- Angelegt von Schmutzer Jonas, zuletzt geändert am 28. Mär 2025
Enzyklopädische Einleitung
The New York Times Simulator (NYT-Simulator) ist ein Serious Game Computerspiel der ideologisch links-ausgerichteten Spieleschmiede Molleindustria aus dem Jahr 2024. Es gehört zur Gruppe der Simulationsspiele. Der NYT- Simulator ahmt Medienentscheidungen in einer satirischen Form nach, indem Spieler:innen aus realen Titeln von Zeitungsartikel Redaktionsentscheidungen treffen. Die Besonderheit des Spiels ist, dass das Belohnungssystem spielmechanisch sowohl hetzerische als auch Systemkonforme Berichterstattungen als positiv anerkennt, solange gewisse Kerninteressen gewahrt werden.
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Allgemeine Spielanalyse
Im Zentrum des Spiels steht das digitalisierte Titelblatt der renommierten Zeitung New York Times. In der Rolle eines einflussreichen Editors treffen die Spielenden wichtige Redaktionsentscheidungen, nämlich einerseits welche Artikel publiziert werden und andererseits wie viel Platz den jeweiligen Artikeln zugestanden werden.
Bevor ein Artikel in der Zeitung veröffentlicht wird, hat der:die Spielende die Entscheidungsmacht, die Überschriften der Zeitung umzuschreiben. Dies bedeutet, dass der:dem Spielenden zu fast jedem Artikel eine alternative Überschrift zur Verfügung steht. Beide Überschriften sind jedoch fixiert und können nicht kreativ verändert werden, der:die Spieler:in muss also eine der Optionen wählen.
Das Spiel sieht zwei zentrale Ziele vor, erstens die eigenen Leser:innenzahlen zu steigern und zweitens drei große vom Spiel vorgegebene Interessensgruppen nicht zu verärgern, diese sind als „Israel“, „The Police“ und „The Rich“ am Rand des Spiels gekennzeichnet. Das Ziel dieses Spiels besteht darin, die vorgegebene Zeit von etwa zwölf Minuten zu überdauern, ohne die Interessensgruppen zu verärgern und Leser:innen für sich zu gewinnen. In dieser Hinsicht ist die Wahl der vorher angesprochenen Schlagzeilen entscheidend. Der zentrale Spielmechanismus funktioniert über Framing. Nachrichtenmeldungen gleichzeitig reißerisch und dennoch systemkonform auszuwählen, bedeutet beide der Ziele gleichzeitig zu erfüllen; der;die Spieler:in steigert ihre Leser:innenzahlen und sichert sich die Unterstützung der Interessensgruppen. Wenn der:die Spielerin zu wenige frische Artikel veröffentlicht, dann gibt die Leserschaft im Spiel dementsprechend Feedback. Diese Mechanik wird gleichfalls auch auf zu eintönige Berichterstattung angewandt. Schafft es der:die Spieler:in nicht die Interessen der oben angeführten Gruppen zu schützen, dann verwarnt die jeweilige Gruppe in Kooperation mit der Zeitung den:die Spieler:in. Kommt es des Öfteren zu Interessenskonflikten durch kritische Nachrichtenerstattung, so verliert der:die Spielende das Spiel und muss zurück an den Start. Schafft der:die Spielende jedoch den Interessensausgleich, so erfährt er:sie Lob vom Spielsystem. Der New York Times Simulator stellt hiermit in Anbetracht der Schlichtheit ein erstaunlich interaktives System dar.
Das Spiel gehört dem formalen Genre der Browsergames an und lässt sich in der thematischen Kategorie der Simulationsspiele verorten. Des Weiteren ist das Spiel Teil der stark wachsenden Kategorie der Serious Games, da das Spiel, obwohl es ein durch und durch satirisches Werk ist, entscheidende Elemente zur Reflexion und Kritik der modernen westlichen Medienlandschaft mit sich bringt.
Die grafische Gestaltung des Spiels ist sehr einfach gehalten, das Interface erinnert in etwa an die Titelseite der New York Times. Das Spiel ist leicht erlenbar, da die Interaktionsmöglichkeiten stark begrenzt sind. Die Leser:innenzahlen werden in tausenden gemessen, während die Zufriedenheit der Interessensgruppen auf einer Art Tachometer dargestellt wird; werden systemkritische Nachrichten publiziert, so neigt sich der Zeiger des Tachometers in Richtung Unzufriedenheit. Das Spiel wurde von der linken Spieleentwickler „Molleindustria“ gemacht, ist kostenlos und hat satirische wie edukative Absichten. Ein verlinkter Twitter- und Blue Sky Account vernetzt das Spiel mit dem Entwickler; auf diesem Account mit etwa 5000 Followern werden gelegentlich News über Spieleprojekte veröffentlicht, ansonsten hat dieser Account eher politische Funktion.
Fachliche Analyse
The New York Times Simulator ist ein satirisches Nachrichtenspiel, entwickelt von Paolo Pedercini unter dem Pseudonym „Molleindustria“. In diesem Spiel übernehmen die Spielenden die Rolle des Chefredakteurs der renommierten Zeitung The New York Times und müssen Entscheidungen treffen, welche Nachrichten auf der Titelseite erscheinen. Dabei gilt es, die Leserzahlen zu maximieren und gleichzeitig die Zustimmung dreier mächtiger Interessengruppen – der Polizei, der Reichen und des Staates Israel – aufrechtzuerhalten. Das Spiel dient zentral als Kritik an der Medienberichterstattung, und thematisiert durch seine Spielmechaniken die Theorie der „Manufactured Consent“ von Noam Chomsky (Klaehn 2002, 147 – 149), die beschreibt, wie Medien durch selektive Berichterstattung Stimmung für bestimmte Ideologien generieren.
