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DIE SÁMI


Die Sámi sind ein indigenes Volk in Nord-Fennoskandien und einem Teil Nordwest-Russlands. Sie sehen sich selbst als das einzige indigene Volk Fennoskandiens. (1)

In der älteren Literatur (bis in die 1970er Jahre neuestes Werk mit alter Bezeichnung, das ich bis jetzt gefunden habe von 1971) werden sie mit dem exonymen Namen "Lappen" (bzw. z.B. finn. "lappalaiset") angesrpochen. Diese Bezeichnung gilt heute aber als politisch unkorrekt. Stattdessen wird in allen Sprachen die jeweilige Entsprechung der endonymen Bezeichnung "Sámi" (Plural "Sámit") verwendet. In der deutschsprachigen Literatur findet man sowohl die sámischsprachige Bezeichnung "Sámi" als Singular- und Pluralform, als auch eingedeutschte Varianten wie "Saami" oder "Saamen". Die Sámi selbst legen sehr großen Wert darauf, auf politisch korrekte Weise angesprochen zu werden. (2)
Innerhalb der Nationalstaaten über die sich das sámische Siedlungsgebiet ersteckt, wird das Sámentum zwar jeweils unterschiedlich definiert, so gilt in Finnland etwa die Sprache als Kriterium, während in Schweden und Norwegen mit der Erwerbstätigkeit der Rentierzucht klassifiziert wird (Rentierzucht wird dort nur von Sámi betrieben). Die Sámi selbst definieren ihre kulturelle Identität aber mitunter recht eindeutig. Bei einer Tagung der American Folklore Society in Eugene, Oregon im Oktober 1993, die die sámische Folklore zum Thema hattem begann Krister Stoor, Sámischlektor an der Universität Umeå, Schweden, seinen Vortrag mit einem Joik. Er definierte in diesem Vortrag das Sámentum über drei Kriterien: Sprache, Tracht und Joik.#(3)

Einen eigenen Nationalstaat haben die Sámi zwar nicht, aber Lappland (also Teile von Norwegen, Schweden und Finnland) wird manchmal gerne als "Sápmi" oder "Sámieatnan" bezeichnet, was sinngemäß als "Heimatland der Sámi" übersetzt werden kann. Sápmi hat eine eigene Flagge und seit 1993 wird am 6. Februar auch eine Art Nationalfeiertag (wenn auch ohne Nationalstaat) gefeiert. (2)
#Abb. 1 Flagge von Sápmi


Inhaltsverzeichnis

Geografie

Sápmi ist der samische Name für das Siedlungsgebiet der Sami die folgende Gebiete umfasst: Landschaft Lappland nördlich des Polarkreises in Fennoskandinavien einschließlich des Großteils der Kola-Halbinsel in Russland und reicht im Süden Skandinaviens bis Engerdal im norwegischen Verwaltungsbezirk Hedmark und bis Idre in der schwedischen Provinz Dalarna.Im südlichen Teil ist die Grenze Sápmis erkennbar an den Gebieten, in denen Rentiere weiden. Heutzutage leben aber immer mehr Sami ausserhalb von Sápmi, z.B in Finnland lebt mehr als die Hälfte der Sami Bevölkerung ausserhalb dieses Gebietes.

Nach dem norwegischen Archäologen Gutrom Gjessing stammen die ältesten Funde von der Eismeerküste, die als sámisch anzusprechen sind aus der Bronzezeit. Derartige Funde gibt es auch von der Kolahalbinsel und der Finnmark aber auch bis zur Ostseeküste. Aufgrund von Ortsnamen erschein es möglich, dass es auch in Südnorwegen bis zum Namsen (Nord-Trøndelag) sowie in Schweden bis Vilhelmina sámische Siedlungstätigkeit gab. Die Saga von Harald Hårfarge berichtet außerdem von einer späteren Wanderungsbewegung weiter nach Süden bis ins Dovre-Gebiet. Schriftliche und archäologische Quellen aus dem 15. bis 17. Jh. belegen Siedlungstätigkeit südlich des Dovre-Gebietes, die in etwa dem heutigen Ausmaß entspricht.
Nach und nach verkleinerte sich das sámische Siedlungsgebiet, wie heri am Beispiel von Finnland beschrieben. Aus Südwestfinnland verschwanden die Sámi wohl noch vor der Wikingerzeit, möglicherweise sogar schon um500 v. Chr. Im Ladogagebiet siedelten Sámi noch bis ins 14. Jh. in Südostfinnland noch im 17. Jh. Definitiv auf Nordfinnland beschränkt ist das sámische Siedlungsgebiet am dem 19. Jh. #(6)

