You are viewing an old version of this page. View the current version.

Compare with Current View Page History

« Previous Version 390 Next »

Uralische Sprachen


Inhaltsverzeichnis

Einleitung


4. Hauptsprachen


Hauptzweige


Genetik und Struktur der uralischen Sprachen


Genetik
Struktur der uralischen Sprachen


#Abb. 2 Stammbaum der uralischen Sprachen


#Abb. 3 Uralische Sprachen

Älteste Belege und Schriftsprachen


#Abb. 4 Die Leichenrede

#Abb. 5 Altungarische Marienklage

Urheimat und Ausbreitung der uralischen Sprachen

Charakteristika der uralischen Sprachen

Die Saamischen Sprachen


ALLGEMEIN

Grundsätzlich kann nicht von „der" saamischen Sprache gesprochen werden, da es mehrere verschiedene Dialekte - bzw. sprechen hier auch manche schon von verschiedenen Sprachen - die in 4 Staaten (Norwegen, Schweden, Finnland und Russland) gesprochen werden. Folgende Einteilung in 9 Hauptdialektgruppen kann getroffen werden:


  1. Südsaamisch
    • Jämtlandsaamisch
    • Åselesaamisch
  2. Umesaamisch
  3. Pitesaamisch
  4. Lulesaamisch
  5. Norwegisches oder Nordsaamisch
    • Tornesaamisch
    • Finnmarksaamisch
    • Meersaamisch
  6. Inarisaamisch
  7. Skoltsaamisch
  8. Kildinsaamisch
  9. Tersaamisch

Die Dialekte 1-5 bilden die westlichen saamischen Dialekte, 6-9 die östlichen saamischen Dialekte.


Schriftsprache?

Gemessen an der Zahl seiner Sprecher ist Nordsaamisch der größte Dialekt und wird daher auch als Basis für die Schriftsprache die für Norwegen, Schweden und Finnland herausgearbeitet wurde, herangezogen. Aufgrund dieser Tatsache sind auch alle grammatikalischen Beispiele im folgenden Artikel, wenn nicht anders vermerkt, aus dem Nordsaamischen. (2)


PHONOLOGIE


Am Beispiel des Enontekiö Saamischen


#Abb. 7 Saamische Konsonanten

Das Vorkommen der konsonanten wird bestimmt von deren Positionen innerhalb des Wortes, zum Beispiel initial, final oder marginal.
Initial und final kann kein interdentaler frikativ vorkommen.
Initial: m, n, n(j), p, t, k, c, v, f, s, j, k, l, r
Marginal: p, k, c, m, n, v, s, j, h, l
Final: t, n, s, j, h, l


#Abb. 8 Saamische Vokale

Diese fünf Vokale können kurz oder lang sein.
Diphthonge: ie, ea, oa, uo
Diphthonge und Vokale können ihre Betonung auf der ersten oder der zweiten Silbe haben. (3)


MORPHOLOGIE


Grundsätzlich ist das Saamische eine vergleichsweise synthetische Sprache, grammatikalische Kategorien werden durch die Zufügung eines Suffixes an den Stamm ausgedrückt. Sowohl das Suffix als auch der Wortstamm können morphohonemischen Alternationen unterliegen, wobei bei einem nicht flektierten Suffix die morphologische Kategorie durch Alternationen des Stammes, nämlich morphologische quantitative und qualitative phonemische, angezeigt wird.


Deklination

Im Saamischen gibt es

  • 8 Fälle (Nominativ, Genitiv, Akkusativ, Illativ, Locativ, Komitativ, Abessiv und Essiv) und
  • 3 verschiedene Zahlen (Singular, Plural und Dual, dieser ist jedoch nur in Personalpronomina und Possessivsuffixen zu finden.)

Die Possessivsuffixe zeigen Person des Besitzers und die Zahl an. Aufgrund der Possessivsuffixe kann im Saamischen zwischen absoluter Deklination (z.B.: guos'si 'Gast') und possessiver Deklination (z.B.: guos'sán 'mein Gast') unterschieden werden.


Absolute Deklination

Nom. guolle ('Fisch')
Gen. guole
Akk. guole
Ill. guollai
Lok. guolest
Ess. guollen
Ab. guoletâgâ
Kom. gūliin


Possessive Deklination (hier nur Nominativ Singular)

ač'če 'Vater'

Singular

1. ač'čam 'mein Vater'
2. ač'čad 'dein Vater'
3. ač'čes 'ihr/sein Vater'

Dual

1. ač'čame 'der Vater von uns beiden'
2. ač'čade 'der Vater von euch beiden'
3. ač'českâ 'der Vater von ihnen beiden'

Plural

1. ač'čamek 'meine Väter'
2. ač'čadek 'deine Väter'
3. ač'česek 'seine/ihre Väter'


Bei Adjektiven kann durch die Anfügung eines -s an die Basis eine spezielle attributive Form gebildet werden:

giew'râ: giewrâs 'stark'


Manche Adjektive verlieren diesen Konsonanten in ihrer attributiven Form:

âllâg: âllâ 'hoch'


Andere wiederum sind formgleich mit der Basisform:

duottâ 'wahr', nourrâ 'jung'


Konjugation

Das Saamische weist

  • 4 Modi (Indikativ, Potential, Konditional und Imperativ),
  • 4 Zeiten (Präsens, Präteritum, Perfekt und Plusquamperfekt),
  • 3 Zahlen (Singular, Plural und Dual),
  • 3 Personen,
  • aktive und passive Formen auf.

Auch existieren im Saamischen nominale Formen des Verbes:

  • Infinitiv
  • Gerundium I
  • Gerundium II
  • Abessiv
  • Aktion
  • Partizip Präsens
  • Partizip Perfekt
  • Verbaladverb

In der Negation existiert auch eine supine Verbform, die eine finale negative Hypotaxe einleitet.


Beispiel: diettet (‚wissen')

Aktiv Indikativ Präsens:

Singular

1. dieđam ‚ich weiß'
2. dieđak ‚du weißt'
3. dietta ‚er/sie/es weiß'

Dual

1. dītti ‚wir (zwei) wissen'
2. diettebœt'te ‚ihr (zwei) wisst'
3. diettebâ ‚sie (zwei) wissen'

Plural

1. diettep ‚wir wissen'
2. diettebēttit ‚ihr wisst'
3. dīttik ‚sie wissen'

Gerundium I: dieđedēddiin
Gerundium II: diettemin
Abessiv: dieđekœt'ta( i )
Partizip Präsens: diet'te
Partizip Perfekt: diettam
Verbaladverb: diede


Die Verbformen im Präsens und Imperfekt sind jeweils einteilig, zur Bildung des Perfekt und Plusquamperfekt wird das Hilfspräfix lœ- (‚sein') benötigt, welches für die jeweilige Person und Partizip Perfekt flektiert werden muss:

Aktiv Indikativ Perfekt:

Singular

1. lœm diettam ‚ich habe gewusst'
2. lœk diettam ‚du hast gewusst'
etc.

Aktiv Indikativ Plusquamperfekt:

Singular

1. legjim diettam ‚ich hatte gewusst'
2. legjik diettam ,du hattest gewusst'
etc.


Die negativen Verbformen werden mit einem für die jeweilige Person flektierten Hilfswort und der negativen Form des Verbs gebildet:

Aktiv Indikativ Präsens:

Singular

1. im dieđĕ ‚ich weiß nicht'
2. ik dieđĕ ‚du weißt nicht'
3. ī dieđĕ ‚er/sie/es weiß nicht'
etc.


Wortbildung

Derivation

In den saamischen Sprachen sind sowohl nominale als auch verbale Derivation zur Bildung von Nomen, Verben und Adverben möglich. Die meisten Derivationen werden durch das Anhängen eines Derivationssuffixes an den zwei- oder einsilbigen Stamm gebildet:
borrâmuš (‚das Essen') abgeleitet vom Verbstamm borrâ- (‚essen')
Manchmal erfolgt die Derivation jedoch durch einen Lautwandel im Stamm:
čālâ (‚Schreiben, etwas Geschriebenes') abgeleitet vom Verbstamm čalle (‚schreiben')

Durch nominale Derivation kann u.a. Qualität, Beziehung, Ähnlichkeit und Verkleinerung ausgedrückt werden, während verbale Derivation Nomen, die für eine Handlung, das Objekt einer Handlung, das Resultat einer Handlung u.ä. stehen, aber auch verschieden Arten von Verben wie passive, reflexive, kausative, entstehen lässt.

Komposition

Komposition ist die am häufigsten vorkommende Art der Wortbildung im den saamischen Sprachen, die meisten daraus entstehenden Wörter sind Nomen.
Bei diesen ist das erste Element meist ein Nomen im Nominativ oder Genitiv, nur sehr selten in einem anderen Fall, niemals jedoch im Nominativ Plural. Auch Adjektive, Verben oder Adverbien sind als erstes Element möglich, z.B.: unnâ-manna (‚kleines Kind'), čok'kam-sâggje (‚ein Platz zum Sitzen').
Zusammengesetzte Adjektive beginnen meist mit einer attributiven Form des Adjektivs, Genitiv Singular eines Nomens (jedoch nur sehr selten mit Nominativ Singular) oder einer Kardinalzahl, z.B.: golmâ-jâkkasâš (‚Dreijähriger')
Es gibt auch zusammengesetzte Verben, jedoch kommen diese meist nur in der religiösen Sprache vor und sind oft Lehnwörter aus skandinavischen Sprachen. Adverbien und Nomen in einer Lokalkasusform bilden dabei meist das erste Element. (2)


SYNTAX


Die grundsätzliche Ordnung eines Satzes im Saamischen ist SVO.

Beispiel:
Ahcci (S) oinnii (V) Niillasa (O) - ´Der Vater sah Nils´

Infinitiv und Partizip Konstruktionen lassen aber auch die Satzordnung SOV zu.

Beispiel:
ii dikan mu dan (O) oadnit (V) - ´ließ es mich nicht sehen´

Im Südsaamischen SOV auch in finiten Sätzen verwendet.

Das Objekt ist keine obligatorische Satzkomponente.

Verben in der ersten und in der zweiten Person brauchen kein Pronomen.

Beispiel:
Oidnetgo Biera? - ´Hast du Peter gesehen?´

Frage werden gebildet mit Fragewörtern oder mit dem Fragepartikel -go. Fragewörter stehen immer am Anfang des Satzes.

Beispiel:
Oidnet*go* Biera? - ´Hast du Peter gesehen?´

Es gibt im Saamischen Verben, welche eine bestimmten Fall des Objekts verlangen.

Beispiele:
liikot - ´mögen´ verlangt den Illativ
ballat - ´fürchten´ verlangt den Lokativ

Die Habeo Konstruktion wird gebildet mit dem Subjekt, welches im Lokalkasus Lokativ steht. Im Südsaamischen (Ume, Pite und Luulesaamisch) steht das Subjekt im Genetiv.

In der Nominalphrase stehen pronominale Attribute, Genetivattribute, Numerale und Adjektivattribute vor dem Substantiv.

Beispiele:
dat soabbi - ´dieser Stock
adja soabbi - ´Großvaters Stock´

Im Saamischen gibt es ein Negationsverb. Dieses hat die gleiche Form für Indikativ, Konditional und Potential.

Beispiele:
it leat - ´du bist nicht´
it livcce - ´du wärst nicht´
it leacca - ´du könntest nicht´

Für den Imperativ hat das Negationsverb eine eigene Form.

Beispiel:
ale leage - ´sei nicht´

Imperativ 3. Person: alos (Singular)
alloset (Plural)

Im Perfekt stehe das Negationsverb im Partizip Perfekt.

Konjunktionen werden gebildet mit Konjunktionspartikel.

Beispiele:
ja - ´und´
juogo-dahje - ´Entweder-oder´
vai - ´oder´ (in Fragesätzen)
muhto - ´aber´

dagda doa ja vuossa gafe - ´Mach ein Feuer und mach einen Kaffee´
mun cuvron, muhto don it gullan - ´Ich schrie, aber du hörtest mich nicht

Bei Negationen wird das Partikel -ge zu dem Negationsverb hinzugefügt.

Beispiel:
Mun in leat oadnan in*ge* gullan - ´Ich habe es nicht gehört oder gesehen´ (3)


Die Ostseefinnischen Sprachen


ALLGEMEIN

Die ostseefinnischen Sprachen bilden den westlichen Teil der uralischen Sprachefamilie und lassen sich in eine nördliche und eine südliche Untergruppe einteilen. Zur nördlichen Gruppe zählen Finnisch, Wepsisch, Karelisch und Ingrisch (sozusagen ein „Ausläufer des Karelischen" (4)), zur südlichen Estnisch, Livisch und Wotisch. Davon sind jedoch Estnisch und Finnisch die zwei einzigen Sprachen mit einer standardisierten Schriftsprache.

Gewisse Merkmale sind allen ostseefinnischen Sprachen gemein, wie zum Beispiel das Fehlen eines grammatikalischen Geschlechts. Ausnahmen bilden spezielle weibliche Formen vor allem bei Berufsbezeichnungen wie bspw. im Finnischen laulajatar (‚Sängerin') vgl. laulaja (‚Sänger') und kuningatar (‚Königin') vgl. kuningas (‚König'). Im Finnischen wird dabei meist die Endung -tar verwendet, diese ist auch teilweise im Estnischen und Karelischen zu finden. Die Endung -nna (est. sobranna ‚Freundin') kommt am häufigsten im Estnischen, teilweise auch im Finnischen, jedoch in keinen anderen ostseefinnischen Sprachen vor. Bis auf diese Ausnahmen sind die ostseefinnischen Sprachen jedoch geschlechtlos. So ist die Bezeichnung sowohl für ‚er' als auch für ‚sie' im Finnischen hän und im Estnischen tema/ta.

Eine weitere Besonderheit der ostseefinnischen Sprachen ist das Fehlen von Artikeln. Zwar gibt es Indefinitpronomen, die mehr oder weniger als unbestimmte Artikel verwendet werden können, doch bleiben sie dabei Pronomen und keine Artikel. Eine Möglichkeit zwischen bestimmt und unbestimmt zu unterscheiden ist die Verwendung von entweder Nominativ oder Partitiv im Subjekt oder Objekt und dabei auf das Verhältnis der Kongruenz von Subjekt und Prädikat zu achten. Ein Beispiel aus dem Finnischen: Kaksi poikaa tulee. (‚Zwei Buben kommen.') vs. Kaksi poikaa tulevat. (‚Die zwei Buben kommen.')

Die Betonung der Silben in den ostseefinnischen Sprachen erfolgt auf eine ähnliche Art und Weise. Die Haupakzent liegt auf der ersten Silbe, der Nebenakzent auf der dritten, der fünften usw. nur nie auf der letzten Silbe! Besteht das Wort aus fünf oder mehr Silben, dann liegt der Nebenakzent auf der vierten Silbe, sollte die dritte eine kurze sein, z.B.: fin. a- r-vat-ta-va:s-ti (‚wahrscheinlich')
Ein weiteres Charakteristikum der ostseefinnischen Sprachen ist der konsonantische Stufenwechsel. Im Finnischen, Estnischen, Karelischen und Wotischen ist er ein fester Bestandteil, im Wepsischen und Livischen ist er teilweise sichtbar. Die Palatalisierung von Lauten ist in jeder ostseefinnischen Sprache - außer im Finnischen! - zu finden und kann teilweise ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal darstellen: estn. palk (‚Gehalt') vs. pal j k (‚Balken'). (2)


PHONOLOGIE


Die Betonung in den Ostseefinnischen Sprachen liegt zumeist auf der ersten Silbe.

Proto-Finnisch:


#Abb. 9 Protofinnische Konsonanten


#Abb. 10 Protofinnische Vokale

Alle Vokale können kurz oder lang vorkommen.
Das Protofinnische besitzt eine partiale Vokalharmonie.
Im Estnischen und im Liwischen existiert heute keine Vokalharmonie mehr.


Estnisch:

Die Betonung liegt auf der ersten Silbe, bei einigen Interjektionen, z.B. aitäh - Danke, oder bei Lehnwörtern, z.B. idee - Idee, kann es auch sein, dass die Betonung nicht auf der ersten Silbe liegt.


#Abb. 11 Estnische Konsonanten

Im Estnischen gibt es einen Stufenwechsel.
Nach kurzen Vokalen: pp - p, tt - t, kk - k, šš - š
Nach langen Vokalen: p - b, t - d, k - g, ss - s


#Abb. 12 Estnische Vokale

Alle Vokale kommen kurz und lang vor.

Finnisch:


#Abb. 13 Finnische Vokale

Die Konsonanten b, g, f, und š kommen nur in Lehnwörtern und Slang Ausdrücken vor. Im Finnischen gibt es einen Stufenwechsel.

