2. enzyklopädische Einleitung
Decount ist ein Serious Game aus dem Genre der interaktiven Simulation, das sich mit den Themen Extremismus und Radikalisierung auseinandersetzt. Entwickelt wurde es von Bloodirony Games in Zusammenarbeit mit Expert:innen aus Pädagogik und Wissenschaft und mehreren Beratungsstellen zum Thema Extremismus. Das Spiel erschien im Jahr 2021 und richtet sich vor allem an Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren. Es verfolgt das Ziel, spielerisch für die Mechanismen extremistischer Propaganda und Rekrutierung zu sensibilisieren. Die Spieler:innen begleiten vier jugendliche Protagonist:innen durch alltägliche Situationen, in denen sie Entscheidungen treffen müssen. Abhängig von den gewählten Handlungen kann sich ihre Geschichte in eine radikale Richtung entwickeln oder nicht. Eine Besonderheit von Decount ist die realitätsnahe Darstellung von Radikalisierungsprozessen oft auch aus Umgebungen, die nicht klassisch mit Extremismus in Verbindung gebracht werden und die Förderung kritischen Denkens durch interaktive Narrative.
3. Factbox
Spieltitel | Decount |
Cover | |
Entwickler | Bloodirony Games |
Publisher | „Decount“ Projektteam, finanziert durch die europäische Union |
Erscheinungsjahr | 2020/2021 |
Genre | Browserspiel |
Art des Spiels | Serious Game, kostenlos, Indie |
Altersfreigabe | ab 16 |
Thema | Radikalisierung und Extremismus |
Plattformen | PC, Android, iOS |
Sprache(n) | Deutsch, Englisch |
Spieldauer | 10-20 Minuten pro Geschichte |
Link zur Website |
4. Medienleiste für Spielvorstellungen und erstes Kennenlernen
- Einbettung Trailer
- Schüler:innen-Vorstellungen
- Studentische Kurzvorstellungen des Spiels als Video (5-6 Minuten)
Angaben für das Videoformat Studentische Kurzvorstellung
Filmen Sie Ihren Spieldurchgang zunächst unkommentiert ab. Schneiden Sie anschließend das Video auf 6-8 Minuten zusammen und kommentieren Sie es, sodass der Bildtrakt und ihr Kommentar im Wesentlichen zusammenpassen. Bearbeiten Sie dabei folgende Aufgaben:
- Formal: Stellen Sie sich kurz vor oder bleiben Sie anonym, ganz wie Sie wollen. Den Kontext des Kurses lassen Sie bitte weg. Sie benötigen kein selbstgemachtes Intro oder Outro. Sie müssen sich in der Spielvorstellung nicht abbilden, sondern es ist nur das Spiel (Spielszenen, Ingame) zu sehen.
- Nennen Sie die Eckdaten und stellen Sie das Thema und zentrale Inhalte des Spiels vor.
- Arbeiten Sie zentrale Spielelemente sehr allgemein und themenübergreifend heraus.
- Diskutieren Sie abschließend jene Aspekte des Spiels, die Ihnen gelungen oder weniger gelungen erscheinen.
5. Allgemeine Spielanalyse
Decount ist ein Serious Game, das sich mit den Themen Radikalisierung und Extremismus auseinandersetzt. Die Handlung folgt vier jugendlichen Protagonistinnen und Protagonisten – Marco, Jasmin, Jens und Franziska –, die in ihrem Alltag mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert werden. Im Verlauf des Spiels müssen die Spielenden Entscheidungen für die Charaktere treffen, die ihren weiteren Weg beeinflussen. Dabei können sie entweder in extremistische Strukturen hineingezogen werden oder sich bewusst dagegenstellen. Das Spiel zeigt auf, wie schleichend Radikalisierungsprozesse verlaufen können und wie sehr persönliche sowie gesellschaftliche Faktoren eine Rolle spielen.
Ziel des Spiels ist es, die Mechanismen extremistischer Propaganda und Rekrutierung aufzuzeigen und das kritische Denken der Spielenden zu schärfen. Durch die interaktive Entscheidungsmechanik lernen die Spielenden, wie unterschiedliche Handlungsoptionen zu verschiedenen Konsequenzen führen. Eine zentrale Spielmechanik besteht darin, zwischen verschiedenen Dialog- und Handlungsmöglichkeiten zu wählen, die jeweils andere Entwicklungen auslösen. Es gibt keine klassischen Gewinn- oder Verlustbedingungen. Falls man aus dem Radikalisierungsprozess ausgestiegen ist, kann man an diesem Punkt wieder einsteigen, um andere Entwicklungen zu ‚erleben‘. Der vermutete Lernzweck liegt in der Sensibilisierung für Radikalisierungsprozesse, der Förderung von Medienkompetenz und der Stärkung der Urteilsfähigkeit im Umgang mit extremistischen Ideologien.