Geschichte

Die Sami sind das Urvolk Lapplands. Historische Dokumente von 800 n. Chr. beschreiben, dass es schon damals Rentierhaltung gab. In dieser Zeit zähmte man Rentiere für die Jagd, als Lockmittel für wilde Rentiere. Ab ca. 1500 waren schon fast alle Rentiere zahm und wilde Rene starben immer mehr aus.

Die Sami lebten früher als Nomaden und ernährten sich von der Jagd, vom Fisch- und vom Vogelfang; sie sammelten Beeren und lebten wie gesagt von der Rentierhaltung. Bis ca. 1950 zogen die Sami mit ihren Rentierherden von den Sommer- zu den Winterweiden und im Frühjahr wieder zurück, vom Winterweideland in die Berge.

Früher folgten die Sami ihren Tieren zu Fuß oder auf Skiern. Sie lebten im Sommer in Kåten in den Bergen, im Winter waren sie oft bei Schweden in deren Häusern einquartiert.

Heute ist die Rentierhaltung modernisiert. Die Sami haben Skooter und nutzen Hubschrauber, mit denen sie ihre Rentierherden zusammentreiben.

Sie leben in gewöhnlichen Häusern und sind meist nur noch in den Sommermonaten zur Markierung der jungen Kälber und im Herbst/Winter zur Rentierschlachtung in den Bergen.

Die Geschichte der Sámi ist bisher meistens von und aus der Sicht von den Mehrheitsvölkern geschrieben worden. Die vorhandenen Schriftlichen Quellen stammen oft von Geistlichen, Steuereintreibern oder Verwaltungsbeamten. Die sámische Perspektive kommt bei dieser Einseitigen Quellenlage zu kurz. Sie wird nur selten, z.B. bei der Dokumentation von Gerichtsverhandlungen gezeigt. Die traditionelle Histographie vernachlässigte die orale Tradtion, frühe Schriftquellen von sámischer Seite fehlen jedoch.
Die Früheste schriftliche Erwähnung der Sámi stammt aus der "Germania" des römsichen Autors Tacitus um 98 n. Chr.

Fennen: Die Finnen und Lappen. ... Die Fennen leben ungemein roh.

#(5)
Mit "Fennen" (lat. fenni) sind also sowohl Finnen als auch Sámi gemeint. Eine Unterscheidung der beiden war für Tacitus, und auch spätere Autoren, offenbar unwichtig, und wohl auch nicht einfach, da die Lebensweise von Finnen und Sámi zu dieser Zeit noch recht ähnlich war. Erkennbar ist das auch an der Bezeichnung "finn" oder "finne" aus der nordischen Folklore. Damit konnte entweder ein Finne, ein Sámi oder aber ein mächtiger arktische Schamane gemeint sein. #(12)

Eine der großen und wohl auch die am meisten diskutierte Frage in der Forschung über die Sámi ist, woher sie eigentlich wann kamen. Der norwegische Lappologe Konrad Nielsen (1875-1953) stellte die These der so genannten Samojedentheorie auf, derzufolge die Sámi vielleicht ursprünglich ein samojedischer Stamm waren, der, aus welchen Gründen auch immer, nach Westen wanderte und infolgedessen stark unter den sprachlichen Einfluss der Urfinnen gelangte. Diese These fußt auf anthropologischen Hinweisen (gemeinsame körperliche Merkmale der Sámi und Samojeden) sowie auf sprachwissenschaftlichen Hinweisen. So existieren einige Wörter, die im Sámischen und im Samojedischen aber in keiner anderen (uralischen) Sprache vorkommen.
Diese Theorie gilt allerdings als reine Hypothese und sollte daher nicht für bare Münze genommen werden.
Als sicher gilt, dass die Sámi in der ausgehenden Bronzezeit (nach der Chronologie für Skandinavien von Oscar Montelius 1800 v. Chr. - 530 v. Chr.) engen Kontakt mir den Ostseefinnen hatten, was anhand von Lehnwörtern aus dem Ostseefinnischen, die das Ostseefinnische wiederum aus dem Baltischen entlehnt hat erkennbar ist. Gleichzeitig belegen Lehnwörter aus dem Wolgafinnischen, dem Mordwinischen und dem Marischen, dass einige Sámi zu dieser Zeit weiter im Osten nahe der Wolga gelebt haben müssen. Natürlich haben nicht alle sámischen Sprachvarietäten dieselben Lehnwörter, was eben auch durch diese in der Vorgeschichte noch große regionale Streuung von sámischen Bevölkerungen erklärbar ist. #(6)