Quantitiv: pp - p, kk - k, tt - t
Qualitativ: t - d, p - v, k - 0
Assimilation: mp - mm, nt - nn, nk - ng


#Abb. 14 Finnische Vokale

Alle Vokale kommen kurz und lang vor. Außerdem existiert im Finnischen eine Vokalharmonie, d.h. Vordervokale dürfen nicht mit Hintervokalen in einem Wort vorkommen. Dies ist vor allem wichtig für die Bildung von Suffixen. (3)

MORPHOLOGIE


Wortarten

Die Unterscheidung der verschiedenen Wortarten in den ostseefinnischen Sprachen ist etwas schwieriger als bspw. im Deutschen, da das gleiche Wort oft als Nomen, Adjektiv und aber auch Verb vorkommen kann: fin. syksyn kylmät (‚die Kälte des Herbst'), kylmää ruokaa (‚kaltes Essen'), poikaa kylmää (‚dem Buben ist kalt'). Weiters können Verben in ihrer Infinitiv- und Partizipialform Kasusendungen erhalten; schlußendlich ist die Wortart jedoch durch den jeweiligen Kontext ersichtlich, sodass sich folgende grobe Einteilung treffen lässt:


Nominalformen und Deklination

Deklination

Die Anzahl der Fälle der verschiedenen Sprachen ist unterschiedlich und kann allerdings selbst in der jeweiligen Einzelsprache nicht immer genau definiert werden, da manche Fälle von einigen Forschern nicht als Fälle angesehen werden bzw. der Akkusativ als solcher bspw. im Finnischen keine eigene Wortform darstellt sondern einmal als Genitiv und ein anderes Mal als Nominativ in Erscheinung tritt. Eine mögliche Einteilung könnte jedoch wie folgt aussehen:

Finnisch: 15 Fälle

Beispiel: talo (‚Haus')

Nom. talo
Gen. talon
(Akk. talon)
Part. taloa
Ill. taloon
In. talossa
El. talosta
All. talolle
Ad. talolla
Abl. talolta
Ess. talona
Tran. taloksi
Ab. talotta
Kom. taloinensa
Ins. taloin

Fragwürdige Formen, denen nicht jeder ihre Kasuseigenschaft zuspricht sind z.B. der Prolativ (postitse ‚auf dem Postweg') und der Lativ (ylös ‚auf, hinauf', alas ‚hinunter'). Mit jenen und ähnlichen Formen könnte man auch auf 20 Fälle kommen.
In den anderen ostseefinnischen Sprachen erfolgt die Deklination auf die fast gleich Weise, im Karelischen sind der Allativ und der Adessiv verschmolzen, im Livischen wurden einige Fälle eliminiert und gibt es in dieser Sprache nur noch 12. Im Estnischen sind nur noch Spuren von Essiv, Instruktiv und den lativen Fällen zu finden, dafür verfügt es über einen terminalen Fall und ist mit diesem mehr oder weniger einzigartig unter den ostseefinnischen Sprachen. Der Einfluss des Deutschen wird vor allem bei den Präpositionen sehr deutlich.

Nomen

Wie bereits erwähnt zeichnen sich die ostseefinnischen Sprachen bezüglich der Nomen durch das Fehlen von Geschlecht und Artikeln aus. In der Gruppe der Nomen gibt es Stammwörter, Derivative und reichlich Kompositionen, z.B.:
fin. vesi (‚Wasser') - vesistö (‚Gewässer') - vesitie (‚Wasserweg')
Die meisten Eigennamen in den ostseefinnischen Sprachen sind Bezeichnungen für Personen und Orte, letztere tragen oft Namen, die sich aus Plätzen oder Objekten aus der Natur herleiten.

Adjektive

Ähnlich den Nomina in den ostseefinnischen Sprachen sind auch die meisten Adjektive Stammwörter, wiederum gibt es eine Vielzahl von Derivativen, oft von Nomen abgeleitet wie im Finnischen nainen (‚Frau'): naisellinen (‚weiblich'), naismainen (‚weibisch'). Ein weiteres Charakteristikum stellt die Komparation dar, welche sich im Finnischen in allen 3 Formen (Positiv, Komparativ und Superlativ) in den übrigen Formen jedoch nur durch Positiv und Komparativ (welcher hier auch die Funktion des Superlativs übernimmt) präsentiert.

Pronomen

Pronomen zählen zu den ältesten Wörtern in den ostseefinnischen Sprachen, doch haben sie sich im Laufe der Zeit in doch recht unterschiedliche Richtungen - meist durch phonologische Veränderung - entwickelt. So ist die dritte Person Singular im Finnischen hän, im Wotischen, Estnischen und Livischen jedoch ein Abart von tämä (estn. tema bzw. ta, liv. täma), im Finnischen ist tämä ein Demonstrativpronomen.

Im Finnischen folgt auf den Genitiv des Personalpronomens meist ein Possessivsuffix: minun kirjani (‚mein Buch'), dies ist nur noch teilweise im Estnischen und Livischen und in den restlichen Sprachen nicht mehr zu finden.

In allen Sprachen ist das ein n- zu Beginn bei Pronomen ein Zeichen für den Plural (fin. nämä, estn. nemad ‚diese') Kurzformen der unbetonten Pronomen sind in allen Sprachen zu finden:

fin. tämä : tää
estn. nemad : nad


Verben und Konjugation

Die ostseefinnischen Sprachen weisen

  • 4 Modi (Indikativ, Potential, Konditional und Imperativ),
  • 4 Zeiten (Präsens, Präteritum, Perfekt und Plusquamperfekt),
  • 2 Zahlen (Singular und Plural),
  • 3 Personen,
  • aktive und passive Formen auf.

Bezüglich der nominalen Formen des Verbs existieren in den ostseefinnischen Sprachen

  • 4 Infinitive und
  • 2 Partizipien (Partizip Präsens und Perfekt).

Konjugation

Die Konjugation in den ostseefinnischen Sprachen erfolgt auf eine sehr ähnliche Art und Weise - es gibt lediglich kleine phonologische Unterschiede - und sei deshalb hier beispielhaft die Konjugation im Finnischen angeführt. Grundsätzlich werden die Verben durch Anfügung der Personalendung an den Wortstamm konjugiert, wobei dies in der dritten Person Singular dann nicht notwendig ist, wenn der Stamm auf einen langen Vokal oder einen Diphthong endet; sonst wird der letzte Vokal verlängert. Bei manchen Verben spielt auch der Stufenwechsel eine Rolle (Bsp.: tappaa ‚töten': tapan ‚ich töte' ABER hän tappaa ‚er/sie tötet')
In der 1. und 2. Person ist die Angabe der Personalpronomen nicht vonnöten.
Konjugation von lukea (‚lesen') im Aktiv Indikativ Präsens:

(minä) luen
(sinä) luet
hän lukee
(me) luemme
(te) luette
he lukevat

Modus

In den ostseefinnischen Sprachen gibt es Modi Indikativ, Potential, Konditional und Imperativ. Der Indikativ beschreibt eine reale Handlung, der Potential eine nicht sichere, der Konditional eine Handlung die von einer Voraussetzung abhängt und der Imperativ einen Befehl. Beispiele dafür aus dem Finnischen.

luen (‚ich lese')
lukenen (‚ich werde wohl lesen')
lukisin (‚ich würde lesen')
lue! (‚Lies!')

Der Potential wird jedoch im Finnischen nur in der gesprochenen Sprache verwendet, im Wotischen existiert er nur noch in alten Volksliedern und das Estnische und Livische kennen ihn nicht. Es „mangelt" jedoch insofern nicht am Potential, da er auch durch Ausdrücke wie „ich lese wahrscheinlich", „ich lese vielleicht", „ich lese möglicherweise" etc. ersetzt werden kann. Der Konditional wird im Finnischen, Karelischen, Wepsischen und Wotischen durch isi gekennzeichnet, im Estnischen und Livischen durch ksi. (kar. lugizin vs. liv. lugúks )

Zeiten

Die Bildung der 4 grammatikalischen Zeiten (Präsens, Präteritum, Perfekt und Plusquamperfekt) erfolgt in allen Sprachen sehr ähnlich: Präsens und Präteritum als einteiliges Verb (fin. luen ‚ich lese', luin ‚ich las') und Perfekt und Plusquamperfekt mit dem Partizip Perfekt und dem Hilfswort „sein" (fin. olen lukenut ‚ich habe gelesen', olin lukenut ‚ich hatte gelesen'). Es gibt kein grammatikalisches Futur, dieses wird mit dem Präsens und kontextualen Hilfen gebildet:
Fin. Huomenna menen uimaan (‚Morgen werde ich schwimmen gehen.')

Aktiv und Passiv

Im Gegensatz zur Konjugation von Verben im Aktiv (die für jede Person in 4 Zeiten und 4 Modi konjugiert werden können), gibt es für einen Modus und eine Zeit jeweils nur eine Passivform. Auch ist die Konstruktion des Passivs in den ostseefinnischen Sprachen eine andere als im Deutschen. Im deutschen Satz ‚Ein Brief wird geschrieben' ist Brief das Subjekt, in der finnischen Entsprechung Kirjoitetaan kirje ist kirje (‚Brief') das Objekt. Diese Konstruktion wäre am ehesten mit ‚Man schreibt einen Brief' zu übersetzen.

Nominale Formen des Verbs

Infinitive

Die ostseefinnischen Sprachen verfügen über vier Infinitivformen. Der erste Infinitiv kann als Basisform betrachtet werden und ist jener Infinitiv, der im Wörterbuch gefunden wird. (z.B.: fin. lukea ‚lesen') Der zweite Infinitiv ist im Grunde der Inessiv und Instruktiv des 1. Infinitivs und endet meist auf -e. Der dritte, so genannte ma-Infinitiv kann in verschieden Formen dekliniert werden, z.B.: fin. syödä ‚essen' : syömään, syömässä, syömällä etc. Der vierte Infinitiv ist eher selten und drückt eine notwendige Handlung aus

Partizipien

Insgesamt gibt es vier mögliche Partizipialformen: Präsens Aktiv und Passiv und Perfekt Aktiv und Passiv (und natürlich die dazugehörige Verneinung). Das Partizip Präsens wird meist als Adjektiv verwendet (fin. puhuva tyttö ‚das sprechende Mädchen'), das Partizip Perfekt kommt am häufigsten in seiner Eigenschaft als Teil der Konjugation von Verben im Perfekt und Plusquamperfekt, aber auch als Adjektiv u.a. in seiner passiven Form (kirjoitettu kirje ‚ein Brief, der geschrieben wurde')


Partikel
Viele Adverben in den ostseefinnischen Sprachen sind deklinierte Formen von Nomen oder Adjektiven, z.B. fin. Essivformen: takana (‚dahinter'), kaukana (‚fern'), huomenna (‚morgen'). Manch sind auch Lehnwörter oder durch Derivation entstanden. Des Weiteren verfügen die ostseefinnischen Sprachen über Präpositionen (bzw. eher Postpositonen), Konjunktion und Interjektionen. (2)


SYNTAX


Alle ostseefinnischen Sprachen sind SOV Sprachen. Im Gegensatz zu den anderen uralischen Sprachen werden Adjektive, Partizipien und einige Pronomen als Attribute verwendet und somit an das Subjekt angepasst. (3)

Das Vokabular der Ostseefinnischen Sprachen entwickelte sich durch:

  • Wortstämme des Proto-Uralischen
  • Wortstämme unbekannter Herkunft
  • Lehnwörter aus alten Indo-Europäischen Sprachen
  • Deutsche Lehnwörter im Estnischen und im Livischen
  • Lettische Lehnwörter im Livischen
  • Schwedische Lehnwörter im Finnischen
  • Russische Lehnwörter im Karelischen, Wepsischen, Wotischen und im Ingrischen

Die Wortstellung der Ostseefinnischen Sprachen ist grundsätzlich frei. Die Semantik des Satzes wird durch die Wortstellung nicht beeinflusst.
Bei normalen Sätzen finden wir häufig die folgenden Wortstellungen:

Subjekt + Prädikat + Adverb + Adjektiv + Objekt
Mies rikkoi kilpailussa oman ennätyksensä
'Der Mann hat bei dem Bewerb seinen eigenen Rekord gebrochen'

Subjekt + Prädikat + Adverb + Adjektiv + Objekt
Hän voitti yllättäen kuuluisat kilpatoverinsa
'Er hat seinen berühmten Bewerb überraschend gewonnen'

Subjekt + Prädikat + Objekt + Adverb
Seura valitsi hänet edustusjoukkueeseen
'Der Verein hat ihn ins Team gewählt'

Die ersten beiden Sätze wurden hier auf die gleiche Art gebildet, wobei der 3 Satz anstatt eines Objektes mit einem Adverb endet.

Nun einige ähnliche Beispiele aus dem Estnischen:

Subjekt + Prädikat + Adverb + Objekt
Mees raius metsas puid
'Der Mann holzte Bäume im Wald'

Subjekt + Prädikat + Objekt + Adverb
Ema kutsus lapse tuppa
'Die Mutter rief das Kind herein'

Sofern man etwas besonders betonen möchte, so kommt diese Information an das Ende des Satzes.

Adverb + Prädikat + Subjekt
Kentällä harjoitteli mestari
'Der Champion trainierte auf dem Sportplatz'

An folgendem Beispiel soll nochmal verdeutlicht werden, dass all diese Variationen der Wortstellung möglich sind.

Lapse tuppa kutsus ema
'Die Mutter rief das Kind herein'

Tuppa ema kutsus lapse
'Die Mutter rief das Kind herein'

Wenn das Subjekt des Satzes jedoch ein Infinitiv ist, so steht es üblicherweise hinter dem Verb.

Finnisch: On hauska uida / 'Es ist nett zu schwimmen'

Der negative Partikel wird vor das Hauptwort gestellt.

Finnisch: Vilja ei kasva hyvin / 'Das Korn wächst nicht gut'

Das Attribut geht dem jeweiligen Hauptwort voran.

Finnisch: Kaupungin kadut / 'die Straßen der Stadt' (2)


Die Wolgasprachen


Die Mordwinische Sprache

ALLGEMEIN

Ähnlich der saamischen Sprachen ist es im Grunde falsch von der mordwinischen Sprache ansich zu sprechen, da sich diese - und auch ihre Sprecher handhaben dies so - in die zwei Dialekte bzw. Sprachen Ersä und Mokscha trennen lässt. Die Tatsache, dass beide „Dialekte" 2 verschieden Schriftsprachen entwickelt haben, lässt eher darauf schließen, sie als 2 eigene Sprachen zu behandeln, auch unterscheiden sie sich in Phonologie, Lexikon und Grammatik. So wird bspw. ein e in Ersä durch ein ä oder e in Mokscha repräsentiert, z.B.: l'enge (E) vs. l'engä (M) ‚Baumrinde'. Es gibt bereits ältere Studien (1984) über die gegenseitige Beeinflussung der beiden Dialekte, diese ist jedoch um einiges geringer als der übermächtige Einfluss des Russischen (siehe unten). Im Folgenden wird nun dennoch von der mordwinischen Sprache, mit Berücksichtigung von Ersä und Mokscha gesprochen.

Der russische Einfluss ist - wie bei den meisten uralischen Sprachen, deren Völker in Russland leben - stark, wurde aber teilweise an die mordwinische Sprache angepasst. Vor allem im Bereich der Phonologie werden Wörter zwar wie im Russischen geschrieben, jedoch orientiert sich die Aussprache an den jeweiligen Sprechern, also u.a. auch am jeweiligen mordwinischen Dialekt. Die kyrillische Schrift des Mordwinischen ist identisch mit der Russischen, die stimmlosen Vokale des Mokscha werden durch Hinzufügen eines x gekennzeichnet. (2)


PHONOLOGIE



#Abb. 15 Mordwinische Konsonanten

Die Standardsprache besteht aus 28 Phonemen sowie f und x, welche in russischen Lehrwörtern und nicht zum ursprünglichen Konsonanteninventar gehören.


#Abb. 16 Mordwinische Vokale

Im Mordwinischen existieren keine Diphthonge.
Erza besitzt das kleinste Vokalinventar der uralischen Sprachfamilie, es gibt jedoch eine Vokalharmonie. In den meisten Fällen kommen die beiden offenen Vokale i und u nur in der ersten Silbe eines Wortes vor.
kudo/so/nzo - in seinem/ihrem Haus (3)

ń ľ ә ď ť ś ŋ ź ŕ ć

MORPHOLOGIE


Nominalformen und Deklination

Deklination

Im Mordwinischen sind bei der Deklination von Nomen drei verschiedene Arten zu unterscheiden:

  • die indefinite oder Basisdeklination
  • die finite oder demonstrative Deklination
  • die possessive Deklination

Für die indefinite Deklination sind 12 Fälle bekannt:

Nom. kudo E, kud M (‚Haus', ohne Suffix)
Gen. kudoń E, kudәń M (Suffix E und M: )
All./Dat. kudońeń E, kudәńdi M (Suffix E: -ńeń, M: -ńd'i)
Abl. kudodo E, kutta M (Suffix E: -do/-to, M: -da/-ta) (-to/-ta jeweils nach einem stimmlosen Konsonanten und nach b, d, d', g)
In. kudoso E, kutsa M (Suffix E: -so/-se, M: -sa/-ca)
El. kudosto E, kutsa M (Suffix E: -sto/-ste, M: -sta/-cta)
Dir.-Ill. a) kudov E, kudu M (Suffix E: -v, M: -v/-u/-i)
b) kudos E, kuts M (Suffix E: -s, M: -s/-c)

Prol. kudova E, kudga M (Suffix nach Vokalen EM: -va, nach stimmlosen Konsonanten EM: -ka, nach stimmhaften Konsonanten E: ga, nach nicht palatalisierten stimmhaften Konsonanten M: -ga, nach palatalisierten stimmhaften Konsonanten M: -gä)

Tran. kudoks E, kudәks M (Suffix EM: -ks)
Komp. kudoška E, kudәška M (Suffix EM: -ška)
Karit. kudovtomo E, kutftәma M (Suffix E: (v)tomo/(v)t'eme, M: -ftәma)
Kaus.(nur in M) kudәŋksa (Suffix: -ŋksa, meist mit Postposition iŋksa ‚wegen, aufgrund von')

Im Plural gibt es nur einen Fall, den Nominativ:
kudot E, kutt M (Suffix EM : -t/-t')

Für die übrigen Fälle werden die Formen der Deklinationen im Singular verwendet bzw. können zu Beginn eines Satzes auch die Formen der finiten Deklination herangezogen werden.