Decount setzt auf eine reduzierte, stilisierte Grafik, die sich an einer Mischung aus Graphic-Novel-Ästhetik und minimalistischer Darstellung orientiert. Die Charaktere und Umgebungen sind bewusst einfach gestaltet, sodass der Fokus auf den Entscheidungen und deren Konsequenzen liegt. Symbolik spielt eine zentrale Rolle, etwa durch visuelle Codes und Zeichen, die extremistische Ideologien und deren sozialen Zusammenhalt darstellen.
Die auditive Gestaltung unterstützt die Atmosphäre mit zurückhaltender, oft spannungsgeladener Musik, die emotionale Momente verstärkt. Geräusche und Soundeffekte werden gezielt eingesetzt, um wichtige Situationen hervorzuheben und die Spielenden stärker in die narrative Welt einzubinden. Das Level-Design folgt einer interaktiven, dialogbasierten Struktur, bei der sich die Umgebung abhängig von den Entscheidungen der Spielenden verändert. Es gibt keine offenen Spielwelten, sondern eine Abfolge von Szenen, die miteinander verknüpft sind und alternative Entwicklungen zulassen. Die Interaktion erfolgt hauptsächlich über Maus- oder Touch-Eingaben, je nach Plattform.
Das Interface ist minimalistisch gestaltet, Dialogoptionen und Entscheidungswege werden klar und übersichtlich präsentiert, sodass die Spielenden stets wissen, welche Möglichkeiten ihnen zur Verfügung stehen. Anstelle von punktuellen Rückmeldungen zeigt das Spiel die Auswirkungen der getroffenen Entscheidungen im weiteren Verlauf der Handlung. Decount ist frei zugänglich und kann auf beinahe jedem Gerät gespielt werden. Es ist offensichtlich für den pädagogischen Gebrauch konzipiert, da es auch ein Begleitheft mit Arbeitsmaterial dazu gibt. Das Spiel ist mit einigen Social Media Platformen verlinkt – X und Facebook – und kann einfach per Link auf Messenger-Diensten geteilt werden.
6. Fachliche Analyse
„Decount“ präsentiert rein erfundene Handlungsstränge, die sich jedoch auf der engen Zusammenarbeit mit Betreuer:innen von Jugendlichen in Entradikalisierungsprogrammen und Expert:innen im Bereich Extremismus stützen. Der Spielinhalt wird auch nicht als authentische Repräsentation von Geschichte beworben. Stattdessen stellt „Decount“ fiktive Szenarien dar, die realistische Elemente enthalten, um die Mechanismen der Radikalisierung verständlich zu machen. Es verwendet keine spezifische historische Erzählung, sondern fokussiert auf gegenwärtige Phänomene extremistischer Tendenzen. Die so entstehenden Geschichten haben einen Narrationsanspruch, sie erzählen eine Begebenheit. Das Spiel ist aufgrund seiner umfassenden Ausarbeitung des Themas, dem einsehbaren Zeitaufwand und dem guten spielerischen Zugang didaktisch verwertbar.
Das Spiel richtet sich an eine breite Zielgruppe von Jugendlichen, unabhängig von ihrer sozialen oder kulturellen Herkunft. Es bedient keine spezifischen Motive einer kollektiven Identität, sondern thematisiert universelle Aspekte des Heranwachsens und der Suche nach Zugehörigkeit, die für alle Jugendlichen relevant sind. Als Produkt seiner Zeit greift das Spiel aktuelle Diskurse über die Gefahren der Radikalisierung auf, die in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus von Politik und Gesellschaft gerückt sind. Es berücksichtigt den aktuellen Forschungsstand zur Prävention von Extremismus und integriert pädagogische Ansätze, um Jugendliche effektiv zu erreichen. Die Komplexität der Darstellung von Radikalisierungsprozessen wird im Spiel auf ein verständliches Maß reduziert, um die Mechanismen und Auswirkungen für die Spielenden nachvollziehbar zu machen. Typische Elemente vom Genre „Serious Games“, die in „Decount“ genutzt werden, umfassen die Vermittlung von Wissen und die Förderung von Handlungskompetenzen durch interaktive und immersive Spielmechaniken.