In der Bronzezeit Bestand die sámische Bevölkerung nur aus Jägern und Fischern. Das lässt sich unter anderem dadurch belegen, dass sämtliches Vokabular für Ackerbau und Viehzucht aus dem Nordischen entlehnt und deutlich jünger ist, als beispielsweise Vokabular für die Jagd. Das einzige Haustier mit einer alten Bezeichnung ist der Hund. Das älteste bejagte Tier ist das Rentier. Die Jagdmethoden waren vermutlich dieselben wie die der Samojeden, was ebenfalls ein Hinweis auf eine gemeinsame Vergangenheit sein könnte.

Aus Schriftquellen kennt man Nachrichten darüber, dass die Sámi ihre Wohnorte ja nach Jahreszeit wechselten. Als archäologischer Hinweis darauf kann eine wahrscheinlich sámische Jagdstation auf der Insel Kjelmøy in Süd-Varanger in Norwegen gesehen werden. Sie datiert um ca. 300-400 n. Chr. und man fand Geräte vor allem aus Bein und wenige aus Eisen für Fischfang, Jagd und Tier- und Fellverarbeitung, sowie Keramikgefäße. Gutrom Gjessing interpretiert diese Fundstelle als saisonal benutzte Jagdstation für Seejagd und Fischerei. Rentierknochen deuten auf eine Basis am Festland hin.
Andere Sámigruppen wanderten nach Süden und übernahmen alle gewöhnlichen Haustiere, unter anderem auch die Katze, von den Skandinaviern. Aus Lehnwörtern lässt sich schließen, dass die Sámi den Anbau von Korn von den Skandinaviern lernten. Stattgefunden haben muss diese BEgegnun höchstwahrscheinlich in urnordischer Zeit (1. – 7. Jh. n. Chr.). Die Sámi übernahmen auch altnordische Bootstypen. Fast das Gesamte Vokabular für den Bootsbau und massiv gebaute Boote stammt aus dem Urnordischen, lediglich die Bezeichnung für das Steuerruder (für Paddelruderboote) ist ursprünglich sámisch. Die Bezeichnung für Segel kam über das Urfinnische aus dem Baltischen. Später bauten die Sámi auch Boote für die Skandinavier (belegt jedenfalls für die Norweger). Sie dürften also zu ausgezeichneten Bootsbauern avanciert sein und haben sozusagen die Skandinavier in ihrer eigenen Kunst übertroffen. Sámische Boote galten als hochqualitativ, wie auch aus Schriftquellen, etwa der Saga von Sigurd Slembe, herausgelesen werden kann.
Eine wichtige historische Quelle für die Rekonstruktion der sámischen (Früh-)Geschichte ist die Ottar-Chronik. Dabei handelt es sich eigentlich um eine Art Finanzbericht, die der Bauer Ottar Hålogaland Ende des 9. Jh. an König Alfred den Großen von England schickte.
Darin wird der Besitz von Rentieren mit Reichtum gleichgesetzt. Große Rentierherden bedeuteten also auch dementsprechend Prestige. Die Ottar-Chronik gibt auch Auskunft über die Besteuerung der Sámi. Steuern wurden in Form von materiellen Gütern entrichtet, vor allem Felle, Häute, Federn und (Walross-) Zähne (also Elfenbein). Ottar beschreibt auch die Lebensweise der Sámi, wobei hier zu beachten ist, dass er sich nur die Bevölkerung ein seinem Wirkungskreis bezog, die sámische Bevölkerung nördlich und südlich dieses Gebiets aber durchaus andere Lebensweisen verfolgte, als die von Ottar beschriebene Erwerbstätigkeit auf der Grundlage von Jagd, Fischfang und Rentierhaltung.
Eine königliche Besteuerung der Sámi gab es wohl erst ab der 2. Hälfte des 9. Jh. Davor wurden sie allerdings durch Großbauern besteuert. Diese sind vergleichbar mit den Grundherren des Fronsystems im mitteleuropäischen Mittelalter. Schon ab dem 11. Jh. besteuerten die norwegischen Könige wohl auch die Ter-Sámi auf der Kolahalbinsel, wie etwa aus der Egil-Saga hervorgeht. Entwickelt hat sie die Besteuerung vermutlich aus dem Handel. Älteste Handelbeziehungen zwischen Sámi und Skandinaviern dürften schon seit der Bronzezeit bestanden haben.
Bei den Steuereintreibern waren vor allem Pelze begehrt. Eingehoben wurden Steuern sowohl von Norwegern, als auch von Kareliern. Im Laufe der Zeit entwickelten sich so regelrechte Steuer-Handelsgesellschaften, die erst im 16. Jh. unter Gustav Vasa der Krone unterstellt wurden.
Lange Zeit mussten die Sámi Steuern gleichzeitig an Norwegen, Schweden und Russland zahlen, da alle drei Staaten Anspruch auf ihre Gebiete erhoben. Das änderte sich erst mit der Festlegung der jeweiligen Reichsgrenzen. #(7)