Uneinig sind sich Wissenschaftler über die Anzahl der Fälle der finiten Deklination. Paasonen spricht von 8 Fällen für beide Dialekte, andere von 10 Fällen für Ersä und 3 für Mokscha. Einigkeit besteht über folgende Fälle:

Nom. kudos' E, kut's' M (Suffix E: -s', M: -s'/-c')
Gen. kudońt' E, kudәt' M (Suffix E: -ńt', M: -t')
All. kudońt'en' E, kutt'i M (Suffix E: -ńt'eń, M: -t'i)

Die Fälle Ablativ, Inessiv, Elativ, Illativ und Prolativ werden in Mokscha durch Postpositionen gebildet und können grammatikalisch betrachtet nicht als Fälle anerkannt werden. In Ersä werden die jeweiligen Fälle der infiniten Deklination herangezogen und mit dem finiten Genitivsuffix -ńt' verbunden; d.h. der finite Ablativ von Haus ist kudodońt'. Die restlichen Fälle können auch mit einer Postposition gebildet werden. Für den Plural gilt dasselbe, nur dass hier die Endung -t'ńe/-tne angehängt wird. In Mokscha hingegen sind es die Endungen -t'ńä/-ńä, letztere wenn ein stimmhafter Konsonant stimmlos ausgesprochen wird und mit einer Pluralmarkierung versehen wird. Die Bildung der Beugefälle erfolgt auf eine sehr ähnliche Art und Weise nur das diesmal an den finiten Nominativ Plural die Endungen der indefiniten Deklination angehängt werden.

Bei der possessiven Deklination gibt es für alle drei Personen 4 mögliche Nominativformen (und entsprechend viele weitere Formen), die sich wiederum bei Ersä und Mokscha unterscheiden. Es gibt folgende Möglichkeiten:

  • Ein Besitzer und ein Objekt
  • Ein Besitzer und mehr als ein Objekt
  • Mehr als ein Besitzer und ein oder mehrere Objekte
  • Mehr als ein Besitzer und nur ein Objekt (dialektal)

Beispiele aus Ersä und Mokscha:

E: kudom vs. M: kudәz'ä (‚mein Haus')
E: kudon vs. M: kudәńä (‚meine Häuser')
E: kudonok vs. M: kudәńkä (‚unsere Häuser/unser Haus')
E: kudomok vs. M: kudnәs'k (‚unser Haus')

Im Nominativ scheinen die Possessivsuffixe der beiden Dialekte recht unterschiedlich, im Genitiv sind sie dafür jedoch entweder gleich oder unterscheiden sich durch (meist) nur einen Buchstaben. Für die possessive Deklination gibt es in Ersä 11, in Mokscha 10 Fälle (hier fehlt der Translativ). Die genau Unterscheidung zwischen ein oder mehreren besitzen Objekten wird nicht immer getätigt. Für die Bildung der possessiven Deklination werden die indefiniten Kasusendungen herangezogen und werden die Possessivsuffixe angefügt.

Adjektive

Adjektive sind im Mordwinischen durch spezielle Suffixe gekennzeichnet; diese sind in Ersä -ov, -ev, -v und im Mokscha -u, z.B.: sakalov (E) = sakalu (M) ‚bärtig'. Ist keines dieser Suffixe vorhanden oder ist die Einordnung des Suffixes semantisch fraglich, muss die Bedeutung durch syntaktische Betrachtung geklärt werden. So ist in Ersa valdo kov der ‚helle Mond' aber kov valdo ‚Mondlicht'.

Die Steigerung von Adjektiven im Mordwinischen erfolgt grundsätzlich durch den Ablativ und die Grundform des Adjektivs. Der Ablativ der Demonstrativpronomen s'e (E) und s'ä (M) sind hierbei komparative Präpositionen. Für den Superlativ werden die Präpositionen ves'emed'e (E) und s'embәd'ä (M) - beide im Ablativ und ursprünglich aus dem Russischen - verwendet.

Numerale

Das Mordwinische verfügt über kardinale Numerale und Ordnungsnumerale, wobei letztere von ersteren durch die Suffixe -c'e (E) und -c'ä (M) abgeleitet werden.


Verben und Konjugation

Die mordwinische Sprache weist

  • 7 Modi (Indikativ, Subjunktiv, Desiderativ, Imperativ, Optativ, Konditional, konditionaler Subjunktiv)
  • 4 Zeiten (Präsens-Futur, 2 Vergangenheiten, umschreibendes Futur)
  • 2 Zahlen (Singular und Plural)
  • 3 Personen
  • kein formales Passiv auf.

Weiters verfügt sie auch über nominale Verbformen:

  • Infinitiv (dieser wird jedoch nur in einigen Fällen dekliniert)
  • Partizip Präsens
  • mehrere Vergangenheitspartizipien

Konjugation

Im Mordwinischen sind 2 verschieden Arten von Konjugationen zu unterscheiden:

  • die indefinite Konjugation
  • die finite oder objektive Konjugation

Von letzterer wird dann Gebrauch gemacht, wenn zu dem Verb ein finites, direktes Objekt hinzukommt. Nachdem jede Person sowohl als Subjekt, als auch als Objekt verwendet werden kann, würde dies im Präsens-Futur zu 56 verschiedenen Formen führen. Tatsächlich sind es jedoch nur 30 Formen, da der Plural neutralisiert wird, sollte die 1. oder 2. Person Plural involviert sein.

Personalsuffixe für die indefinite Konjugation im Präsens-Futur:

Singular

  1. -n (EM)
  2. -t (EM)
  3. -i (E), -i/-j (M)

Plural

  1. -tano/-dano (E), -tama (M)
  2. -tado/-dado (E), -tada (M)
  3. -it' (E), -Jt' (M)

Modus

1. Der erste Modus ist der Indikativ, der in den Zeiten Präsens-Futur und in den Vergangenheiten zu finden ist.

2. Der zweite Modus ist der Subjunktiv. Dieser kommt formal nur in der Vergangenheit vor, die faktische Bedeutung hängt allerdings vom Kontext ab. jakavl'iń (E), jakal'eń (M) ‚ich würde gehen, ich wäre gegangen'

3. Der Desiderativ ist der dritte Modus und ist nur in der 2. Vergangenheit zu finden: vaniksel'iń (E), vanәl'ksәl'әń (M) ‚ich wollte sehen'

4. Der Imperativ hat eigentlich nur 2 Formen: 2. Person Singular und Plural. vanok und vanodo (E), vanәk und vanәda ‚Schau(t)!'

5. Optativ oder Hortativ: vanozan (E), vanәzan (M) ‚lass mich schauen!'

6. Der sechste Modus ist der Konditional, hier Beispiele aus dem Präsens: vanińd'er'an (E), vanәńd'är'an ‚wenn ich sehe'

7. Der letzte Modus steht für den konditionalen Subjunktiv. Zur Bildung wird der Präsensstamm des Konditional mit dem Suffix und der Endung der jeweiligen Person im Subjunktiv verbunden. vanińd'er'avl'iń (E), vanәńd'är'äl'әń (M) ‚wenn ich sehen würde, wenn ich gesehen hätte'

Zeiten

Folgende Beispiele aus dem Ersä sollen den Unterschied zwischen finiter und indefiniter Konjugation verdeutlichen:

  • s'ormadan (‚ich schreibe, ich werde schreiben' Präsens-Futur indefinit)
  • s'ormadasa (‚ich werde es schreiben' Präsens-Futur finit)
  • s'ormadija (‚ich habe es geschrieben' 1. Vergangenheit finit)
  • s'ormadil'iń (‚ich pflegte zu schreiben' 2. Vergangenheit indefinit)
  • karman s'ormadoma (‚ich werde zu schreiben beginnen' umschreibendes Futur indefinit)

Negation

Die Negation im Mordwinischen erfolgt je nach Tempus auf eine andere Art und Weise. Es gibt ein Hilfsverb für die Negation, welches verschiedene Stämme im Indikativ der Vergangenheit, im Imperativ/Optativ und Subjunktiv/Konditional hat. Die jeweilige Form dieses Verbes wird gefolgt vom Stamm des anderen. (+/- -k)
Im Indikativ Präsens und im Konditional werden die Verben jedoch durch ein spezielles Negationspartikel negiert; a (E) und af (M). Dieses wird vor der jeweiligen Form des Verbes platziert.

Nominale Formen des Verbs

Infinitive

Im Mordwinischen gibt es einen Infinitiv, der jedoch in mehreren Fällen dekliniert werden kann.
Der Infinitv mit den Endungen -mo/-me (E) und -ma (M) können mit dem Wort karmas (‚beginnen') und ähnlichen Wörtern kombiniert werden. Der Illativ drückt meist eine Notwendigkeit aus und ist auch sonst im unpersönlichen Bereich zu finden. Die Form -ma (EM) drückt hingegen eine persönliche Notwendigkeit aus, z.B.: vandi tońet' vir'ev mol'ә*ma* (E) ‚Du musst morgen in den Wald gehen'

Partizipien

Es existiert ein Präsens Partizip; mol'ij (E) und mol'i (M) ‚gehend' und mehrere Vergangenheitspartizipien, das am öftesten verwendete ist jenes mit den Endungen -z' (E) und -f (M).


Partikel

Adverbien

Adverbien können entweder simpel, eine Derivation oder eine Komposition sein. Ein weit verbreitetes adverbiales Suffix ist -sto/-ste (E) bzw. -sta (M), z.B. maziste (E) und c'ebär'sta ‚wunderschön'.

Prä- und Postpositionen

Nachdem Präpositionen nur für die Steigerung von Adjektiven verwendet werden, soll hier nur auf die Postpositionen eingegangen werden.
Die Nomen, die den Postpositionen vorangehen können im Nominativ, Genitiv oder Ablativ stehen. Durch Postpositionen in Verbindung mit dem Genitiv können jedoch auch die Fälle (bzw. die Bedeutung der Fälle) Ablativ, Inessiv, Elativ, Illativ und Prolativ entstehen. Beispiele aus dem Ersä:

vel'eńt' ejse ‚in dem Dorf'
vel'eńt' ejste ‚aus dem Dorf'


Wortbildung

Derivation

Gemessen an seiner Gesamtzahl an Suffixen ist das Mordwinische relativ arm an Derivationssuffixen. Relativ häufig kommt das bereits erwähnte Suffix -ks vor, das sowohl für die Derivation von Nomen als auch Adjektiven und Adverben verwendet wird. Weiters gibt es Derivationssuffixe für die Bildung des Diminutiv, zum Ausdruck der Zugehörigkeit zu einer Gruppe (‚weibliches Tier' von ‚Frau') und denominale verbale Suffixe. Deverbale Suffixe werden meist zur Spezifizierung des Grundverbes benutzt, z.B. um die Möglichkeit, Reflexivität oder den Passiv auszudrücken. Auch die Hervorhebung eines Aspekts entsteht durch derivative Suffixe, z.B.: pejәt'kšńәms (M) ‚lachen' kommt von pejd'ems (E) ‚auslachen'.

Komposition

Das Mordwinische verfügt über eine Reihe von Kompositionen, manche mit unveränderter Basis, z.B.: lambamosal (E) ‚Alaun' von den Wörtern lambamo (‚süß') und sal (‚Salz'), andere mit leicht veränderter Basis. Teilweise werden „normale" Wörter im 2. Teil einer Komposition als Suffixe verwendet: pula (M) ‚Schwanz, Falte' in dem Wort kelubula ‚Birkenwald'. Auch können zwei konjugierte Verben, die nacheinander stehen eine neue, kombinierte Bedeutung erhalten: So wird ‚ernähren' + ‚wachsen lassen' zu ‚auf-/erziehen': t'r'ams-kastoms (E). (2)


SYNTAX


Der Satz in der mordwinischen Sprache besteht aus Subjekt, Objekt, Adverb und Verb, wobei die Reihenfolge in welcher die einzelnen Satzteile angeordnet sind keine Rolle spielt. Somit existieren theoretisch 24 Möglichkeiten.

Beispiele:

SVOA: t j et j am kundas j kalt is j ak - ´it´s my father who caught fish yesterday´
SOVA: et j am kalt kundas^j^ is^j^ak - ´as for what my father caught yesterday, it was a fish´
SOAV: _t j et j am kalt is j ak kundas j _ - ´as form y father's catching fish, it was yesterday that he did that´
OAVS: kalt is j ak kundas j t j et j am - ´as for fish, it was yesterday that my father caught them´
VOAS: kundas j kalt is j ak t j et j am - ´my father did catch fish yesterday´

Das Subjekt ist für gewöhnlich ein Substantiv oder ein Pronomen, es könne aber auch Adjektive oder verbale Substantive das Subjekt bilden.
Das Prädikat ist entweder nominal oder verbal, die beide in allen Zeiten und Personen stehen können.

Negation wird gebildet mit einem
a (Indikativ, Konditional)
avol (Konjunktiv, Desiderativ)
il(j)a(Imperativ, Operativ)

Direkte Objekte:

Ein indefinites direktes Objekt steht normalerweise im Nominativ, kann aber auch im Ablativ stehen, meist im Zusammenhang mit nicht-zählbaren Substantiven.

Beispiele:

lovnan jovt j n j ema - ´Ich lese eine Geschichte´

lovnan jovt j n j ema
LESEN 1.Pers. Sg. Präsens GESCHICHTE indefinite Deklination Nominativ

jars-an jam-do, s j im-an ved j .t j e - ´Ich esse Suppe, ich trinke Wasser´

jars-an jam-do, s j im-an ved j .t j e
ESSEN 1.P. Sg. Präs. SUPPE Ablativ TRINKEN 1.P. Sg. Präs. WASSER Ablativ

Ein definites direktes Objekt steht Genetiv/Akkusativ, aber auch im Inessiv. Die Definitheit wird bestimmt durch das finite Verb oder vom Personalsuffix des Infinitivs.
Eigennamen sind im Erzya indefinit und im Moksha definit.

Beispiele:

_c j ora s j n j e in j z j e t j ejt j er j t j n j e-n j _

  • ´Der Junge sah die Mädchen´

_c j ora-s j _ n j e-in j z j e _t j ejt j er j -t j n j e-n j _
JUNGE definite Deklination SEHEN 3. P. Sg. Imp. MÄDCHEN def. Dekl. Pl. Gen./Akk. (3)


Die Marische Sprache

ALLGEMEIN

Im Marischen (früher Tscheremissisch) existieren zwei Schriftsprachen, das West und das Ostmarische. Die Unterschiede dieser beider Sprachen beziehen sich auf das Vokalinventar und auf bestimmte Wörter des Vokabulars. Jedoch verstehen sich die Sprecher beider Sprachen im Allgemeinen. Die Struktur der Phonetik ist im Ostmarischen ist etwas einfacher, deshalb wird das Ostmarische oft auch als offizielle Sprache der Marischen Kultur gehandelt. Beispiele im folgenden Artikel sind ebenfalls - wenn nicht explizit erwähnt - aus dem Ostmarischen. (3)

PHONOLOGIE



#Abb. 17 Marische Konsonanten

Die konsonanten p, t und k können in allen Wortpositionen vorkommen, genauso wie velare und dentale Frikative. G und d kommen nur in der Wortmitte nach einem Vokal oder einem Stimmhaften Konsonanten.


#Abb. 18 Marische Vokale

Alle Vokale können in allen Wortpositionen vorkommen. Im Marischen existiert eine Vokalalternation, das heißt der erste Vokal im Wort beeinflußt die folgenden. Ähnlich einer Vokalharmonie gibt es im Westmarischen eine palatale Vokalalternation und im Ostmarischen eine vorder vs. hintervokalische, labiale vs. Illabiale und reduzierte vs. volle Alternation. (3)


MORPHOLOGIE


Nominalformen und Deklination

Deklination

Heutzutage werden in den Literatursprachen des Marischen folgende 7 Fälle angegeben:

Nom. olma (‚Apfel')
Gen. olman (-(e)n)
Akk. olmam (-(e)m)
Dat. olmalan (-lan)
Lat. olmaš (-eš/-š)
Ill. olmaš(ke) (-(e)škV/ -(e)š)
In. olmašte (-(e)štV)

Wie aus der Tabelle ersichtlich existieren im Marischen zwei verschieden Wohin-Kaus; Illativ und Lativ, wobei diese nicht im selben Kontext verwendet werden können. Ersterer ist ein Ausdruck für Woher-Wohin-Bewegungen, der Lativ hingegen wird für Verben verwendet, die auch in anderen finno-ugrischen Sprachen einen Wohin-Kasus verlangen ohne eine eigentliche Bewegung auszudrücken (z.B. ‚bleiben' oder ‚verschwinden').

In früheren Grammatiken wurde teilweise auch von 12 oder 13 Fällen gesprochen, andere hielten diese „Fälle" jedoch für Adverbien.
Für den Ausdruck von Pluralität stehen im Marischen mehrere Suffixe zur Verfügung, zumal diese auch zwischen den westlichen und östlichen Schriftsprachen variieren. Bei den westlichen Schriftsprachen wird der Plural meist mit dem Suffix - ßlä gebildet, teilweise aber auch mit - šamec'; im Osten entweder - ßlak, -met oder -la. Teilweise tritt im Marischen durch jene Possessivsuffix auch der so genannte Gruppenplural auf, wie in der östlichen Schriftsprache Ißanßlä (‚Ivan, und die, die mit ihm sind'). Eine weitere Besonderheit des Marischen ist die Unkenntlichkeit des Plurals in manchen Sätzen, in denen nicht nur das Nomen sondern auch das Prädikat im Singular bleibt, obwohl die Bedeutung ein pluralistische ist.

Bezüglich der Possessivsuffixe im Marischen kann folgende Darstellung geboten werden:

Singular

1. olmam (-m/-em)
2. olmat (-t/-et)
3. olmaže (-(e)žV/ -šV)

Plural

1. olmana (-(e)na)
2. olma*d*a (-(e)da/ -ta)
3. olmašt (-(e)št)

Neben der besitzanzeigenden Verwendung der Possessivsuffixe sind sie auch ein Mittel zum Ausdruck der Bestimmtheit von Nomen, hierbei werden vor allem die Suffixe der 2. und 3. Person Singular herangezogen.

Die Reihenfolge der verschiedenen Suffixe variiert von Fall zu Fall:

Die Possessivsuffixe stehen
vor dem Genitiv- und Akkusativsuffix, aber
nach den Lokalkasussuffixen,
im Dativ sind beide Varianten möglich.

