imitiert. Um ein Kapitel erfolgreich abzuschließen und somit das nächste freizuschalten, muss die Zielperson über einen gewissen Zeitraum am Smartphone gebunden und eine bestimmte Menge einer fiktiven Währung gesammelt werden - diese repräsentiert das Geld, welches die Firma mit dem Verkauf persönlicher Informationen der Nutzer:innen verdient. Die Steuerung des Spiels orientiert sich an der Bedienung beliebter Social-Media-Plattformen. Nachdem ein Großteil der Schüler:innen selbst erhebliche Teile der eigenen Freizeit auf solchen Plattformen verbringt (Safer Internet 2025), dürfte die Navigation von The Feed in den meisten Klassen keine Herausforderung darstellen. Die audiovisuelle Gestaltung unterstützt die Thematik: Düstere Beats erzeugen eine beklemmende Klangkulisse, welche die moralische Fragwürdigkeit der Spielhandlungen unterstreicht und Zeitdruck vermittelt. Die visuelle Gestaltung mutet futuristisch an, farblich wird auf eine kühle Farbpalette gesetzt. Lediglich die Zielpersonen selbst durchbrechen diesen monotonen Stil: Sie sind bunt, stilisiert und bewusst überzeichnet. Sie symbolisieren Leben und Individualität in einer technokratischen und sterilen Spielwelt. Dass das Wohlergehen der Zielpersonen von der Firma nicht berücksichtigt wird, visualisiert das Spiel eindrucksvoll durch einen blau gefärbten Balken, welcher die Stimmung der Zielperson symbolisiert und sich bei zunehmender Deterioration der mentalen Gesundheit leert und rot färbt - im Gegensatz zu allen anderen Parametern ist dieser Balken für den Fortschritt im Spiel nicht entscheidend und kann komplett ignoriert werden.
The Feed verfolgt keine kommerziellen Interessen, sondern wurde von Grund auf für den Einsatz im Klassenzimmer konzipiert. Auf spielerische Art und Wese soll Schüler:innen bewusst gemacht werden, wie sie von Social-Media-Algorithmen manipuliert werden. Ergänzt werden kann das Spiel durch ein (ebenfalls kostenlos verfügbares) Begleitheft für Lehrkräfte, welches einsatzbereite Stundenplanungen und Anwendungsvorschläge für die edukative Nutzung des Spiels beinhaltet. Außerdem ist auch ein Social-Media-Journal für Schüler:innen beigelegt, das ihnen helfen soll, ihre Beziehung zu Technik- und Internetnutzung zu reflektieren. Die entsprechenden Links befindet sich im Quellen- und Materialverzeichnis dieses Beitrags (Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg 2025a & 2025b).
Fachliche Analyse
The Feed behandelt zahlreiche Themen von tagesaktueller politischer Relevanz. Die Art und Weise, wie künstliche Intelligenz und Social-Media-Algorithmen genutzt werden, um User-Engagement zu maximieren, kann zur Verbreitung von Fake News und Verschwörungstheorien führen und die Isolation von Individuen in politischen Echokammern befeuern. Auch die Transformation der Medienlandschaft und die damit einhergehende Krise traditioneller Print- und Nachrichtenmedien wird behandelt. Zusätzlich dazu wird die Frage aufgeworfen, inwiefern es privaten Unternehmen wie Meta und Google zusteht, umfangreichen Zugriff auf die privaten Informationen der Nutzer:innen ihrer Plattformen zu erhalten und diese für wirtschaftliche Zwecke weiterzuverwenden, ohne Rücksicht auf das Wohlbefinden des Zielpublikums zu nehmen. Da nicht zuletzt Jugendliche zu diesem Zielpublikum zählen, sind solche Themen für Schüler:innen besonders anschlussfähig. Laut dem Jugend-Internet-Monitor verwenden mindestens 72 % der österreichischen Jugendlichen soziale Netzwerke, allen voran TikTok, Instagram, Snapchat, YouTube und WhatsApp (Safer Internet 2025). In Anbetracht dieser Sachlage wurde sich in der Entwicklung von The Feed dafür entschieden, besonderen Fokus auf eben jene Aspekte zu legen, von denen Jugendliche im Internet vermehrt betroffen sein können. So wird unter anderem auf die Problematik von Hate Speech, die sich in weiterer Folge zu Cybermobbing entwickeln kann, aufmerksam gemacht.
Fachdidaktische Analyse
Auf Basis der tagesaktuellen Themenwahl, welche für Schüler:innen der heutigen Zeit hochgradig anschlussfähig ausfallen dürfte, und des daraus resultierenden akuten Lebensweltbezugs, bietet The Feed umfangreiche didaktische Anwendungsmöglichkeiten. Es eignet sich vor allem dafür, Jugendliche dazu anzuregen, ihren persönlichen Social-Media-Konsum zu reflektieren und die Funktionsweise sozialer Medien kritisch zu hinterfragen. Dr. Kreißig, Präsident der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg, konkretisiert die Zielgruppe auf Schüler:innen der 7. bis 10. Schulstufe (Krießig 2025, 5). Die Tatsache, dass umfangreiches didaktisches Begleitmaterial kostenlos zur Verfügung gestellt wird, macht das Spiel aus Lehrer:innenperspektive zusätzlich attraktiv. Nichtsdestotrotz soll angemerkt sein, dass The Feed ein gewisses Maß an Vorwissen voraussetzt. Zur erfolgreichen didaktischen Nutzung des Spiels sollte also im Vorfeld der ersten Spielphase mindestens eine Unterrichtseinheit absolviert werden, welche die gesellschaftspolitischen Auswirkungen von künstlicher Intelligenz, sozialen Medien und den ihnen zugrundeliegenden Algorithmen behandelt.
Didaktisierungen
Quellen- und Materialverzeichnis
Kreißig, Wolfgang (2025): Vorwort. In: Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (2025): The Feed. Begleitheft für Lehrkräfte (1. überarbeitete Auflage), S. 5.
Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (2025a): Mein Feed. Social-Media-Journal (1. überarbeitete Auflage). Online: https://the-feed.de/materials/THE-FEED-Social-Media-Journal.pdf (Zugriff: 2.10.2025).
Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (2025b): The Feed. Begleitheft für Lehrkräfte (1. überarbeitete Auflage). Online: https://the-feed.de/materials/THE-FEED-Begleitheft-f%C3%BCr-Lehrkr%C3%A4fte.pdf (Zugriff: 2.10.2025).
Playing History/Suspicious Games (2025): The Feed. Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg. Online: https://the-feed.de/#game (Zugriff: 2.10.2025).
Safer Internet (2025): Jugend-Internet-Monitor 2025 Österreich. In: Saferinternet.at. Online: https://www.saferinternet.at/services/jugend-internet-monitor (Zugriff:02.10.2025).