Kultur

Viele Elemente der sámischen Kultur lassen sich in Richtung Osten im arktischen und subarktischen
Teil Europas und Asiens wiederfinden. Andere kulturelle Erscheinungen sind ein Ergebnis des
Kontakts mit Nordländern - ein Kontakt, der schon vor der Wikingerzeit zustande kam. Die sámische Kultur ist deutlich davon geprägt, daß die Sámi früher Fischer und Jäger waren. Im 16. Jahrhundert entwickelte sich die Jagd auf wilde Rentiere gradweise zur Rentierhaltung ­ mit dem Ergebnis, daß die Sámi zu Nomaden wurden. Heute gibt es nicht viele Sámi, die als Nomaden leben: In Norwegen sind weniger als zehn Prozent der samischen Bevölkerung Rentierhalter. Hauptelemente der samischen Kulturtradition sind der "Joik" (besteht aus rhythmisch gesungenen Gedichten oder poetischen Liedern), die sámische Sprache und sámische Sagen, sámische Zelte, ökologische Kenntnisse, der Schamanismus, Volksmedizin, eine eigene Tracht, Transportmittel wie Boote und Rentierschlitten sowie samische Tischlerarbeiten.

Die ursprüngliche soziale Organisation der Sámi in Form von Dörfern, der „sijda“ oder „siida“, gibt es heute noch bei den Rentierzüchtern. Die Dorfgemeinschaft betreut die Rentiere gemeinsam und wandert mit ihnen. Das System der sijda ist aber viel älter als die Rentierzucht und war ursprünglich wohl ein Versuch, Jagd- und Fischereirechte zu regeln. Die Gründung von Dorfgemeinschaften förderte den Zusammenhalt innerhalb der Gruppe und schützte vor Raubbau an Jagdgebieten und Seen. Am längsten bestand, solange es der Kolonisation nicht im Weg war. Bei den Sámi in Russland hat es am längsten überlebt, da die Russen ab dem 18. Jh. die Rechtssystem der von ihnen unterworfenen Völker anerkannten.
Bei den Skoltsámi im Petsamogebiet bestand das sijda-System noch zur Zeit des zweiten Weltkriegs. Regiert wurde die sijda von der Versammlung „norraz“. Diese verloste jährlich die Lachsgebiete unter den Familien der sijda. Sie war auch richterliche Gewalt und soziale Absicherung. Die Funktionsweise und Organisation der sijda war bei anderen Sámigruppen sehr ähnlich, was dafür spricht, dass die „Institution“ der sijda recht alt ist.