Die Pluralsuffixe stehen vor den Kasusendungen, jedoch im Nominativ, Genitiv, Akkusativ und Dativ nach den Possessivsuffixen, diese stehen in den übrigen Pluralfällen stets am Ende.

Adjektive

Für die Bildung des Komparativs stehen 2 Möglichkeiten offen:

  • Suffix -rak
  • syntaktische Bildung mit Postposition

Der Superlativ kann auch durch die gleiche syntaktische Art und Weise oder durch das Wort en gebildet werden.

Numerale

Die Zahlen von 1 bis 9 haben unterschiedliche Formen als Substantiv bzw. Adjektiv. Durch das Suffix -mšV kann der Ordnungsnumeral gebildet werden.


Verben und Konjugation

Die marische Sprache weist

  • 3-4 Modi (Indikativ, Imperativ, Desiderativ (und Konditional))
  • 3 Zeiten (Präsens und 2 Vergangenheiten)
  • 2 Zahlen (Singular und Plural)
  • 3 Personen
  • und kein formales Passiv auf.

Weiters verfügt sie auch über nominale Verbformen:

  • 2 Infinitive
  • 4 Partizipien
  • 5 Verbaladverbien

Konjugation

2 verschiedene Konjugationsarten sind im Marischen zu unterscheiden, Verben können sowohl transitiv als auch intransitiv sein. Die zwei verschiedenen Konjugationen unterscheiden sich jedoch nur gering, nämlich in ihren Stämmen.
Die verschiedenen Personalendungen sind je nach Tempus und Modus recht unterschiedlich, allgemeine Charakteristika sind jedoch:

Singular

1. -m
2. -t oder -c' (nicht im Imperativ)
3. teilweise keine Endung, teilweise Übereinstimmung mit Possessivsuffix (-žV und -šV)

Plural

1. -na
2. -da oder -ta (nicht im Imperativ)
3. Pluralsuffix -t oder -c' oder Übereinstimmung mit Possessivsuffix (-št)

Modus

Neben dem Indikativ verfügt das Marische noch über 2 Modi: Imperativ und Desiderativ. Der Imperativ wird relativ einfach gebildet: In der 2. Person Singular begnügt man sich mit dem blossen Verbalstamm. In der 2. Person Plural endet der Imperativ auf -za oder -sa. Ein Imperativ für die die 1. Person sowohl in Singular als auch Plural ist nicht bekannt.
Für den Desiderativ wird die Endung -ne verwendet. Neben der Präsensform ist auch eine Vergangenheitsform vorhanden; um diese zu bilden wird neben der normalen Desiderativform das Hilfsverb al'e benutzt.
Der Konditional ist noch am ehesten in westlichen Mundarten vorhanden, kommt aber selbst in der westmarischen Schriftsprache existiert davon nur eine Form und diese wird nur als Hilfsverb gebraucht.

Zeiten

Neben dem Präsens existieren im Marischen noch 2 Vergangenheiten; die erste ist in der ersten Konjugation durch besondere Stammformen ersichtlich, in der zweiten Konjugation wird sie mit š gebildet. Die zweite Vergangenheit wird mit einem Verbaladverb gebildet.

Negation

Um den Negativ im Marischen zu bilden ist ein Verneinungsverb vonnöten, aus welchem Person, Tempus und Modus ersichtlich ist und der Stamm des Hauptverbs. Im Präsens wird im Ostmarischen dazu ein o-, im Westmarischen ein a-- stämmiges Negationsverb verwendet. In der 2. Vergangenheit weicht die Bildung der Negation völlig von der Norm ab, vor allem ist der Unterschied zwischen dem Ost- und Westmarischen enorm. Im Ostmarischen bedient man sich hierbei der bejahenden Flexion des Hauptverbs in der 3. Person Singular für alle Personen, das Westmarische verfügt hier über ein verneinendes Verbaladverb.

Nominale Formen des Verbs

Infinitive

Die Endung des 1. Infinitivs (= der Grundinfinitiv, die Form die auch im Wörterbuch zu finden ist) ist in beiden Konjugationen -aš. Der zweite nezessive Infinitiv besitzt die Endung -man und bedeutet, dass etwas geschehen muss: kolman ‚man muss hören'

Partizipien

Die 4 Partizipien im Marischen haben folgende Bedeutungen:

1. Partizip Präsens Aktiv: kolšo (‚hörend, der Hörende')
2. Partizip Perfekt Passiv: kolmo (‚gehört')
3. Negatives Partizip: koldemo (‚ungehört')
4. Futuristisches Partizip: kolšaš (‚das, was man hören muss')

Manche haben auch partizipialfremde Bedeutungen, wie die eines Infinitivs.

Verbaladverbien

Wie bereits erwähnt existieren im Marischen 5 Verbaladverbien. Das 1. Verbaladverb drückt die Art und Weise einer Handlung aus und wird mit dem Suffix -n gebildet. Aus diesem Adverb hat sich auch die 2. Vergangenheit herausgebildet: ‚kommend, gekommen sein'. Das Suffix des 2. Adverbs ist ident mit dem des Karitativ und bildet das negative Gegenteil zum 1. Adverb: ‚ohne zu kommen'. Im Westmarischen hat sich daraus die Verneinung der 2. Vergangenheit entwickelt. Das 3. Verbaladverb drückt eine Handlung aus, die nach einer anderen geschieht (Suffix: -mešk): tolmeške ‚nach dem Kommen'. Das Suffix des 4. Adverbs wird für das Anzeigen von Relationen verwendet und durch das letzte Adverb kann Gleichzeitigkeit ausgedrückt werden. (2)


SYNTAX

Die Syntax im Marischen verdient unter anderem auch deswegen einen großen Stellenwert, weil es viele morphologische Lücken gibt, die durch syntaktische Mittel geschlossen werden. Auch etwaige Abgrenzungen zwischen Morphologie und Syntax sind im Grunde kritisch zu betrachten.

Im Marischen ist die Bildung von

  • einfachen Sätzen und
  • Satzgefüge

möglich.

Einfache Sätze

Nomenbasierte Aussage

Beim nomenbasierten Aussagesätzen wird die Beziehung zweier Nomen behandelt. Zwischen ihnen steht das Kopula, im Indikativ Präsens 3. Person Singular ist es null, in allen anderen wird es an Person, Zeit und Modus in den Verben ul 'ist' und lij 'wird' angepasst.

Verbbasierte Aussage

Bei Aussagesätzen die auf Verben basieren, kann in vielen Fällen von lokalen Konstruktionen ausgegangen werden. Sätze dieser Art sind z.B.:

  • Possessivsatz

Gebildet wird der Possessivsatz mit einem Verb das typischerweise in lokalen Kontexten vorkommt, allerdings ohne Lokaladverbial. Meistens handelt es sich um das Verb ul- ('sein, existieren') und es steht immer in der 3. Person Singular (im Indikativ Präsens Aktiv: ulo und negativ uke) Der Besitzer ist ein belebtes Nomen im Genitiv: memnan ul-maš pörtna 'Wir hatten ein Haus' Auch bei mehreren Besitzern bleibt das Prädikat im Singular, wenn die Besitzer nur eine Sache gemeinsam besitzen oder jeder Einzelne nur eine Sache. Die possessive Aussage kann jedoch auch von dynamischer Bedeutung wie gewinnen oder verlieren sein: tuden jümeže šueš 'Sie wird durstig.' Teilweise ähneln die possessiven Sätze den nomenbasierten Aussagen, da sie teilweise ohne dem Wort 'ist' und aber auch bei der Markierung des Besitzers ohne ein gesondertes Nomen auskommen.

  • Lokalsatz

Für die Bildung von Lokalsätzen ist ein Verb und ein lokales Adverbial, entweder ein Nomen in einem Lokalfall oder mit einer Postposition, notwendig. Ob das Verb mit einem Objekt im Satz auftritt oder nicht, schadet der Typisierung als Lokalsatz nicht. Bei statischen Verben muss das Nomen im Inessiv oder Lokativ stehen, bei dynamischen Äußerungen jedoch muss das Adverbial in einem separativen
bzw. lativen oder illativen Fall stehen (oder mit entsprechenden Postpositionen). Solche Sätze drücken stets eine Bewegung aus, und zwar in separativer Bedeutung ('Sie verlassen das Haus') oder in illativer Bedeutung ('Wo hast du dich hineingesetzt?')

Satzgefüge

Nachdem das Marische nur über sehr wenige Konjunktionen verfügt, sind Satzgefüge mit finiten Verbformen rar. Man bedient sich daher oft der

Nominalisierung

von Verben, um diese in ihrer infiniten Form in den Satz einzubringen. Neben dieser Variante gibt es auch noch die Möglichkeit der lokalen Einbindung. Diese Art der Satzverbindung ist recht schwierig, nachdem viele Elemente das Satzes involviert sein können. Das Subjekt jenes Satzes steht stets im Nominativ oder Genitiv, das Objekt im Nominativ oder Akkusativ und die lokalen Adverbien in der jeweiligen Kasusform.

Neben- und Unterordnung

Neben der Nominalisierung und der Einbindung kann auch die marische Postposition den verwendet werden, die gleichwertige Glieder nebeinander ordnet und teilweise auch als Konjunktion fungiert. Auch ein Enklitikon kann zwei nebengeordnete Sätze miteinander verbinden. (3)


Die permischen Sprachen


Komi


ALLGEMEIN

Die Sprache Komi ist ein Teil des permischen Zweiges innerhalb der uralischen Sprachfamilie. Sie teilt sich in die drei Hauptdialekte

  • Komi-Syrjänisch
  • Komi-Permjakisch
  • Ostpermjakisch

Diese wiederum teilen sich in mehrere Unterdialekte und Mundarten. Die drei Hauptdialekte sind einander sehr ähnlich, etwaige Differenzen sind meist nur phonetischer Natur, unter den komi-syrjänischen Dialekten und zwischen Komi-Permjakisch und Ostpermjakisch gibt es jedoch auch teilweise morphologische und lexikale Unterschiede.
Im Syrjänischen existieren zwei Schriftsprachen; es entstanden die komi-syrjänische und die komi-permjakische; das Ostpermjakische besitzt keine eigene Schriftsprache.

Die Komi-Syrjänische Schriftsprache kann auf eine über 600 Jahre alte Tradition zurückblicken. Die frühesten Belege stammen aus dem 14. Jahrhundert, geschaffen wurde sie angeblich vom Missionar Stephan Chrap (der Heilige Stephan von Perm). Heutzutage basiert die komi-syrjänische auf einem Dialekt, der in der Umgebung von Syktyvkar gesprochen wird, im Gegensatz dazu basiert die komi-permjakische Schrift auf einem südpermjakischen Dialekt, der in der Gegend von Inva-Kudymkar gesprochen wird, die Schreibweise ist jedoch ident. (2)


PHONOLOGIE



#Abb. 19 Komi Konsonanten

Außer l und v können alle Konsonanten in allen positionen vorkommen, diese beiden werden bestimmt von ihrer Position und ihrer phonetischen umgebung, hierbei sprocht man von der l -v Alternation.

L kommt nicht in der Wort finalen position vor, l wird dort zu v
vëv ´Pferd´, vëlën ´mit einem Pferd´

Es gibt, außer bei Morphemgrenzen, keine langen Konsonanten. Konsonantenhäufungen an Wortanfang kommen nur in onomatopoetischen und in russischen Lehnwörtern vor.
drug ´Freund´

Am Wortende existieren folgende Konsonantenhäufungen:
Liquid und Plosiv/Sibilant purt ´Messer´
Frikativ und t kost Íntervall´

Sonst gibt es Konsonantenhäufungen nur bei Morphemgrenzen, bei drei Konsonanten hintereinander ist immer ein Liquid oder ein Frikativ dabei.


#Abb. 20 Komi Vokale

Im Yaz´va Dialekt existieren ü und ö statt den ungerundeten Hintervokalen.
In der Schriftsprache gibt es nur kurze vokale, Vokalkombinationen kommen nur bei Morphemgrenzen vor.
nu-a ´ich nehme´

In den Dialekten können Vokalkombinationen auch durch Assimilation entstehen
una-an (una-ën) ´viel´

In der ersten Silbe kann jeder Vokal vorkommen, in der weiteren Silben sind gerundete vokale eher eine Seltenheit.
E kommt nie in der nicht-ersten Silbe des Stammes vor. In Suffix sind gewöhnlich hintere ungerundete Vokale.
Die Betonung ist verschieden in den unterschiedlichen Dialekten. Im Yaz´va Dialekt zum Beispiel ist die Betonung abhängig von der Qualität der Vokale. (3)


MORPHOLOGIE

Nominalformen und Deklination

Grundsätzlich können in Komi das Substantiv und das substantivische Adjektiv folgende Endungen aufweisen: Numeruszeichen, Kasussuffix und Possessivsuffix.

Das Numeruszeichen ist nur für den Plural interessant, nämlich die Endung -jas , da kein eigenes Zeichen für den Singular existiert. Kasussuffixe gibt es 16, ergo 17 Fälle, nachdem der Nominativ kein eigenes Suffix besitzt. Die Kasussuffixe werden erst nach dem Pluralsuffix angefügt: kerka ('Haus'), kerka - jas - in ('in den Häusern'). Die Kasussuffixe für die jeweiligen Fälle der absoluten bzw. unbestimmten Deklination im Singular lauten:

Nom. ver ('Wald')
Akk. ver (-es oder kein Suffix)
Gen. verlen (-len)
Gen. - Abl. verlis' (-lis')
Dat. verli (- li)
Kons. verla (-la)
Ill. vere (-e)
Pros. vered (-ed)
Tr. verti (-ti)
Term. verez (-ez)
Inst. veren (-en)
Egr. vers'an' (-s'an')
Appr. verlan' (-lan')
In. verin (-in)
El. veris' (-is' )
Kom. verked (-ked)
Karit. verteg (-teg)

Neben diesen Kasussuffixen existieren auch noch Suffixe für Adverbien und Postpositionen und zwar ein Adverbial, das entweder einen Zeitpunkt ausdrückt ('zur Zeit, um') oder die Bedeutung 'statt' hat und ein Prolativsuffix in Adverbien.

Die Possessivsuffixe haben - ähnlich anderen uralischen Sprachen - zweierlei Funktion: Einerseits eine besitzanzeigende Funktion ('mein Haus') und andererseits weisen sie auf eine Determinierung, d.h. dass die Sache über die gesprochen wird, dem Sprecher bekannt ist, hin. Hierzu wird meist die Form der 2. und 3. Person Singular gebraucht, die 1. Person Singular kann auch als Vokativ verwendet werden ('O du mein Freund!'). Der determinative Charakter der possessiven bzw. bestimmten Deklination bildet die hauptsächliche Bedeutung in heutigem Komi.
Wie auch bei der unbestimmten Deklination fungiert das Suffix -jas als Zeichen für pluralen Besitz.

Die Reihenfolge der verschiedenen Suffixe variiert von Fall zu Fall. In den primären Kasus (= Inessiv, Elativ, Illativ, Prosekutiv, Transitiv, Terminativ) kommt das Kasussuffix vor dem Possessivsuffix, in den sekundären (= Genitiv, Genitiv-Ablativ, Dativ, Konsekutiv, Komitativ) ist es genau umgekehrt. Der Akkusativ zählt zu den primären Kasus, doch ist die Reihenfolge umgekehrt. Bei Approximativ, Egressiv und Karitiv ist die Reihenfolge nicht fix.

Pronomen

Komi verfügt über folgende verschiedene Arten von Pronomen:

  • Personalpronomen
  • Reflexivpronomen
  • Reziprokes Pronomen
  • Demonstrativpronomen
  • Interrogativ- und Relativpronomen
  • Negativpronomen
  • Indefinitpronomen
  • Allgemeines Pronomen

Personalpronomen

In Komi besitzen die Personalpronomen 2 Stämme:

  • ein langer, konsonantisch auslautender (men-, ten-, mijan-, tijan-, naj-)
  • ein kurzer, vokalisch auslautender (me-, te-, si-, mi-, ti-, na-)

Die Stämme der ersten Gruppe werden im Singular für die Fälle Akkusativ, Genitiv, Genitiv-Ablativ und Dativ benötigt, für die anderen Fälle werden die Stämme der zweiten Gruppe herangezogen. Die jeweiligen Stämme der 3. Person Singular werden jedoch nur im Nominativ und Akkusativ verwendet, in den anderen die Äquivalente der 3. Person Plural. Die Stämme der 2. Gruppe in der 1. und 2. Person Plural (mi-, ti-) kommen nur im Nominativ vor, sonst werden als Stamm die der 2. Gruppe verwendet. In den lokalen Fällen werden die Stämme eher selten benutzt, hier bedient man sich der Postpositionen.

Reflexivpronomen

Hier gibt es drei verschiedene Stämme: ac', as' und as.

Die Stämme ac' und as' werden im Nominativ und Akkusativ verwendet,
der Stamm as im Genitiv, Genitiv-Ablativ, Dativ und Transitiv. In den übrigen Fällen können alle 3 verwendet werden. Nach einem Personalpronomen dient das Reflexivpronomen zur Verstärkung, z.B. me ac'im vec'i taje pižse 'Ich habe selbst dieses Boot gemacht.'

Die folgenden Pronomen haben substantivische, adjektivische und numeralische Formen:

Demonstrativpronomen

In ihrer substantivischen Form erfolgt ihre Deklination gleich der Nomen, jedoch können an sie keine Possessivsuffixe angefügt werden. Die Pronomen taje ('dieser') und sije ('jener') haben gleich der Personalpronomen 2 Stämme. Der längere, konsonantische Stamm wird für Nominativ und Akkusativ verwendet, sonst der kürzere, vokalische.