7. Fachdidaktische Analyse
In diesem Abschnitt erfolgt eine fachdidaktische Verortung des Spiels. Dazu werden die Begriffe und Konzepte der domänenspezifische Didaktik verwendet. Auch hier gilt: Die Listen brauchen nicht erschöpfend abgearbeitet zu werden, sondern es werden jene Aspekte gewählt, die im Zusammenhang mit dem Spiel sinnvoll sind.
7.1. Geschichte und politische Bildung
Analysieren Sie, inwiefern historisch-politisches Lernen mit dem digitalen Spiel möglich ist. Beziehen Sie sich dabei dominant auf eine sehr allgemeine Variante des Kompetenzmodells historischen Lernens.
- Historische Strukturierung: Ereignis, Prozess, Struktur
- Historische Ordnung: Falldarstellung, Epochensequenz, Längsschnitt, Querschnitt, Vergleich, Biografie
- Konzepte und Begriffe (u.a. nach Bodo von Borries): Konstruktion von Geschichte, Narrativität, Sinnbildung, Identitätsbildung, Hypothesencharakter, Alteritätserfahrung, Selektivität, Vergangenheit vs. Geschichte, Quelle vs. Darstellung, (selbst-)reflexives Geschichtsbewusstsein, Perspektivität, Retrospektivität, Sachanalyse vs. Sachurteil vs. Werturteil, materialbasierter bzw. quellenbasierter Unterricht, Geschichtskultur, Geschichtspolitik
- Formen von Wissen:
- Deklaratives Wissen (semantisches und episodisches): Bürgerliche Revolution 1848
- Prozedurales Wissen: Wie gehe ich bei der Analyse von Karikaturen vor?
- Konzeptionelles Wissen: Welche Merkmale machen die bürgerliche und die Französische Revolution zu Revolutionen?
- Metakognitives Wissen: Wie gut ist mein Wissen zur Französischen Revolution?
- Didaktische Prinzipien: Multiperspektivität, Subjektorientierung, Kontroversität, Gegenwartsbezug, Problem- und Handlungsorientierung, Produktorientierung etc.
- Lehr-Lern-Konzepte: informierend, erarbeitend, forschend-entdeckend
- historische Kompetenzen: Fragekompetenz, Sachkompetenz, Methodenkompetenz, Orientierungskompetenz, nicht im FUER-Modell, aber in anderen Modellen: Erzählkompetenz
- politische Kompetenzen: Urteilskompetenz, Handlungskompetenz, Methodenkompetenz, Sachkompetenz
- Anforderungsbereiche: Reproduktion, Transfer, De-/Re-Konstruktion & Werturteil
- (historisch-)fachdidaktische Methoden: Text-, Bild-, Plakat-, Grafik-, Diagramm-, Werbe-, Denkmal-, Film-, Computerspielanalyse etc.
7.1. Deutsch
Analysieren Sie, inwiefern domänenspezifisches (literarisches, sprachliches oder mediales) Lernen mit dem Spiel im Fach Deutsch möglich ist und welche Kompetenzbereiche sich damit fördern lassen (z. B. Erzählen, Argumentieren, literarisch-ästhetische/multimediale Rezeptions- und Produktionskompetenz, Lesen/Hören/Sprechen/Schreiben auch im Kontext von Deutsch als Zweitsprache …).