Die Verteilung der Geschlechterrollen innerhalb der sámischen Gesellschaft ist tlw. bis heute erkennbar. Traditionell waren die Jagd und die Zubereitung von Fleisch Aufgabe des Mannes, während die Frau das restliche Kochen, Fellbearbeitung und Kleiderherstellung übernahm. Fischfang und das Hüten der Rentiere wurde von beiden Geschlechtern betrieben. Sowohl Männer als auch Frauen besaßen eigene Rentiere, als ein eigenes Vermögen. Frauen haben in der Gesellschaft grundsätzlich eine selbstständige, geachtete Stellung und nehmen immer an wirtschaftlichen Beratungen teil. Ein wenig anders sieht das jedoch im Bezug auf Religion aus.
Wenn ein sámischer Mann heiraten wollte, musste er den Eltern und Verwandten seiner Braut Geschenke überbringen und Dienste erweisen, nach der Hochzeit musste der neue Schwiegersohn ein Jahr lang als eine Art Knecht bei der Familie seiner Frau leben, bevor sie ihre Mitgift bekam. Manche Forscher sehen das als Hinweis darauf, dass bei den Sámi ursprünglich ein Matriarchat herrschte. Ein weiteres Argument für diese Theorie wäre, dass die Mutter der Braut entscheiden musste, ob der Bräutigam akzeptiert wird oder nicht. In anderen Quellen wird diese Entscheidungsgewalt jedoch dem Vater der Braut zugeschrieben. Ebenso musste der Bräutigam, laut anderen Quellen nicht zwingend als Knecht der Familie seine Braut dienen. Diese Hochzeitsbräuche dürften wohl von Gruppe zu Gruppe variieren. Die meisten Forscher haben die Theorie einer ursprünglich matriarchalischen Gesellschaftsstruktur der Sámi wieder verworfen.
Die Regeln des sámischen Verwandtschaftssystems sind äußerst kompliziert. Typisch ist eine Einteilung in Altersgruppen. Regeln für Beziehungen zwischen Individuen sind heute nicht mehr rekonstruierbar, dürften aber eine wichtige Rolle gespielt haben. Bemerkenswert ist, dass allem Anschein nach der jüngste Sohn einer Familie Haupterbe war und nicht wie bei fast allen anderen europäischen Völkern der älteste Sohn. #(8)

Religion

Die Religion ist für die sámische Identität vermutlich weitaus bestimmender, als man bisher glauben wollte. Die Verwendung des Begriffs "Religion" muss allerdings differenziert werden. Spricht ein Sámi von "Religion" so mein er damit ausschließlich den christlichen Glauben (im Westen lutherisch, im Osten orhtodox). Die christliche Religion wurde und wird üblicherweise in der Prestige- bzw. Mehrheitssprache praktiziert, also beispielsweise Finnisch oder Schwedisch. Wenn notwendig, wird auf die Hilfe eines Dolmetschers zurückgegriffen. Die christliche religion ist für die Sámi seit der Missionierung sehr stark mit der Mehrheitssprache verbunden. Der alte Volksglaube hingegen ist ebenso stark mit der sámischen Mutterspache verbunden. Egal in welcher Form, ob lyrisch oder episch, oral oder schriftlich, Stoffe des alten Volksglaubens werden immer auf Sámisch von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Ein schriftlicher Kanon oder ein religiöses Dogma existiert nicht.#(4)

Folklore

Sámische Märchen haben ähnliche Motive wie die der Nachbarvölker. Interessanter zu behandeln sind Sagen und Legenden. In ihnen werden sowohl Themen aus der Glaubenswelt, als auch aus der Geschichte verarbeitet. Eine bekannte Sagengestalt ist z.B. der „stallo“, ein menschenfressendes Ungeheuer, das sowohl „Anleihen“ aus der alten arktischen Geisterwelt wie auch von historischen Steuereintreibern und Angreifern hat. Ein häufiges Sagenmotiv ist die Herausforderung von Naturkräften durch den Menschen, die natürlich daran scheitern, Erzählungen über verbotenes oder moralisch schlechtes Verhalten durch den Mond oder Geister. Sámische Sagen sind meistens recht düster. Beliebte Legendenstoffe sind auch Kämpfe gegen Angreifer aus den Nachbarvölkern, ofr Russen oder Karelier. Sie werden typischerweise durch List von den Sámi besiegt.
Viele der sámischen Sprichwörter sind Ausdruck nomadischer Tradition, etwa „Reisen ist besser als Ruhen“. #(10)