Interrogativ- und Relativpronomen

Negativpronomen

Zur Bildung der Negativpronomen benötigt man die Negativpartikel n'e und n'i und das jeweilige Interrogativ- bzw. Relativpronomen, z.B.: n'ekod 'niemand'. Als Substantiv werden sie wie ein Nomen dekliniert. Das Suffix -nan bewirkt bei unserem Beispiel folgendes: n'ekodnan 'kein einziger'.

Indefinites Pronomen

Die Bildung erfolgt gleich dem Negativpronomen mit den Partikeln ke und s'ure, z.B.: kods'ure 'jemand'.

Allgemeines Pronomen

Diese Pronomen verfügen nur über substantivische und adjektivische Formen, z.B.: biden 'jeder', stavis 'alles, ganz' (substantivisch), bid 'jeder', stav 'ganz' (adjektivisch). Nur das Pronomen muked 'anderer' verfügt über eine Pluralform: mukedjas 'andere'.


Verben und Konjugation

Komi weist

  • 2 Modi (Indikativ und Imperativ)
  • 6 Zeiten (Präsens, Präteritum, Perfekt, Imperfekt, Plusquamperfekt und Futur)
  • 2 Zahlen (Singular und Plural)
  • 3 Personen
  • und kein Passiv auf.

Weiters verfügt Komi auch über nominale Verbformen:

  • 4 Partizipien
  • 6 Verbaladverbien

Konjugation

In Komi gibt es folgende Verbalstämme:

  1. Einförmige Stämme
    1. vokalisch auslautend
    2. konsonantisch auslautend
  2. Zweiförmige Stämme
    1. längerer Stamm (Endung auf -i, vor konsonantisch anlautenden Suffixen)
    2. kürzerer Stamm (Endung auf Konsonanten, vor vokalisch anlautenden Suffixen)

Singular und Plural haben kein eigenes Zeichen, sondern werden lediglich durch die Personalsuffixe bei der jeweiligen Konjugation ausgedrückt.

Beispielkonjugation für vetli-, vetl- ('gehen') im Aktiv Indikativ Präsens:

Singular

1. vetla
2. vetlan
3. vetle

Plural

1. vetlam
2. vetlannid, vetlad
3. vetleni

Konjugation von 'sein'

Interessant ist, dass in Komi die Formen von 'sein' nur als Hilfsverben fungieren. Weiters gibt es im Präsens auch nur die Unterscheidung zwischen Singular und Plural, jedoch keine Unterscheidung nach Person.

Modus

Weder Indikativ noch Imperativ haben ein eigenes Moduszeichen. Der Imperativ kann auf 3 verschieden Arten gebildet werden:

  1. bloßer Verbalstamm (mun 'geh!')
  2. Verbalstamm + Personalsuffix (mun-ej 'geht!')
  3. mit dem Partikel med und Präsens- bzw. Futurform des Verbs (med mune 'er soll gehen!')

Es gibt keinen formalen Konditional, dieser wird in der jeweiligen Zeit durch Modalpartikel ausgedrückt.

Zeiten

In Komi können 6 verschieden Zeiten unterschieden werden:

  1. Präsens: Zeichen in 1. und 2. Person a, in der 3. e.
  2. Präteritum: Zeichen i.
  3. Perfekt: Zeichen -em.
  4. Imperfekt: Bildung erfolgt mit der jeweiligen Präsensform und dem Hilfsverb _ veli . Übersetzt kann er wie folgt werden: _s'eta veli 'ich gab gerade'.
  5. Plusquamperfekt: Bildung erfolgt mit der jeweiligen Perfektform und der jeweiligen bzw. 3. Person des Seinsverbs im Präteritum: s'etemid veli 'du hattest gegeben'
  6. Futur: Da das Futurzeichen a ist, kann es nur in der 3. Person vom Präsens unterschieden werden: s'ete 'er gibt' aber s'etas 'er wird geben'.

Negation

Die Negation erfolgt durch ein negatives Hilfsverb. Der Stamm dieses Verbs im Präsens, Imperfekt und Futur ist o, im Präteritum und Imperativ a und im Perfekt und Plusquamperfekt existiert nur eine Form des Verbs, nämlich abu. Die Bildung der Negation lautet wie folgt:

  • Präsens, Präteritum, Imperfekt und Futur:

Singular: Personalsuffigierte Form des Negationsverbs und Stammform des Hauptverbs
Plural: Personalsuffigierte Form des Negationsverbs und Hauptverb mit Numerussuffix

*Perfekt und Plusquamperfekt:

Hilfswort _ abu _ und finite Form des Hauptverbs

Nominale Formen des Verbs

Partizipien

  1. Partizip Imperfekt Aktiv: s'etis' 'gebend'
  2. Partizip Imperfekt Passiv: kol'an 'vergangen'
  3. Partizip Perfekt Passiv (und tlw. auch Aktiv): koz'nalem 'geschenkt' oder veldc'em mort 'gelehrter Mensch, wörtlich: Mensch, der gelernt hat'
  4. Partizip Perfekt Aktiv und Passiv Negativ: veledc'item mort 'ungelehrter Mensch'

Verbaladverbien

Die Verbaldadverbien in Komi bestehen stets aus dem Verb, Verbaladverbsuffix und Kasussuffix. Lediglich Verbaladverbien mit der Endung -ig können ohne Kasussuffix auskommen. Verbaladverbien werden aus folgenden Suffixen gebildet:

  1. -ig: Obwohl es auch ohne weiteres Kasussuffix auskommt, folgen ihm meistens noch zwei oder bestimmte Postpositionen: munig moz so'oji 'Während ich ging, aß ich.'
  2. -emen: Bedeutung und Verwendung ähnlich dem -ig Adverb.
  3. -men: 'petmen s'ojni_ 'bis zur Sättigung essen'
  4. -mis't, -mis'ten, -mis': Ausdruck der Vorzeitigkeit, selten verwendet.
  5. -tez': Ausdruck der Nachzeitigkeit (meistens)
  6. -teg: negative Bedeutung (Endung immer mit Kasussuffix identisch) menam eškis nuedteg oz mun 'Mein Ochse geht nicht, wenn man ihn nicht führt.' (2)


SYNTAX

Nomen

In Komi kann die Nominalphrase Subjekt, Objekt, Adverbial und auch Prädikat sein. Numeralen nachfolgende Nomen sind im Singular und können nur den Kasus ändern. Weiters existieren keine Präpositionen, sondern nur Postpositionen. Vor jenen sind die Nomen meist in ihrer Grundform (Nominativ Singular).

Prädikat

Das Prädikat in Komi kann im Satz nach 3 verschiedenen Möglichkeiten ausgestaltet sein:

  • simples verbales Prädikat in finiter Form (auch zusammengesetzt)
  • zusammengesetztes Prädikat aus einer finiten und einer infiniten Form
  • nominales Prädikat bestehend aus Kopula und Nomen

Das finite Verb muss mit dem Subjekt in Zahl und Person übereinstimmen. In unpersönlichen Konstruktionen wird die 3. Person Singular verwendet: zere 'es regnet'

Die zweite Gruppe besteht meist aus Modalverben, Verben die den Beginn oder das Ende einer Aktivität kennzeichnen oder Verben der Wahrnehmung, die sich mit einem Infinitiv zusammenschließen. Der Infinitiv kann teilweise auch durch ein Verbalnomen ersetzt werden. Die letzte Form des Prädikativum besteht aus dem Nomen und die finiten Formen von 'sein'. Im bejahenden Präsens der 3. Person Singular von 'sein' ist das Kopula stets ein Null-Kopula. Der Platz des Prädikates kann hier von einem Nomen, Adjektiv, Numeral, Pronomen oder Partizip eingenommen werden.

Die Modalität eines Satzes wird durch Modalverben, die Bedeutung der Verben und die syntaktischen Strukturen des Satzes ausgedrückt. Die passive, durative und kontinuitive Bedeutung des Satzes kann durch bestimmte Vergangenheitsformen des Verbs ausgedrückt werden. Die Wiederholung eines Verbs soll die Intensität und Dauer der Handlung verdeutlichen. Negation kann entweder durch das Negationsverb oder durch eines der Negationspartikel geschehen.

Einfacher Satz

Die Wortstellung im einfachen Komi-Satz lautet Subjekt - Prädikat - Objekt - Adverbial. Die Stellung kann jedoch nach Belieben geändert werden, lediglich die Position des nominalen Prädikates nach dem Subjekt ist fix. Mehrere Beobachtung können bezüglich der Wortstellung gemacht werden: Beginnt der Satz mit einem Adverb, so geht das Prädikat dem Subjekt voran. Ist das Subjekt jedoch ein Infinitiv, ist es genau umgekehrt, bei einem infitiven Objekt geht das Prädikat dem Objekt voran. In der Schriftsprache wurde die Wortstellung immer wichtiger, vor allem auch durch Verstärkungspartikel. In der mündlichen Sprache hingegen wird mehr mit Prosodie gearbeitet, um gewisse Wörter und Bedeutungen im Satz zu betonen. Die Prosodie ist bspw. bei der Bildung des Imperativs wichtig: So kann dieser zwar grundsätzlich in der imperativen Verbform gebildet werden, jedoch kann man auch einfach einen - grammatikalischen - Aussagesatz durch Prosodie zu einem Befehl machen.

Satzgefüge

Nebenordnende Sätze können entweder durch die Prosodie oder durch eine Konjunktion ersichtlich gemacht werden. Subordination kann ebenfalls durch Konjunktionen, aber auch durch Relationswörter kenntlich gemacht werden. Wie sich der untergeordnete Satz im Vergleich zum Hauptsatz einordnet, hängt sowohl von der Semantik, als auch von der Struktur des gesamten Satzes ab. Meistens folgt der untergeordnete Satz dem Hauptsatz und wird mit einem Relationswort eingeleitet: vot i mevpala eni, mijla me oli 'Hier denke ich nun nach, warum ich gelebt habe' Die zwei Relationswörter da und si stehen jedoch stets am Ende der Hypotaxe.

Ein konditionaler, unterordnender Nebensatz geht dem Hauptsatz meist voraus; sein Relationswort steht direkt nach der 1. Satzkomponente. Statt eines untergeordneten Nebensatzes können in Komi auch oft infinite Konstruktionen gefunden werden, die als Subjekt, Objekt, Attribut, Prädikat oder Adverbial fungieren. (3)


Die Udmurtische Sprache


ALLGEMEIN

Zwischen den verschiedene Udmurtdialekten ist keinen besonders große Diskrepanz. Ihre Morphologie und ihre Syntax ist beinahe ident. Unterschiede finden sich lediglich in der Distrubution der Phoneme, zum Beispiel retroflexe Affrikaten kommen innerhalb des Wortes nur in den zentralen Dialekten vor.
In einigen peripheren Dialekten dagegen findet sich ein ä im Vokalinventar, beeinflusst vom Tatarischen. Diesen Einfluss bemerkt man auch in anderen Bereichen der udmurtischen Sprache. Eine prosodische Besonderheit ist, dass die Betonung auf der letzten Silbe liegt, welches auch auf den Einfluss der Tataren zurückzuführen ist.
Eine morphologische Besonderheit stellt das reiche Kasussystem des Udmurtischen dar, eine morphophonologische Besonderheit ist, dass diese als agglutinierende Sprache nur über geringe Stamm und Suffixalternationen verfügt. (3)


PHONOLOGIE



#Abb. 21 Udmurtische Konsonanten

Der velare Nasal aus dem Proto-Udmurt ist aus den peripheren und südlichen Dialekten verschwunden.
Es existieren keinen langen Konsonanten, jedoch können durch Assimilation Geminaten an Morphemgrenzen entstehen. Alle Konsonanten können in allen Wortpositionen vorkommen.
Palatalisierte Plosive sind aber eher eine Seltenheit an der initialen Wortposition, postalveolare Affrikaten sind selten in der Wortmitte.
Kommen in einem Wort drei Konsonanten hintereinander vor, so muss einer dieser drei für gewöhnlich ein Liquid sein.


#Abb. 22 Udmurtische Vokale

Das Udmurtische Vokalinventar ist ident mit dem der Komi Schriftsprache. Im Suffix kommt kein hintervokalischer ungerundeter mittlerer Vokal vor, nur selten ein u, und o nur in bestimmten Verbsuffixen und im Pluralsuffix.

Zwei Vokale hintereinander sind selten, nur bei Morphemgrenzen.
z.B. korka-os ´Häuser´

Die Betonung liegt auf der letzten Silbengrenze. (3)


MORPHOLOGIE

Nominalformen und Deklination

Grundsätzlich können in der udmurtischen Sprache das Substantiv und das substantivische Adjektiv (und teilweise auch das Zahlwort) folgende Endungen aufweisen: Numeruszeichen, Kasussuffix und Possessivsuffix.

Das Numeruszeichen ist nur für den Plural interessant, nämlich die Endung -jos (nach einem Konsonanten) oder -os (nach einem Vokal), da kein eigenes Zeichen für den Singular existiert. Kasussuffixe gibt es 14, ergo 15 Fälle, nachdem der Nominativ kein eigenes Suffix besitzt. Im Vergleich zur zweiten permischen Sprache, Komi, hat das Udmurtische keinen Genitiv-Ablativ (sondern getrennt einen Genitiv und einen Ablativ), keinen Konsekutiv und keinen Prosekutiv; dafür hat es den in Komi fehlenden Adverbial. Die Kasussuffixe für die jeweiligen Fälle der absoluten bzw. unbestimmten Deklination im Singular lauten:

Nom. val ('Pferd')
Akk. valez (-ez, -jez)
Gen. vallen (-len)
Abl. valles' (-les') (Verwendung als Genitiv wenn Besitz im Satz gleichzeitig Objekt)
Dat. valli (-li)
Karit. valtek (-tek) (Bedeutung: 'los, ohne')
Adv. valja (-ja) (Bedeutung: nach der Art)
Inst. valen (-en, -jen, -in) (-in nur bei bestimmten Wörtern)
Appr. vallan' (-lan') (Bedeutung: 'in der Richtung')
In. -in
Ill. -e, -je
El. -is'
Tran. -eti, -jeti, -ti (Bedeutung: 'entlang, durch')
Term. -oz' (Bedeutung: 'bis')
Egr. -is'en (Bedeutung: 'von, seitens')

Lebewesen werden in der modernen udmurtischen Sprache in den letzten 6 Fällen nicht dekliniert. Die Allomorphe mit -j im Akkusativ, Instrumental, Illativ und Transitiv werden jeweils nach Vokalen verwendet. Die Deklination im Plural erfolgt grundsätzlich mit den selben Kasussuffixen (und vorherigem Pluralzeichen) außer in den Fällen Akkusativ, Instrumental, Illativ und Transitiv.

Die Funktion der Possessivsuffixe ist dieselbe wie in Komi: Einerseits haben sie besitzanzeigende Funktion, wichtiger ist jedoch die Determinierungsfunktion und fungieren sie in der 1. Person Singular als Vokativ. Die Reihenfolge Kasussuffix nach Possessivsuffix erfolgt im Akkusativ, Genitiv, Ablativ, Karitiv, Adverbial und Approximativ. In den übrigen Fällen ist es genau umgekehrt. Die Pluralität in der possessiven Deklination erfolgt im Grunde gleich der in der absoluten, nur dass hier die Endungen -jos und -os den Suffixen vorangehen, z.B.: valjosi 'meine Pferde'.

Adjektiv

Das Adjektiv per se unterscheidet sich morphologisch nicht von einem Nomen oder ist besonders gekennzeichnet, vielmehr wird es durch gewisse, dem Adjektiv eigenen, Prozesse ersichtlich, ob es sich um ein Adjektiv handelt. Ein Prozess davon ist die Steigerung der Adjektive. Diese erfolgt im Komparativ durch die Suffixe -ges und -gem. Der Superlativ kann entweder durch Partikel oder die Wiederholung des Stammes gebildet werden: s'ed 'schwarz', s'ed-s'ed 'schwärzer als schwarz'. Grundsätzlich werden sowohl Adjektive als auch Zahlwörter in ihrer attributiven Form nicht dekliniert; einzige Ausnahme ist hierbei wenn sie das Possessivsuffix -ez (3. Person Singular) erhalten und eine determinative Funktion innehaben.

Pronomen

Personalpronomen

Die Personalpronomen werden in Singular und Plural im Nominativ, Akkusativ, Genitiv, Ablativ, Dativ, Karitiv, Adverbial, Instrumental und Approximativ dekliniert, in den anderen Kasus jedoch nicht. 1. und 2. Person verfügen über 2 verschiedene Stämme (mon- und min-, ton- und tin- (Singular) bzw. mi- und mil-, ti- und til- (Plural) ) Auch dieses Kasussuffixe in diesen Personen erscheinen unregelmäßig. Die Deklination der 3. Person hingegen erfolgt wie die der Substantive.

Reflexivpronomen

Wie in Komi existieren auch hier die 3 Stämme as-, as'- und ac', auch ist die Unregelmäßigkeit der Kasussuffixe der, der Personalpronomen ähnlich.

Reziprokes Pronomen

Die Bildung des reziproken Pronomens erfolgt durch die Wiederholung des Wortes og ('eins') und den jeweiligen Possessiv- und Kasusendung. Dekliniert werden sie wie Substantive der possessiven Deklination. Beispiel: og-ogmili 'wir uns/einander'

Demonstrativpronomen

Attributive Demonstrativpronomen werden mit Ausnahme von taiz ('genau dieser') und soiz ('genau jener') (Deklinierung mit possessiver Deklination) nicht dekliniert. Werden sie jedoch als selbstständige Pronomen gebraucht folgen sie der Deklination von Substantiven

Interrogativ- und Relativpronomen

Sie werden wie Substantive dekliniert und können ebenfalls Possessivsuffixe angefügt bekommen.