Zur groben Orientierung kann das NAME(D)-Raster zur Untersuchung von Videospielen dienen (modifiziert nach Schniz 2020; Faller/Schniz 2020):
Analyse-Ebene | Beschreibung der Analyse-Ebene |
Narrativ | Erzählebene: Aufbau, Dramaturgie, Erzählstimme, Erzählperspektive, Point of View, Figuren/-konstellationen, Verhältnis Spieler:in-Figuren-Erzählinstanz, Stoff/Motive, interpretative Ansätze: z. B. psychologisch, philosophisch, historisch, gesellschaftskritisch, autobiografisch, werkimmanent … |
Audio-visuell | Ebene der Multi-/Inter-/Transmedialität bzw. Multimodalität: Zusammenspiel von Ton/Bild, Zeichensysteme, Sprache: verbal vs. non-verbal, Text, Schrift, Piktogramme, Bezüge zu Film/Comic & Literatur/Kunst, Rhetorik, Stilmittel, Wortwitz ... |
Spiel-Mechanisch | Ebene der Spielmechanik: Interaktion mit dem Spiel als System inkl. Steuerung & Regeln, Einflussmöglichkeiten der Spielenden auf das Spielgeschehen/die Handlung … |
Ethisch-argumentativ | moralische Implikationen: bspw. Bewertung von Handlungen als gut oder schlecht - etwa mit Belohnung oder Bestrafung, zur Vermittlung moralischer Botschaften oder ethischer Urteilskompetenz …), argumentative Berufung auf Geltungsansprüche wie normative Richtigkeit und Wahrheit (z. B. Ist-/Soll-Formulierungen bzw. Handlungsaufforderungen), argumentative Schlussregeln/Topoi (implizit oder explizit) – z. B. als wenn-dann-Regeln … |
Didaktisch | Unterrichts-/Lehr-/Lernebene: didaktisches Potenzial des Spiels für den Deutschunterricht, angesprochene Bildungsziele & Kompetenzbereiche, Ansätze und Ideen zur methodischen Umsetzung und Vorgangsweise im Unterricht, Anwendbarkeit didaktischer Prinzipien und Ansätze wie Multiperspektivität, Kontroversität, Performativität, Gegenwartsbezug, Subjekt-, Problem-, Produkt- und Handlungsorientierung, forschend-entdeckendes Lernen, spielbasiertes Lernen, kreatives Schreiben … |
7.1. Informatik
7.2. Medienleiste Didaktik
Hier liegt ein wesentlicher Schwerpunkt des Projekts:
- Spielerfahrung von Schüler:innen als Video (Let‘s Play, Kommentare, Lautes Spielen)
- Studentische Videos mit fachdidaktischer Analyse
Angaben für das Videoformat fachdidaktische Analyse (studentische Medienproduktion)
Bei der fachdidaktischen bzw. fachspezifisch-wissenschaftlichen Analyse kontextualisieren Sie das Spiel entsprechend passender Aspekte (Lernmöglichkeiten, Kompetenzen, Feedback-Gestaltung). Das Spiel wird dabei als Lernmedium verstanden. Die Bearbeitung hängt vom Spiel, den von ihnen gewählten Aspekten und Zugängen ab. Die Operatoren für diese Aufgabe können daher nur eine gewisse Zielrichtung vorgeben:
- Formal: Stellen Sie sich kurz vor oder bleiben Sie anonym, ganz wie Sie wollen. Den Kontext des Kurses lassen Sie bitte weg. Sie benötigen kein selbstgemachtes Intro oder Outro. Dieses Video funktioniert aus der Interaktion von Spielszenen und Ihrem sichtbaren Kommentar (sprich: Sie als Person sind etwa unten rechts oder links oder auch komplett sichtbar). Spielszenen und Kommentar können sich abwechseln. Der Videotrakt sollte das zeigen, worüber Sie sprechen (also keinesfalls ein ungeschnittenes kommentiertes Let‘s Play). Das Video soll zwischen 6 bis 8 Minuten dauern.
- Fassen Sie wesentliche Daten des Spiels bezogen auf den zentralen Aspekt ihrer Analyse (OP2) und eben den Aspekt zusammen (z. B. „Valiant Hearts“ als Visual Novel, Quellenarbeit in „Attentat 1942“).
- Analysieren Sie das Spiel in Hinblick auf den von Ihnen gewählten Aspekt.
- Beurteilen Sie abschließend die spielerische Umsetzung Ihres Aspekts.
8. [Studentische] Auswertungen: Schüler:innenerfahrungen
Die Schüler:innendaten (lautes Spielen, Kommentare) werden durch die Studierenden analysiert und hier zusammengefasst.
9. Didaktisierungen
Das vorliegende Material richtet sich an Schüler:innen der Sekundarstufe II, 11. Schulstufe. Es kann jedoch vereinfacht auch schon in vorangegangenen Klassen durchgeführt werden. Ziel ist es, die Prozesse der Radikalisierung und Stärkung extremistischer Ideologien zu reflektieren, nachzuverfolgen und zu hinterfragen. Im Fokus stehen hier die politische Urteilskompetenz und die politische Handlungskompetenz.