Ein zentrales Stilmittel des Spiels ist die „prozedurale Rhetorik“ (Bogost 2007, 1-4), also die gezielte Verwendung spielmechanischer Regeln, um eine argumentative Aussage zu vermitteln. Die Spielenden sind gezwungen, ihre Berichterstattung an verschiedenen Interessensgruppen auszurichten – etwa wirtschaftlichen Eliten, staatlichen Institutionen oder der allgemeinen Leserschaft. Erfolgreiche Entscheidungen steigern die Leser:innenzahlen und das Ansehen der Zeitung, während eine allzu kritische oder unpopuläre Berichterstattung zu negativen Konsequenzen führen kann. Dadurch wird spielerisch erfahrbar gemacht, dass journalistische Arbeit oft nicht allein von der Wahrheitssuche, sondern auch von ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen bestimmt wird.
Historisches und politisches Hintergrundwissen wird für das Spiel auf jeden Fall von Vorteil sein, ist jedoch theoretisch nicht zwingend erforderlich für den Erfolg. Spielende ohne Vorwissen könnten durch Trial-and-Error erlernen, welche Entscheidungen zu positiven Ergebnissen führen. Ein tieferes Verständnis der politischen und historischen Zusammenhänge, insbesondere etwa im Kontext des Kriegs in Gaza, ermöglicht eine bewusstere Herangehensweise and das Spiel. Beispielsweise können Spielende mit Kenntnissen über die Rolle der Medien in der Gesellschaft und über spezifische politische Konflikte die impliziten Botschaften besser erkennen und entsprechend agieren. Allerdings beeinfluss fachspezifisches Vorwissen die Spielerfahrung immens. Spielende welche Wissen über die Medienlandschaft und politischen Dynamiken verfügen, werden die satirischen Elemente und die Kritik des Spiels an der Nachrichtenkultur und den Interessenskonflikten auf jeden Fall besser nachvollziehen können. Dieses Wissen ermöglicht es erst, die Mechanismen des „Manufactured Consent“ zu erkennen und die Herausforderungen des Spiels in einem breiteren Kontext zu sehen. Ohne dieses Vorwissen könnten Spielende die tiefergehende Kritik des Spiels übersehen und es lediglich als einfaches Strategiespiel wahrnehmen, dies wäre tatsächlich fatal, da ja sogar der Entwickler des Spiels die satirischen und dennoch komplexen Aspekte das New York Times Simulators hervorhebt. Das Spiel erhebt nicht die Forderung eine perfekte Repräsentation der Medienlandschaft zu sein, jedoch erhebt es sehr wohl den Anspruch, zentrale Mechaniken des „Manufactured Consent“ darzustellen. Daher ist eine tiefgehende Didaktisierung des Spiels unbedingt nötig, andernfalls könnte das Spiel sogar Vorurteile bestärken. Zusammenfassend bietet The New York Times Simulator eine interessante Möglichkeit, zentrale Probleme der modernen Medienlandschaft spielerisch zu reflektieren. Es vermittelt definitiv keine neutrale oder umfassende Perspektive auf Journalismus, sondern stellt gezielt Mechanismen in den Vordergrund, die zur Aufrechterhaltung bestehender Machtstrukturen beitragen. Damit gelingt es dem Spiel eine gezielt medienkritische Aussage zu treffen. Für eine vertiefte Auseinandersetzung mit Medienkritik ist eine weiterführende individuelle Didaktisierung notwendig.
Fachdidaktische Analyse
[Studentische] Auswertungen: Schüler:innenerfahrungen
Die Schüler:innendaten (lautes Spielen, Kommentare) werden durch die Studierenden analysiert und hier zusammengefasst.
Didaktisierungen
Nachweise
Bogost, Ian (2007): Persuasive Games. The Expressive Power of Videogame. Cambridge.
Klaehn, Jeffery (2020): A Critical Review and Assessment of Herman and Chomsky’s Propaganda Model. In: European Journal of Communication, 17/2002, S. 147–182.
Molleindustria (2024): Cover Art für The New York Times Simulator. In: The New York Times Simulator. Online unter: https://img.itch.zone/aW1nLzE1NTU2NzU4LnBuZw==/original/ZhzLIl.png (Zugriff: 28.03.2025).
Molleindustria (2024): The New York Times Simulator. Online unter: https://molleindustria.itch.io/the-new-york-times-simulator (Zugriff: 27.03.2025).
The New York Times Simulator | |
Cover | |
Entwickler | Molleindustria |
Publisher | Molleindustria |
Genre | Simulation, Satire (politisch linker bias) |
Art des Spiels | Serious Game, kostenlos, Indie |
Erscheinungsjahr | 2024 |
Altersfreigabe | USK 0 |
Thema | Medien, Berichterstattung, Propaganda, Redaktionsentscheidungen, Framing |
Plattformen | PC, Smartphone (im Browser spielbar) |
Sprache(n) | Englisch |
Spieldauer | Ca. 12 Minuten |
Link zur Website |
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