Zahlwörter als Pronomen

Im Udmurtischen können Kardinalzahlen mit Possessivsuffixen als Pronomen gebraucht werden, auch ihre Deklination folgt jener der Substantive. Beispiel: ognazi 'sie allein'

Des Weiteren verfügt die udmurtische Sprache über Negativpronomen, indefinite Pronomen und allgemeine Pronomen.


Verben und Konjugation

Die udmurtische Sprache weist

  • 3 Modi (Indikativ, Imperativ und Konditional)
  • 4 Zeiten (Präsens, Präteritum, Perfekt und Futur)
  • 2 Zahlen (Singular und Plural)
  • 3 Personen
  • und kein Passiv auf.

Weiters verfügt Udmurt auch über nominale Verbformen:

  • 5 Partizipien
  • 5 Verbaladverbien

Konjugation

Die Konjugation im Udmurtischen erfolgt durch Trennung des Infinitivs von der Endung -ni, um schließlich die Stämme zu erhalten, die entweder auf -a oder -i enden. Je nachdem um welchen Stamm es sich handelt, wird das Verb in der 1. oder 2. Konjugation konjugiert; in diesen Formen können sich auch andere Stämme bilden.

Beispielkonjugation für die 1. Konjugation (i-Stamm) und 2. Konjugation (a-Stamm) im Aktiv Indikativ Präsens:

minini ('gehen') und das'ani ('bereiten')

Singular

1. minis'ko/das'as'ko
2. minis'kod/das'as'kod
3. mine/das'a

Plural

1. minis'kom/das'as'kom
2. minis'kodi/das'as'kodi
3. mino/das'alo

Die Negation erfolgt durch ein Negationsverb, das Person, Modus und Tempus des zu negierenden Wortes enthält.

Konjugation von 'sein'

Die Konjugation von 'sein' kann nicht mit der Konjugation wie bspw. im Deutschen verglichen werden, da nur folgende Formen existieren: van' ('ist, es gibt'), val, vilem ('war, waren') und evel ('ist nicht, nicht'). Hierbei erfolgt auch keine Unterscheidung nach Person oder Numerus.

Modus

Neben dem Indikativ sind im Udmurtischen der Imperativ und der Konditional vorhanden. Der Imperativ hat kein eigenes Zeichen und wird je nach Person und Zahl unterschiedlich gebildet. In der 2. Person Singular erscheint der bloße Verbstamm, in der 2. Person Plural die Suffixe e und le. Imperative der 3 Person werden mit dem Hilfspartikel med gebildet, für die 1. Person Plural bedient man sich der jeweiligen Futurform. Der Konditional ist am Zeichen - sal - erkennbar und ist gleichzeitig die Form für die Gegenwart als auch für die Vergangenheit: dišisal 'er würde lernen, er hätte gelernt'

Zeiten

In der udmurtischen Sprache können 4 verschieden Zeiten unterschieden werden:

  1. Präsens: kein besonderes Zeichen
  2. Präteritum: Zeichen i (1. Konjugation) und a (2. Konjugation)
  3. Perfekt: Zeichen -em. (wie auch das Partizip Perfekt)
  4. Futur: kein besonderes Zeichen

Mit Hilfe der Formen val und vilem ('war', siehe auch Konjugation von 'sein') können auch zusammengesetzte Zeiten gebildet werden.

Nominale Formen des Verbs

Partizipen

  1. Partizip Imperfekt Aktiv: vetlis' ('(ein) gehender', Endung: -is' oder -as') Negation: -is' + -tem
  2. Partizip Imperfekt Passiv: eskerono už ('ein nachzuforschender Fall', Endung: -ono oder -ano) Negation: -ontem oder -antem
  3. Partizip Imperfekt Aktiv und Passiv: gažamon ad'ami ('ein ehrenwerter Mann', Endung: -mon)
  4. Partizip Perfekt: istem ('abgesandt', Endung: -em oder -am) Negation: -mte
  5. Partizip Perfekt Passiv: s'ures tupatemin ('Der Weg ist ausgebessert', Endung: -min) Das Partizip Perfekt Passiv hat im Satz Prädikatfunktion!

Verbaladverbien

Im Udmurtischen existieren 5 verschiedene Verbaladverbien mit folgenden Endungen:

  1. -sa: s'erekjasa vetle 'er geht lachend'
  2. -tek: dirtitek liedz'e 'er liest nicht eilig' (Negation des erstgenannten Adverbs)
  3. -ku: z'eg araku 'zur Zeit der Roggenernte' auch in Verbindung mit Possessivsuffixen möglich
  4. -toz': žad'bitoz' biziz 'er lief bis zum müde werden'
  5. -mon: valamon veraz 'er sagte es verständlich' Dieses Adverb ist im Grunde mit dem 4. Partizip ident. (2)


SYNTAX

Wortfolge

Die Wortfolge im Udmurtischen ist Subjekt - (direktes Objekt - adverbiale Ergänzung) und Prädikat. Abweichungen von dieser Regel gibt es im interrogativen und exklamatorischen Satz.

Subjekt und Prädikat

Zunächst soll die Funktion des Subjektes näher beleuchtet werden: Als Subjekt kann jede Art von Nominalform im Satz verwendet werden. Das Subjekt ist stets im Nominativ, teils mit und teils ohne Personal- und Determinativsuffixe. Paarsubjekte müssen im Satz jedoch im Instrumental stehen. Auch der Infinitiv kann als Subjekt verwendet werden: 'Das Arbeiten mit dir ist sehr leicht.' Bei unpersönlichen Konstruktionen steht das Subjekt im Dativ: 'Kolya (im Dativ) musste zum Lehrer gehen.'

Bei den Prädikaten sind 2 Typen von einander zu unterscheiden und zwar verbale und nominale Prädikate. Verbale Prädikate stehen in Übereinstimmung mit dem Subjekt in Zahl, Person und Modus. Nominale Prädikate können Nomen, Adjektive, Numerale und adverbiale Ergänzungen sein, im Präsens meist in Verbindung mit einem Null-Kopula ton udmurt? 'Bist du ein Udmurte?' Im Präteritum wird für alle Personen das Wort val benutzt. Im Udmurtischen gibt es kein possessives habeo-Verb. Stattdessen wird der Besitzer meist in den Genitiv gesetzt und das Wort vanj ('sein, existieren') verwendet: pijelen kostjumez vanj ('Mein Sohn hat einen Anzug')

Objekte

Direkte Objekte können im Udmurtischen im Nominativ und im Akkusativ stehen. Indefinite Objekte sind stets im Nominativ, definite im Akkusativ. Direkte Objekte mit einem Personal- oder Definitsuffix sind stets als definite Objekte zu betrachten. Auch Infinitive können Objekte werden: tros medišjkod lešjtini 'Du möchtest viel erreichen'

Verbalnomina

Verbalnomina sind Infinitiv, Partizipien und Verbaladverbien (Gerundium). Diese können im Satz als selbstständige Nebensätze fungieren. Dort haben sie oft temporale oder kausale Funktion. Natürlich können auch mehrere verbalnominale Konstruktionen in einem Satz auftreten.

Des Weiteren verfügt das Udmurtische über zusammengesetzte Sätze (sowohl neben- als auch unterordnend) und eine indirekte Rede. (3)


Die ob-ugrischen Sprachen


Proto-ob-ugrisch


ALLGEMEIN

Das Proto-obugrische wurde nach der Trennung vom Ungarischen gesprochen, bevor sich die Sprache in Wogulisch (Mansisch) und Ostjakisch (Chantisch) aufteilte. Durch die bereits früh stattgefundene Trennung unterscheiden sich diese beiden Sprachen deutlicher voneinander als zum Beispiel die Permischen oder die Ostseefinnischen Sprachen. Sie haben jedoch auch Gemeinsamkeiten wie bestimmte Suffixmorpheme oder auch Syntaktische Strukturen. (3)


PHONOLOGIE


Die Betonung liegt zumeist auf der ersten Silbe.


#Abb. 23 Ob-ugrische Konsonanten


#Abb. 24 Ob-ugrische Vokale

Alle Vokale können kurz und lang vorkommen, das Vokalinventar ist ident mit dem Proto Chantischen, außer dem öö.
Eine Vokalharmonie existiert nur mehr in Südmansischen und Ostchantischen Dialekten. (3)


Die Mansische Sprache


ALLGEMEIN

Die Mansische Sprache ist aufgeteilt in Nord West Ost und Süddialekte.

Norddialekte:
Diese Gruppe von Dialekten ist stark geprägt vom Russischen, Nenzischen und von den Komisprachen. Besonders für diese Dialekte ist zum Beispiel die Gemination von intervokalischen Konsonanten, bestimme Vokale werden hintervokalisch (ä>a), Approximanten werden ersetzt durch laterale Frikative. Der Akkusativ ist gleich mit dem Nominativ.

Westdialekte:
Der Russische und der Komi Einfluss ist sehr groß, diese Dialekte sind kurz davor auszusterben. Besonderheiten sind der fehlende Dual und die Diphthongisierung bei langen Vokalen.

Ostdialekte:
Die Sprecher der Ostdialekte hatten nahen Kontakt zu Sprechern des Chantischen, ebenso bedeutend ist der Einfluss der Tataren. Die Vokalharmonie wurde in den Ostdialekten erhalten. Charakteristisch ist auch dasœœ, das ein Diphthong ist.

Süddialekte:
Auch hier existier noch eine Vokalharmonie sowie ein reichen Vokalinventar, der Dual ist verschwunden. Die Tataren hatten einen großen Einfluss auf die Südmansischen Dialekte. Die Betonung liegt auf der zweiten Silbe. (3)


PHONOLOGIE



#Abb. 25 Mansische Konsonanten

Alle Konsonanten können in allen Wortpositionen vorkommen, mit Ausnahme des velaren stimmhaften Frikativs und dem velaren Nasal, die nicht am Wortanfang stehen können.


#Abb. 26 Mansische Vokale

Wichtig im Mansischen ist die Quantität der Vokale, wie man an folgenden Beispielen sieht:
tur ´Stimme´ - tuur ´See´, oder sam ´Auge´- saam ´Region´

Weiters sind aber auch qualitative Unterschiede der Vokale von Bedeutung. Zum Beispiel ist ein kurzes o höher als ein langes oo. In den heute noch gesprochenen Mansischen Dialekten spielt der Zusammenhang von vorderen und hinteren Vokalen keine Rolle.
Im den heutigen mansischen Dialekten existiert keine Vokalharmonie mehr, außer im südlichen Tavdadialekt. (3)


MORPHOLOGIE

Nominalformen und Deklination

Grundsätzlich weist das Substantiv in der mansischen Sprache folgende Endungen auf: Numerus-, Kasus- und Possessivsuffix.

Die Numerussuffixe sind nur für Dual und Plural interessant, da für den Singular kein Suffix existiert. Der Dual ist an den Suffixen -y und -ey, der Plural an den Suffixen -t und -et erkennbar, wobei sich die erste Variante jeweils an vokalisch auslautende Stämme anschließt und zweitere an konsonantisch auslautende. Das Mansische verfügt über 7 Kasus.
Beispieldeklination des Wortes kum ('Mann') in der absoluten Deklination (Singular - Dual - Plural)

Nom. kum - kumey - kumet
Akk. kumen/kumne - kumeyne - kumetne
Lat. kumen/kumne - kumeyne - kumetne
Lok. kumte - kumeyte - kumette
Abl. kumen/kumne - kumeyne - kumetne
In. kumel - kumeytel - kumettel
Tran. kumey - / - /

Der Ablativ wird nur noch selten gebraucht, stattdessen bedient man sich der Postposition poål. Neben der absoluten Deklination existiert für Singular und Plural auch noch die Deklination mit dem Kollektivsuffix, welches eine dem Komitativ ähnliche Bedeutung und wird bei Verwandschaftstermini verwendet.

Auch in der possessiven Deklination gibt es Singular-, Dual- und Pluralformen (welche für singularen, dualen und pluralen Besitz stehen), jedoch nicht immer mit Kasusendung. Beispiele für letzteres: oåmpeenne ('zu seinen Hunden'). Grundsätzlich ist die Reihenfolge der Suffixe erst Numerus-, dann Possessiv- und schließlich Kasussuffix.

Adjektiv

Grundsätzlich ist die Unterscheidung zwischen Substantiv und Adjektiv im Mansischen nicht immer leicht, weil beide auch als Wort der jeweils anderen Kategorie fungieren können. Jedoch sprechen einige Fakten für das Adjektiv als Wortart in der mansischen Sprache:

  1. Ableitungssuffixe, die attributive Wörter erzeugen
  2. Die Kardinalzahlen 1 und 2 haben sowohl substantivische als auch adjektivische Varianten, die Zahl 3 benötigt für die Verwendung als Substantiv das einem Ableitungssuffix ähnlichem kar ('Sache, Ding, Wesen')
  3. Adjektive können im Mansischen gesteigert werden

Der absolute Komparativ kann sowohl durch das Partikel n'üw als auch durch das Adverb eerey ('sehr, mehr') gebildet werden. Für den relativen Komparativ sind 2 Nomen, eines, dass durch ein Ablativsuffix oder die Postposition num-poål erweitert wird und eines, mit dem das erweiterte Nomen verglichen wird, sowie das Adjektiv in seiner Grundform: jüwne tun's'en, pumne teelk ('höher als ein Baum, niedriger als Gras'). Es existiert kein formaler Superlativ, dieser wird durch Umschreibungen ausgedrückt.

Pronomen

Personalpronomen

Die Personalpronomen können im Nominativ, Dativ und Akkusativ dekliniert werden, wobei die beiden letzteren miteinander verschmolzen sind. Für die übrigen Fälle gilt, dass die Deklination im Ablativ nicht mehr existiert und im Lokativ, Komitativ und Instrumental die Kasussuffixe durch postpositionale Wendungen ersetzt wurden: am poålem 'von mir'
Weiters verfügt das Mansische auch über verstärkte Personalpronomen.

Demonstrativpronomen

Die Demonstrativpronomen lauten t'i ('dieser'), te ('jener') und ton (ebenfalls 'jener'), durch Kasussuffixe werden die Demonstrativpronomen zu Adverbien.

Weiters besitzt das Mansische Interrogativ- und Relativpronomen, Indefinitpronomen und allgemeine Pronomen.


Verben und Konjugation

Die mansische Sprache weist

  • 4 Modi (Indikativ, 2 Imperative und Optativ)
  • 2 Zeiten (Präsens-Futur und Präteritum)
  • 3 Zahlen (Singular, Dual und Plural)
  • 3 Personen
  • aktive und passive Formen auf.

Weiters verfügt Mansisch auch über nominale Verbformen:

  • Infinitiv
  • 4 Partizipien
  • Verbaladverb

Konjugation

Das Verb im Mansischen weist folgende Struktur auf: Stamm + Modussuffix + Genussuffix + (Objektivsuffix +) Personalendung
Ist ein Genussuffix vorhanden, so kann kein Objektsuffix vorliegen, selbes gilt teilweise auch für Tempus- und Modussuffixe als auch Tempus- und Genussuffixe. Es sind zwei verschiedene Konjugationsarten voneinander zu unterscheiden: subjektive bzw. indeterminierte und die objektive bzw. determinierte Konjugation, diese beziehen sich stets auf das Objekt, welches in bestimmter Form an der Zahl des Verbs erkennt werden kann. (2)

Für die indeterminierte Konjugation Aktiv Indikativ Präsens lauten die Personalsuffixe wie folgt:

Singular

1. -eyem
2. -eyen
3. -i

Dual

1. -imen
2. -eye/en
3. -ey

Plural

1. -ew
2. -eye/en
3. -eyet

Die meisten Stämme in der 1. und 2. Person stammen ursprünglich von Personalpronomen ab, die 3. Person Singular beispielsweise jedoch vom nicht produktiven Partizip Imperfekt. In der determinierten Konjugation sind nicht nur Zahl und Person, sondern auch die Zahl der direkten Objekte vorhanden, weshalb 3 mal so viele Formen wie in der indeterminierten vorkommen, Zeiten und Modi sind jedoch die gleichen. (3)

Modus

Die mansische Sprache verfügt über 4 verschiedene Modi:

  1. Indikativ (keine eigene Endung)
  2. absoluter Imperativ Aktiv (keine eigene Endung) und Passiv (Endung: n o k o)
  3. Imperativ Clemens (Endung: k)
  4. Optativ (Endung: -n)

Die Formen des Imperativs im Aktiv weisen kein Modus- oder Tempussuffix auf, die passiven Formen verfügen nur über ersteres. Beim absoluten Imperativ lässt sich bei der indeterminierten Konjugation in der 2. Person Singular der Befehl auch durch den bloßen Stamm bilden. In der 3. Person wird meist das Partikel puššaj herangezogen. Der Imperativ Clemens ist eher selten gebräuchlich: telepalkeet! 'Möge es entstehen!'

Ein formaler Konditional existiert nicht, jedoch gibt es Mittel um konditionale Handlungen im Mansischen auszudrücken:

  1. Konditionales Partikel
  2. Konditionales Partizip
  3. indikative Verbalformen

Zeiten

In der mansischen Sprache können 2 verschieden Zeiten unterschieden werden:

  1. Präsens-Futur (Endung im Aktiv: -j oder -y verschmelzen meist mit Umgebung; der Passiv hat keine eigene Endung)
  2. Präteritum (Endung: -s)

Passive Verbalformen erhalten im Präteritum ein Tempussuffix, nicht jedoch im Präsens.

Nominale Formen des Verbs

Partizipen

  • Partizip Präsens: -ne oder -n (minne 'gehend')
  • Partizip Präteritum: -em oder -m (minem 'gegangen')

Die beiden ersten Partizipien können auch Possessiv- und Kasussuffixe erhalten und gemeinsam mit Postpositionen kombiniert werden. Das Partizip Präsens steht für Gleichzeitigkeit, das Partizip Präteritum für Gleichzeitig- oder Vorzeitigkeit.