Klassenstufe | 11. Klassenstufe. |
Zeitbedarf | 2 Schulstunden |
Lernziele | Die Schüler:innen sollen...
|
Lehrplanbezug | 7. Klasse 5. Semester – Kompetenzmodul 5: politische Urteilskompetenz. Unter Umständen Vorzug Kompetenzmodul 6: politische Handlungskompetenz. |
Begriffe | Radikalisierung, Extremismus, Gruppenzwang, Rechtsextremismus, Dschihadismus |
Kompetenzen | Historische Sachkompetenz (Unterschiedliche Verwendung von Begriffen/Konzepten in Alltags- und (wissenschaftlicher) Fachsprache erkennen sowie deren Herkunft- und Bedeutungswandel beachten ), politische Handlungskompetenz (Differenzierte politische Diskussionen führen), politikbezogene Methodenkompetenz (Selbstständig Informationen zu politischen Themen gewinnen, um damit ein eigenes mediales Produkt der politischen Artikulation zu erstellen), politische Sachkompetenz (Begriffe), politische Urteilskompetenz (bei politischen Kontroversen und Konflikten die Perspektiven und Interessen und zugrundeliegenden politischen Wert- und Grundhaltungen unterschiedlich Betroffener erkennen und nachvollziehen), historische Orientierungskompetenz (Darstellungen der Vergangenheit hinsichtlich angebotener Orientierungsmuster für die Gegenwart und Zukunft befragen) |
Fachdidaktische Beschreibung
Die vorliegende Bearbeitung zum Thema Extremismus und Radikalisierung umfasst zwei Unterrichtseinheiten, wobei beliebig viele Vor- oder Nachbereitungseinheiten durchgeführt werden können. Der Unterricht soll die Schüler:innen für politische und gesellschaftliche Prozesse sensibilisieren und zur Reflexion eigener Wertvorstellungen anregen. Die Unterrichtseinheit kombiniert spielerische, analytische und diskursive Methoden, um die politische Urteils- und Handlungskompetenz der Schülerinnen und Schüler zu fördern.
Im Zentrum der ersten Unterrichtseinheit steht das digitale Simulationsspiel „Decount“, das Radikalisierungsprozesse interaktiv erfahrbar macht. Die Schülerinnen und Schüler übernehmen darin verschiedene Rollen und erleben, wie individuelle und gesellschaftliche Faktoren zur Radikalisierung beitragen können. Die einzelnen Radikalisierungsprozesse werden in Gruppen durchgespielt und anschließend in einer Reflexionsphase diskutiert und mit wissenschaftlichen Konzepten zum Thema Extremismus und Radikalisierung in Verbindung gesetzt. Hierbei wird insbesondere auf die Verwendung der Begriffe „Radikalisierung“ und „Extremismus“ in Alltagssprache und Fachsprache eingegangen, um deren Bedeutungswandel und Differenzierung zu verdeutlichen. Zudem werden Präventionsmaßnahmen gegen Extremismus diskutiert und auf ihre mögliche Wirkung eingegangen. Die Schüler:innen sollen für die gesellschaftlichen Mechanismen hinter Radikalisierungsprozessen sensibilisiert werden und in die Lage versetzt werden, extremistische Tendenzen frühzeitig zu erkennen. Um die einzelnen durchgeführten Abschnitte von „Decount“ mitteilbar zu machen, erstellen die einzelnen Gruppen sogenannte „Extremismusleitern“. Diese können per Hand gemalt oder mit kleinen Klebezetteln gebaut werden. Pro Baustein der Leiter schreiben die Schüler:innen ein Merkmal der durchgespielten Geschichte auf, an welchem sie eine fortschreitende Radikalisierung des Protagonisten oder der Protagonistin zu erkennen glauben.
In der zweiten Unterrichtseinheit analysieren die Schülerinnen und Schüler gemeinsam ihre Extremismusleitern und stellen ihre durchgespielten Geschichten vor. Hier gehen sie auch dezidiert auf die möglichen Ausstiegspunkte aus dem Prozess der fortschreitenden Radikalisierung ein.
Sämtliche Arbeitsschritte werden an großen Plakaten als eine Art Mindmap festgehalten – darunter auch die Extremismusleiter. Jede Gruppe erhält hierbei ein Plakat zum selbstständig gestalten. Am Ende der Unterrichtseinheiten werden diese Plakate von den Gruppen kurz vorgestellt.