  • Konditonales und Temporales Partizp: -ke oder -kee (immer mit Personalendung! olkem 'wenn ich wäre')
  • Negationspartizip: -tal oder -toål, entspricht Abessivsuffix

Verbaladverb

Gerundium: -em oder -m
Phonetisch betrachtet entspricht das Gerundium dem Partizip Präteritum, im Satz tritt es jedoch stets ohne Possessivsuffix auf: jerrem os ta mini j 'wieder fährt er dann singend'


Wortbildung

Auch im Mansischen erfolgt die Wortbildung entweder durch Derivation mittels Ableitungssufixen oder Komposition.

Derivation

Die Ableitunssuffixe können einfach oder zusammengesetzt sein und meist sowohl denominale als auch deverbale Derivationen erzeugen:

Nomen:

enj: neemejn 'namhaft' (von neem 'Name') als auch tun's'enj 'hoch' (von tun's'- 'stehen')

Verben:

ej: worej- 'jagen' (von wor 'Wald') als auch almej- 'nehmen' (von alm- 'heben, tragen')

Komposition

Bei der Komposition sind zwei Typen zu unterscheiden:

  1. unterordnend: koåt-peet'et 'Handfläche'
  2. nebenordnend: luw-seyr 'Vieh' (wörtlich: 'Pferd-Kuh')


Partikel

Postpositionen

Bei den Pospositionen sind im Mansischen drei Gruppen voneinander zu unterscheiden:

  1. ohne Kasussuffix: moš 'bis', moås 'über, nach, für, wegen'
  2. mit (historischem) Kasussuffix: wujel 'von, an, seit, nachdem während', kojtel 'wie, nach Art' mit dem Instrumentalsuffix -el
  3. zusammengesetzte Postpositionen mit "Kasusträger" poål ('aus, von'): wüt'ker-poåal 'aus dem Wasser'

Auch Postpositionen können Possessivsuffixe erhalten, die Reihenfolge dabei ist in den lokalen Fällen Kasussuffix nach Possessivsuffix, in den übrigen genau umgekehrt.

Adverbien

Das Mansische verfügt über sehr viele Adverbien, bezüglich der Arten kann man (u.a.) folgende Gruppen bilden:

  1. Adverbien mit charakteristischen Suffixen: kum 'wie', kuml'e bzw. kun' 'wann, kun't 'seit langem' (ku- und ko-)
  2. Adverbien aus Adverbial- oder Substantivstämmen: wutte 'zur Tür', wuttel' 'nach der Tür', wutten 'an der Tür'
  3. Lokaladverbien als Verbalpräfixe (Richtung oder Perfektivität der Handlung): jüw 'hinaus, nachhause' tew teste j 'sie aß ihn auf'
  4. Denominale suffigierte Adverbien: kotlen's' 'von Osten nach Westen', iten's' 'von Westen nach Osten

Partikel (im engeren Sinne)

  • Verstärkungspartikel: pel 'auch sogar'
  • Konditionalpartikel: ke oder kel 'wenn', werden an Prädikat bzw. Negationspartikel angefügt
  • Verneinungspartikel: wul (Verneinung für Imperativ), at (Verneinung für Indikativ), at' (doppelte Verneinung), oåt'(e) (selbstständiger Verneinungssatz) (2)


SYNTAX


Die Satzordung im Mansischen ist üblicherweise SOV, das Prädikat steht am Satzende.
Verbale Nominale stehen oft in Nebensätzen.

Subjekt - Prädikat:

Das Subjekt ist im Normalfall ein Substantiv, es kann aber auch anderes Nominal, ein Infinitiv oder ein Partizip sein. Im Mansischen gibt es keine Artikel. Definitheit und Indefinitheit wird klar durch den Kontext.

Beispiel:
nee juunt-i ´eine Frau näht´ oder ´die Frau näht´

Auch das Suffix in der 3. Person kann Definitheit ausdrücken.

Beispiel:
nee-tee juunt-i ´die/seine Frau näht´

Das Prädikat ist meistens verbal, es sind aber auch nominale Prädikate üblich.

Direkte Objekte:

Direkte Objekte stehen, in Falle eines Substantivs, im Nominativ und im Akkusativ, wenn es sich um ein Pronomen handelt. Die Definitheit wird bestimmt durch den Kontext, oder von dem Personalsuffix des Substantivs und/oder der definiten Endung des Verbs. Auch Objekt in der 1. und in der 2. Person können definit sein.

Beispiel:
eerapti-lan ´Ich liebe dich´

Adverbiale:

Adverbialbestimmungen können aus Adverbien, Substantiven mit Kasussuffix oder Postpositionen bestehen
Adverbialfunktionen der Fälle:
Nominativ: drückt zeitliche Zusammenhänge aus
Lokativ: nimmt Bezug auf die Örtlichkeit
Lativ: Bewegung zu einem Ort
Elativ/Ablativ: Bewegung zu einem Ort und Prolative Funktion
Instrumental: Mittel (wodurch) und Begleitung
Translativ/Essiv: Resultate, wie Dinge sich ändern

Habeokonstruktion:

Im Gegensatz zu den meisten anderen uralischen Sprachen existiert in Mansischen, so wie auch im Chantischen ein Verb dessen Bedeutung ´haben´ist.

Beispiel:
taw saali, aamp oon(j)s(j)-i ´Er/sie hat ein Rentier (und) einen Hund´

Negation:

Eine Negation wird gebildet mit dem Negationspartikel -at. Die Verneinung einer Anwesenheit wird gebildet mit dem Prädikativ -aat(j)im, das mit dem Subjekt in Numerus übereinstimmt.

Beispiel:
na(ng) ooma-n tit aat(j)im ´Deine Mutter ist nicht hier´

na(ng) ooma-n tit aat(j)im
PP Sg.2. Pers. MUTTER Sg. 2.Pers. HIER NICHT EXISTENT

Verbote werden ausgedrückt mit dem Partikel -ul.

Verbindung von Sätzen:

Im Mansischen werden Sätze üblicherweise asyndetisch verbunden. Es gibt wenige ursprüngliche Konjunktionen (-os - ´und, auch´, -man - ´oder´), die Mehrheit kommt aber aus dem Russischen. (3)


Die Chantische Sprache


ALLGEMEIN

Die Chantische Sprache wird unterteilt in zwei Hauptgruppen, die Ost- und die Westdialekte.

Die Ostdialekte sind wiederum unterteilt in:
Fernöstlicher Dialekt (Vach, Vasjugan)
Surgut ( Jugan, Malij Jugan, Pim, Likrisovskoe, Tremjugan, Tromagan)
Der Vartovskoe Dialekt steht zwischen diesen beiden Hauptgruppen.

Die Westdialekte sind unterteilt in:
Süd ( Demjanka, Konda, Cingali, Krasnojarsk)
Nord (Synja, Muzhi, Shurishkar, Kazym)
Zwischen diesen beiden Dialekten stehen noch der Sherkal und der Nizyam Dialekt.
Die Süddialekte sind bereits ausgestorben.
In den Ostdialekten Vach, Vasjugan und Tremjugan existiert auch heute noch eine Vokalharmonie. (3)


PHONOLOGIE


Die Betonung im Chantischen liegt meist auf der ersten Silbe.


#Abb. 27 Chantische Konsonanten

Die Palatalisierten Konsonanten sind ident mit denen der proto-Uralischen. Eine Eigenheit der Surgut Dialekte ist das labiale Konsonanten, welchen ein vokal vorangeht ein velarer Konsonant folgt.


#Abb. 28 Chantische Vokale

Besonders in nicht ersten Silben werden Vokale kurz ausgesprochen. (3)


MORPHOLOGIE

Nominalformen und Deklination

Grundsätzlich weist das Substantiv in der chantischen Sprache folgende Endungen auf: Numerus-, Kasus- und Possessivsuffix. Ähnlich der mansischen Sprache existiert auch im Chantischen eine absolute und eine possessive Deklination. Substantive können nach 3 Numeri (Singular, Dual und Plural) und 10 Fällen dekliniert werden. Nachstehend eine Beispielkonjugation für das Wort kåt ('Haus') in der absoluten Deklination (nur Singular):

Nom. kåt
Lat. kåta (-a oder )
Lok. kåtne (-ne oder -ne)
Abl. kåti (-i oder -i)
Appr. kåtnam (-nam oder -näm)
Inst. kåtat (-at oder -ät)
Kom. kåtnat (-nat oder -nät)
Tran. kåtye (-ye oder -ye)
Exp. kåtepti (-pti oder -pti)
Ab. kåtey (-ey oder -ey)

Bei der possessiven Deklination verdreifachen sich die Formen, weil auf jede Form ein singularer, dualer oder pluraler Besitz entfallen kann.

Adjektiv

Wiederum ist die Unterscheidung von Substantiv und Adjektiv nicht immer leicht, weil ein und dasselbe Wort als Form beider Kategorien erscheinen kann. Folgende Argumente sprechen jedoch für die Existenz des Adjektivs als eigene Wortform:

  1. Existenz von Ableitungssuffixen, aus denen meist attributive Formen entstehen, z.B.: ep/ep: koy optep ko 'langhaariger Mann' von opet 'Haar'
  2. nicht alle substantivischen Kasussuffixe können am Adjketiv angefügt werden, sondern lediglich der Lokativ und Translativ
  3. Adjektive lassen sich im Chantischen steigern

In der Stufe des Komparativ gibt es zwei Möglichkeiten: Einerseits die relative Komparation, also den Vergleich mit dem Wort kin't'ä. (z.B.: 'Mein Hund ist größer als dein Hund'). Andererseits ist auch Komparation mit Hilfe des absoluten Komparativs möglich, dazu wird entweder das Suffix em/em oder das Verstärkungspartikel cek/cek, welches hinter das Adjektiv zu stellen ist, verwendet. Für den Superlativ stehen die Partikel mätä und pi zur Verfügung: neyoi-pi 'der Weißeste'

Pronomen

Personalpronomen

Personalpronomen können im Chantischen in 11 Fällen dekliniert werden: Im Gegensatz zur substantivischen Deklination fehlt ihnen der Expletiv, dafür verfügen sie zusätzlich über einen Akkusativ und einen Dativ. Auch das Chantische verfügt über verstärkte Personalpronomen, die mit e erweitert werden, z.B.: 'ich' und mäne 'ich selbst'

Demonstrativpronomen

Demonstrativpronomen können folgende Eigenschaften aufweisen: hier/dort, konkret bzw. sichtbar/ungenau bzw. unsichtbar, fern gelegen/nahe gelegen, attributiv/nicht attributiv

Weiters verfügt das Chantische über Interrogativpronomen, Indefinitpronomen und allgemeine Pronomen.


Verben und Konjugation

Die chantische Sprache weist

  • 2 Modi (Indikativ und Imperativ)
  • 3 Zeiten (Präsens-Futur, Perfekt und Imperfekt)
  • 3 Zahlen (Singular, Dual und Plural)
  • 3 Personen
  • aktive und passive Formen auf.

Weiters verfügt Chantisch auch über nominale Verbformen:

  • Infinitiv
  • 4 Partizipien
  • Verbaladverb

Konjugation

Das Verb im Chantischen weist folgende Struktur auf: Stamm + Tempussufix + (Genussuffix oder Objektivsuffix +) Personalendung
Es sind zwei verschiedene Konjugationsarten voneinander zu unterscheiden: subjektive bzw. indeterminierte und die objektive bzw. determinierte Konjugation, diese beziehen sich stets auf das Objekt, dessen Zahl sich an der Form des Verbs erkennen lässt. Für instransitive Verben wird stets nur die indeterminierte Konjugation verwendet. Nachstehend zunächst die Konjugation des Verbs we, wej- 'nehmen':

Aktiv Indikativ Präsens - indeterminierte Konjugation:

Singular

1. wevem
2. weven
3. wev

Dual

1. wevmen
2. wevten
3. wevyen

Plural

1. weveyo
2. wevtey
3. wevt

Modus

Die chantische Sprache verfügt über 2 Modi:

  1. Indikativ
  2. Imperativ

Für die Bildung des Imperativs gilt Folgendes:

  • in der 2. Person: lediglich Endung auf den Vollvokal
  • in der 1. und 3. Person aktiv: Vollvokal + Personalendung + at/ät
  • in der 1. und 3. Person passiv: mos/mus ... at

Für Konditional und Konjunktiv gibt es formal keine eigenen Formen, diese können jedoch durch Umschreibungen und Partikel gebildet werden.

Zeiten

In der chantischen Sprache können 3 verschieden Zeiten unterschieden werden:

  1. Präsens-Futur (Zeichen: v)
  2. Perfekt (kein eigenes Zeichen)
  3. Imperfekt (Zeichen s)

Der Unterschied zwischen Perfekt und Imperfekt besteht darin, dass bei Handlungen, die im Imperfekt stehen, die Effekte noch bis in die Gegenwart reichen; der Perfekt steht jedoch für eine vollkommen abgeschlossene Handlung, die keinerlei Bezug mehr zur Gegenwart hat.

Nominale Formen des Verbs

Partizipen

Folgende Partizipien sind im Chantischen vorhanden (wie auch schon im Mansischen):

  • Partizip Präsens: -te oder -te (avte 'schlafend, liegend')
  • Partizip Präteritum: Beispiel ist noch einzufügen

Die beiden ersten Partizipien können auch Possessiv- und Kasussuffixe erhalten und gemeinsam mit Postpositionen kombiniert werden. Das Partizip Präsens steht für Gleichzeitigkeit, das Partizip Präteritum für Gleichzeitig- oder Vorzeitigkeit.

  • Konditionales Partizip: -nj (erscheint nur in Verbindung mit einem Possessivsuffix und teilweise auch mit Postpositionen: nönj menna pirney 'nachdem du weggegangen warst') Das konditionale Partizip ist funktional ein finites Verb im Präsens.
  • Negationspartizip: vey oder vey (entspricht Abessivsuffix, meist mit Possessiv- und Kasussuffix)

Verbaladverb

Gerundium: min oder min (stets ohne Possessiv- und Kasussuffix)


Wortbildung

Im Chantischen gibt es 3 Möglichkeiten zur Bildung neuer Wörter: Derivation, Komposition und Vokalwechsel ohne Ableitungssuffix.

Derivation

Die Ableitunssuffixe können einfach oder zusammengesetzt sein und meist sowohl denominale als auch deverbale Derivationen erzeugen:

Nomen:

i: koni 'Bauchfleisch' (von kon 'Bauch') als auch kavi 'Verstorbener, Kadaver' (von kav- 'sterben')

Komposition

Bei der Komposition sind zwei Typen zu unterscheiden:

  1. unterordnend
  2. nebenordnend


Partikel

Postpositionen

Bei den Pospositionen sind im Mansischen drei Gruppen voneinander zu unterscheiden:

  1. ohne Kasussuffix: iti 'wie'
  2. Substantive als Postpositionen: köt ('Zwischenraum') kötä ('zwischen')
  3. Bildung von Substantiven mit dem Suffix pi, die dann schließlich als Postpositionen verwendet werden

Auch Postpositionen können Possessivsuffixe erhalten.

Adverbien

Die Adverbien des Chantischen stammen entweder aus interrogativpronominalen, demonstrativpronominalen, Adverbial- oder Nominalstämmen und erhalten je nach Funktionsweise entsprechende Kasusendungen. Bei Lokaladverbien sind stets 3 Formen vorhanden (Wohin? Wo? Woher?), damit bilden sie jedoch eine Ausnahme. Solche Lokaladverbien können Verben auch ein richtungsweisende bzw. perfekte/abgeschlossene Wirkung verleihen.

Partikel (im engeren Sinne)

  • Verstärkungspartikel
  • Konditionalpartikel
  • Fragepartikel: a oder ä
  • Partikel der Lokaladverbien (mit Kasussuffix):ye oder ye
  • Verneinungspartikel: ente, entem, äv

Die Partikel ente und äv stehen immer vor dem zu verneinden Satzteil bzw. kann ente auch selbstständig verwendet werden. (2)


SYNTAX


Im Chantischen existieren im Wesentlichen drei Satzarten:

  • Aktivsätze: Der Agens steht im Nominativ, der Patiens des Subjekts steht auch im Nominativ und der Patiens des Pronomens steht im Akkusativ. Das Verb hat aktive Suffixe.
  • Ergativsatz: Der Agens steht im Lokativ, beim Patiens verhält es sich wie in den Aktivsätzen, und auch das Verb hat wieder aktive Suffixe.
  • Passivsatz: Der Agens und der Patiens sind ident zum Ergativsatz, nur das Verb hat passive Suffixe.

Ein Passivsatz ist somit immer klar erkennbar, da das Verb eine passive Morphologie besitzt.
In einer Nominalphrase kann das Subjekt weggelassen werden, wenn diese durch den Kontext
verständlich ist. Die einzige formale Unterscheidung von Aktiv und Ergativsätzen ist das
Subjekt. Steht der Agens in der 3. Person, ist es meist ein Ergativsatz.

Komitativ und Instruktiv werden beide als Instrumentalfälle verwendet. Der Komitativ wird
verwendet um eine Begleitung auszudrücken, der Instruktiv drückt auch die Übertragbarkeit
des Agens zum Nutzen des Patiens aus.

Nominalphrase:

Die einzelnen Komponenten einer Nominalphrase müssen nicht kongruent sein, außer es
handelt sich um eine Zahl größer als eins, dass wird das Substantiv angepasst. Unveränderte
Substantive können einfach aneinander gereiht werden.
In Possessivkonstruktionen ist der Besitzer unmarkiert und der Besitz steht in der 3. Person.

Negation:

Die Negation wird gebildet mit einem Negationspartikel. Verbote werden gebildet mit einem
Partikel und dem Imperativ. Im Trj Chantischen gibt deutliche Verbotsformen in allen
Personen und Numeralen. (3)


Die samojedischen Sprachen



ALLGEMEIN

Das Protosamojedische zerteilte sich in sechs unabhängige Sprachen.

Nordsamojedisch oder Tundrasamojedisch
Nganasanisch
Nenzisch
Enzisch

Südsamojedisch
Selkupisch (Taigasamojedisch)
Kamassisch (Bergsamojedisch)
Matorisch (Bergsamojedisch)

Das Protosamojedische war eine agglutinierende Sprache.

Nur vom Nenzischen existiert eine gut dokumentierte Schriftsprache. (3)


PHONOLOGIE


Proto-Samojedisch:


#Abb. 29 Samojedische Konsonanten

Der Konsonant r kann nicht an Anfang eines Wortes stehen, dies gilt auch noch für die heutigen Samojedischen Sprachen. Nur wenn vorkommt l können Konsonantenhäufungen vorkommen. Auch ng kann nicht am Wortanfang stehen.


#Abb. 30 Samojedische Vokale

Zusätzlich der reduzierte Vokal ø
In der ersten Silbe ist jeder Vokal möglich vor dem reduzierten Vokal zu stehen. Zwei reduzierte Vokale können nicht hintereinander vorkommen.
Im Nganasanischen existiert noch eine Vokalharmonie, ähnliche Phänomene finden sich im Nenzischen und im Enzischen. Dies setz voraus, dass auch im Proto-Samojedischen eine Vokalharmonie existiert hat, nämlich eine palatal-velare, die jedoch Ausnahme aufzuweisen hatte.
kalä ´Fisch´ (3)


Nenzisch:


#Abb. 31 Nenzische Konsonanten

Palatale Konsonanten sind mit Cy markiert.
Ist im Suffix der letzte Buchstabe ein y wird der vorhergehende Konsonant palatalisiert.


#Abb. 32 Nenzische Vokale

Alle diese Vokale besitzen zwei Allophone, ein vorderes wenn dem Vokal ein konsonant vorausgeht und ein hinteres wenn vorher ein nicht palataler Konsonant steht. (3)


Selkupisch:


#Abb. 33 Selkupische Konsonanten

Stimmlose Plosive und Frikative werden normalerweise stimmhaft realisiert wenn sie zwischen zwei Vokalen stehen. Nicht palatale Konsonanten werden oft palatalisiert wenn sie einem gespannten Vordervokal vorausgehen


#Abb. 34 Selkupische Vokale

Lockere Vokale können nach dentalen Lauten folgen, jedoch keine gespannten Vokale. Lockere Vokale haben eine niedrigere Zungenhöhe und eine weniger gespannte Artikulation. Lange Vordervokale und oo werden in offenen Silben diphthongisiert. (3)


Nganasanisch:


#Abb. 35 Nganasanische Konsonanten

Ein Glottisstop kommt in der Wortmitte vor nach einem vokal oder als Pause in der Artikulation. Ein b zwischen zwei Vokalen wird als stimmhafter Frikativ ausgesprochen.


#Abb. 36 Nganasanische Vokale

Die Vokale e und u kommen nur in ersten Silben vor, stehen sie nicht in der ersten Silbe werden sie phonologisch mit einem mit dem ungerundeten, mittleren Hintervokal realisiert. Vordervokale kommen nie in der ersten Silbe vor, wenn ihnen ein dentaler Laut vorausgeht. Die Vokale i, u und der ungerundete, mittlere Hintervokal kommen nicht in der ersten Silbe nach palatalisierten Lauten vor. (3)


Kamassisch:


#Abb. 37 Kamassische Konsonanten

Die stimmlosen Plosive werden stark aspiriert.


#Abb. 38 Kamassische Vokale

Das Kamassische verfühte über eine tonale (wie im Finnischen)und eine seriale (duch den türkische Einfluss) Vokalharmonie. (3)


MORPHOLOGIE

Das Nenzische

Nominalformen und Deklination

Die nenzischen Nomina besitzen eine 4-fache Flexion:

  • die absolute Deklination
  • die possessive Deklination
  • die prädestinierende-possessive Deklination
  • die prädikative Verwendung der Nomina

Die absolute Deklination des Substantives hat 7 Kasus:

  • Nominativ
  • Genetiv
  • Akkusativ
  • Dativ
  • Lokativ
  • Ablativ
  • Prosekutiv

Neben der Einzahl und Mehrzahl gibt es im Jurakischen noch die Kategorie des Duals!

Die Possessivsuffixe bezeichnen Besitzverhältnisse in allen Personen und Numeri:

Stammtyp 1
Sg1= -w, -mi
Sg2= -r
Sg3= -da
Du1= -mi
Du2= -ri
Du3= -d´i
Plu1= -wa
Plu2= -ra
Plu3= -do

Stammtyp 2
Sg1= -mi
Sg2= -l
Sg3= -ta
Du1= -mi
Du2= -l´i
Du3= -t´i
Plu1= -ma
Plu2= -la
Plu3= -to

Diese Pluralsuffixe gelten für den Nominativ!

Die possessive Deklination kann nicht nur die Zahl des Besitzers, sondern auch die Zahl des Besitzes ausdrücken. Als Suffix des Dualbesitzes wird das
Zeichen kaju zwischen den Stamm und Pluralsuffix gebraucht.

Der Pluralbesitz wird dagegen nicht mit eigenem Suffix angegeben, sondern mittels des Pluralstammes. Beispiel für den Ausdruck des Dual- und Pluralbesitzes:

wen-kaju-ni / meine zwei Hunde
wen-kaju-d / deine zwei Hunde

Die prädestinierende-possessive Deklination ist für die nordsamojedischen Sprachen eine spezifisch eigentümliche Kategorie, die durch Nebeneinanderstellung verschiedener konstanter und mobiler Suffixe ins Leben gerufen ist. Der morphologische Aufbau kann folgendermaßen symbolisiert werden:

B + Px3Sg + Cx (Nom,Akk,Dat) + Px (Sg1-3,Pl1-3)

Mit B wird hier die Basis (der Wortstamm) bezeichnet. B + PxSg3 sind die konstanten Elemente des komplexen Morphems, während die nachfolgenden Cx- und Px-Module des Gebildes beliebig oder nach Bedarf gewählt werden können. Die Funktion dieser Deklinationsart ist die Bezeichnung des Verhältnisses zwischen Besitzer und Subjekt des Prädikats, bzw. die Regelung der Person und Zahl des (direkten oder indirekten) Objektes im Satze. Diese Art der Deklination kommt nur im Nominativ, Akkusativ und Dativ vor und ihre wichtigsten Morpheme lauten:

Nominativ
Sg1: -dami, -düw
Sg2: -dar
Sg3: -dada

Akkusativ
Sg1: -dami, -düw
Sg2: -damt, -damd
Sg3: -damta, -damda

Dativ
Sg1: -dan, -dani
Sg2: -dant, -dand
Sg3: -danta, -danda

Was nun die prädikative Verwendung der Nomina betrifft, so handelt es sich hier um eine gelegentliche Verbalisierung des Nomens. Diese Erscheinung kann nicht nur aus den nord- und südsamojedischen Sprachen, sondern auch aus anderen nordeurasischen Sprachen belegt werden.

Die Pronomina sind sehr mannigfaltig. Unter ihnen findet man sehr alte, und ganz junge, sekundär entwickelte Formen. Die Demonstrativpronomina, Interrogativ-, Indefinitivpronomina werden wie die Substantiva dekliniert. Die Deklination der Personalpronomina erfolgt durch Suppletivismus. Die Personalpronomina lauten, wie folgt:

Singular: 1.Person= man 2.Person= pidar 3.Person= pida
Dual: 1.Person= mani 2.Person= pidari 3.Person= pid´i
Plural: 1.Person= mana 2.Person= pidara 3.Person= pido

Im Nenzischen gibt es eine Unmenge von Adverbien, die eigentlich als defektive Substantivformen, oder als verschiedene Kasusformen der Pronomina und anderer Hifswörter zu beurteilen sind.

Bindewörter gibt es in dieser Sprache nicht, oder nur sehr wenige, da die untergeordneten Sätze anderer Sprachen hier durch Anwendung partizipialer Konstruktionen aufgebaut werden. Daraus folgt die Wichtigkeit der infinten und partizipalen Suffixe. Die häufigsten Partizipialsuffixe sind:

  • Partizip Imperfekt -na/-ta (z.B. min-ta/der gehende)
  • Partizip Perfekt -wi/-mi (z.B. mi-mi/der gegangene)
  • Partizip Perfekt Negativum -wadawej/-madawej (z.B. mi-madawej/der noch nicht gegangene)
  • Partizip Instans -wanda/-manda (z.B. mi-manda/der gehen werdende)

Verben und Konjugation

Bei den Verben unterscheidet man ebenso zweierlei Stammtypen, wie bei den Nomina. Die Verbalsuffixe sind aber in beiden Stammtypen der gleichen Lautform, nur bei der Ankopplung der Verbalsuffixe zum Stamm treten verschiedene morphonematische Alternationen in verschiedenen Stammtypen auf. Die jurakischen Verba sind entweder intransitiv, transitiv oder reflexiv. Die transitiven Verba kennen zwei Konjugationsarten, die determinierte und die indeterminierte, die in ihren Verbalsuffixen verschieden sind. Intransitive Verba können nur indeterminierte Verbalsuffixe annehmen, während die reflexiven Verba wieder eigene Verbalsuffixe aufweisen. Somit gibt es praktisch 3 Konjugationsarten, welche nicht nur semantisch bedingt sind, sondern auch durch ihre Endungen unterschieden werden können.

Der Ausdruck der temporalen Verhältnisse ist nicht einfach, ungeachtet der Tatsache, dass es im Nenzischen nur ein einziges Tempuszeichen, das Präterialsuffix -s vorkommt. Die finiten Formen des Verbs, die kein Tempussuffix aufweisen, werden in der Fachliteratur Aorist genannt. Der Aorist bedeutet in dieser Sprache, dass das Tempus unbestimmt ist, somit kann ein Verb im Aorist entweder eine sich vollziehende Handlung, oder eine soeben vollzogene Handlung bezeichnen.

Die Gegenwart momentaner Zeitwörter wird mit Hilfe von kontinuativen, iterativen, frequentativen Bildungssuffixen ausgedrückt. Desgleichen können auch durative Verba mit verschiedenen Bildungssuffixen versehen werden, wodurch ihre ursprüngliche Aktionsart in eine entgegengesetzte übergeht.

Bei reflexiven Verba wird nis reflexiv konjugiert. Das Hilfswort nis kann verschiedene Partizipsuffixe, Moduszeichen, Ableitungssuffixe und vielfältige hervorhebende, determinierende Partikel annehmen. Das Nenzische ist eine "sein" Sprache, wo also der Besitz nicht mit dem Zeitwort "haben", sondern entweder mit verschiedenen Existenzverba, oder einfach mit Personalsuffixen, oder anderen syntaktischen Mitteln ausgedrückt werden kann.

Das Enzische

Diese Sprache, die unter den samojedischen Sprachen mit dem Jurakischen in der nächsten Verwandschaft steht, wird heute von ca. 350 Personen um den Unterlauf des Jenisseis gesprochen. Der Bau des Enzischen liegt dem Nenzischen ganz nahe.

Die Struktur der Grammatik weist Differenzen hauptsächlich auf phonematischer Ebene auf. Diese Behauptung gilt wohl auch für den Wortschatz, mit dem Unterschied, dass hier wahrscheinlich mehr Lehnwörter aus Nachbarsprachen als im Nenzischen erscheinen.

Nganasansich

Eine besondere Eigenheit der Tawgi-Sprache besteht darin, dass sie eine morenzählende Sprache ist, wo also die kleinste prosodische Einheit nicht mit der Silbe zusammenfällt. Eine Silbe kann gegebenenfalls auch zwei Moren enthalten, und die komplizierten Betonungsverhältnisse können auf diese Eigenschaft zurückgeführt werden. Die Ähnlichkeiten der nganasanischen Grammatik mit den übrigen nordsamojedischen Sprachen sind zahlenmäßig überraschend, doch ist die Verwandschaft des Nenzischen und Enzischen untereinander enger, als mit der Tawgi-Sprache.

Das Partizipialsystem und die Verbalbildung scheint noch komplizierter zu sein, als im Nenzischen.

Das Selkupische

In der Nominaldeklination ist die, für die nordsamojedischen Sprachen kennzeichnende, prädestinierende Flexion unbekannt. In der absoluten Deklination bemerkt man auch wichtige Abweichungen vom Nordsamojedischen. Die absolute Deklination ist vollständiger als im Nenzischen.

Die prädikative Konjugation der Nomina kommt auch im Selkupischen vor, obwohl nicht so oft, wie in den nordsamojedischen Sprachen. Auffallend ist die häufige Anwendung des Adjektivsuffixes l´. Dieses Suffix ist morphologisch besonders belastet, es kann Kasus und Possessivsuffixen zugefügt werden.

Z.Bsp.: Px1Sg + = qaqlanil´ / zu meinem Schlitten gehörend

Die Konjugation weicht vom Nenzischen in vielen Einzelheiten ab. Es gibt hier nämlich keine determinierte Konjugation. Aber ein Unterschied besteht zwischen Verbalsuffixen der transitiven und intransitiven Verba.

Das Selkupische kennt folgende Tempora:

  • Gegenwart
  • Präteritum
  • Futurum

Aspekt und Aktionsart haben auch hier ihre wichtige Rolle. Als Modi im Selkupischen müssen ausser Indikativ und Imperativ auch noch Narrativum, Auditiv, Konditional, Konjunktiv, Optativ und Debitiv erwähnt werden.

Der Infinitiv der Verba hat die Endung -qo, und sie kann, wie auch der Translativ, Personalsuffixe annehmen.
Das Selkupische weist einen Reichtum an Partizipia auf. Die wichtigsten sind die folgenden:

  • Partizip Präsens -til´,-cil´,-il´
  • Partizip Perfekt -pil´
  • Finalinfinitiv -pso,-psa,-so,-sa´

SYNTAX

Die dominante Wortfolge ist SOV, wonach die Ergänzungen zwischen Subjekt und Prädikat auftreten. Natürlich können die logisch erwiesenen Satzglieder verschiedene Stellungen im Satz einnehmen. Als Subjekt kann ausser einem Nomen auch ein nominal gebrauchter Infinitiv auftreten. Die Grenze zwischen Substantiv und Adjektiv ist nicht so fest, wie in den europäischen Sprachen.

Die meisten Substantiva erscheinen oft in adjektivischer Funktion. Daneben kann die Sprache nach Bedarf spezielle Adjektivsuffixe verwenden. Die Kongruenz besteht zwischen Subjekt und Prädikat. Sie stimmen in Numerus und Person überein. Hat das Subjekt ein Zahlwort als Attribut, so folgt eine logische Kongruenz.

z.Bsp.: side ne tarpjaxa / zwei Frauen traten aus dem Zelt heraus

Die Sätze sind im allgemeinen nicht zusammengesetzt, aber sie sind zumindest gar nicht einfach. Die Mitteilung wird sehr oft mit Hilfe von verwickelten partizipialen Konstruktionen aufgebaut.

z.Bsp.:
t´enana mewac / wir waren gestern da, wo ihr gejagt hattet (wörtlich= am Schauplatz eures Jagens gestern waren wir)

luca xanana me / wo ist der Russe, der jurakisch versteht (wörtlich= Das Juraken-Wort verstehende Russe, wo ist) (2)


Abkürzungsverzeichnis


Ab. - Abessiv
Abl. - Ablativ
Ad. - Adessiv
Adv. - Adverbial
Akk. - Akkusativ
All. - Allativ
Appr. - Approximativ
Cx - Kasus
Dat. - Dativ
Dir.-Ill. Direkter Illativ
E - Ersä
Egr. - Egressiv
El. - Elativ
Ess. - Essiv
estn. - Estnisch
Exp. - Expletiv
fin. - Finnisch
Gen. - Genitiv
Ill. - Illativ
In. - Inessiv
Ins. - Instruktiv
Inst. - Instrumentativ
kar. - Karelisch
Karit. - Karitiv
Kaus. - Kausativ
Kom. - Komitativ
Komp. - Komparativ
Kons. - Konsekutiv
Lat. - Lativ
liv. - Livisch
Lok. - Lokativ
M - Mokscha
Nom. - Nominativ
Part. - Partitiv
Pl1 - Plural 1
Pl2 - Plural 2
Pl3 - Plural 3
Prol. - Prolativ
Pros. - Prosekutiv
Px - Person
Px1Sg. - 1 Person Singular
Sg1 - Singular 1
Sg2 - Singular 2
Sg3 - Singular 3
Tran. - Translativ
Term. - Terminativ
Tr. - Transitiv
Z.Bsp. - Zum Beispiel

Quellen


(1)

Prof.Dr. Kausen Ernst, 2000. Die uralische Sprachfamilie. Gießen

(2)

Sinor, D. (Hg.). 1988. The Uralic Languages: Description, History and Foreign Influences. Leiden: Brill.

(3)

Abondolo, D. (Hg.). 1998. The Uralic Languages. London and New York: Routledge.

(4)

Vorlesungsfolien Prof. J. Laakso, Universität Wien, WS 2011

Abb. 1

URL(2011): http://helsinki.fi/~sugl_smi/kuvat/Kartat/Kielet/Fenno-Ugrian_languages.jpg

Abb. 2

Klikovits, S. 2012

Abb. 3

Vorlesungsfolien Dr. Beáta Wagner-Nagy, Wintersemester 2009/10

Abb. 4

URL (2012): http://csicsada.freeblog.hu/archives/2008/11/14/Halotti_beszed_es_konyorges_-_A_magyar_kozepkor_irodalma/

Abb. 5

URL (2012): http://mek.niif.hu/01900/01967/html/index254.html

Abb. 6

URL (2012): http://www.doria.fi/handle/10024/32608

Abb. 7-38

Brötzner, G. (2012) aus: Abondolo, D. (Hg.). 1998. The Uralic Languages. London and New York: Routledge.

j

  • No labels