Kunst

Bildende Kunst

Die sámische Bildende Kunst hat ihre Wurzeln sowohl in der alten Kultur aus der Zeit der
Rentierhaltung als auch in der modernen sámischen Gesellschaft. Viele verwenden in ihrem Werk die heiligen Symbole der Schamanentrommel. John Savio (1902-1938) hat sich von der Kultur der Zeit
der Rentierhaltung inspirieren lassen, während Iver Jåks (geb. 1932) über eine breitere Palette von Motiven verfügt. In den 70er Jahren wurden immer mehr Sámi als Bildende Künstler tätig. Zu den neuen Namen gehören Synnøve Persen, Tryggve Lund Guttormsen und Hans Ragnar Mathiesen. (Norwegen)

Musik

Ein wichtiges Element sowhl der traditionellen Musik sowie auch der zeitgenössischen Populärmusik ist der Joik. (siehe dazu auch #Kultur und #Folklore <-- genaueres dazu kommt in den jeweiligen Kapiteln und in diesem Kapitel noch dazu )
Eines der wichtigsten sámischen Kulturgüter ist der Joik oder juoi’gan. Ursprünglich hatte der Gesang wohl eher religiös-magischen Charakter. Hinweis darauf geben schon die Bezeichnungen für die Joik-Melodie „vuolle“ = Eid (wie finnsich „vala“) und den Joik-Text „luotte“ = Opfer (wie altnordisch „blot“)
Für die Sámi ist der Joik von größter Wichtigkeit für ihre Indentität (siehe oben). Bei der bereits angesprochene Tagung der American Folklore Society 1993 sprach auch Harald Gaski, Schriftsteller und Universitätsdozent aus Tromsø, Norwegen:

„Der Joik steht für den Menschen, der besungen wird. Der Mensch lebt so lange wie der Joik. Der Joik ist die stärkste Waffe in unserem Überlebenskampf gewesen. Solange wir joiken, sind wir Saamen“

#(3)
In der Regel besteht ein Joik aus einem kurzen Text, der oft wiederholt wird, bis er plötzlich abbricht. Die Sámigruppen im Nordosten und Süden des Siedlungsgebietes kennen aber auch Joiks mit erzählendem Inhalt. Thema eines Joiks kann alles nur erdenkliche sein. Menschen, Tiere, die Landschaft, bestimmte Berge, Täler und Seen, das Meer, aber auch alltägliche Gegenstände wie z.B. ein Boot. Hinweise auf den alten magischen Charakter geben noch Joiks an Bären oder das Nordlicht.
Bei den Rentiersámi hat jede Person ihren eigenen Joik. Joik und Mensch gehören zusammen, in etwa wie ein Mensch und sein Name oder sein Schatten. Ausgedrückt wird das z.B. in dem bekannten Ausspruch: „man joikt nicht über eine Person/ein Phänomen, sondern man joikt eine Person/oder ein Phänomen.
Trotzdem sehen viele Sámi den Joik heute als sündhaft an. Viele beginnten etwa Betrunken zu joiken und viele Joiks haben heute satirischen oder erotischen Inhalt. Außerdem ist der chritliche Glaube bei vielen Sámi heute stark verankert, bei der Missionierung im 18. Jh. war der Joik als Teil des Schamanismus bei Strafe verboten. Die heuteige Variante des Joik hat keim mehr Verbindung zur alten sámischen Glaubenswelt. #(9)

Traditioneller Joik: z.B. Angelin Tytöt 1990 (heute Angelit, Finnland): http://www.youtube.com/watch?v=Fn6I0Byg83M
Joik in der Popmusik: z.B. Sofia Jannok (Schweden): http://www.youtube.com/watch?v=Qq3WEB_DTO8

Literatur

Sprache

Der Zusammenhang zwischen der sámischen Kultur und Sprache ist extrem stark. Die Sprache ist eines der wichtigsten identitätsstiftenden Kulturgüter.

Grundsätzlich sind einige Elemente der sámischen Kultur bis heute erhalten, etwa die Sprache, wobei bemerkt werden muss, dass einzelne Sprachvarietäten trotzdem stark gefährdet oder bereits ausgestorben sind. Ein Grund für das Überleben der sámischen Sprache ist die Bildung von neuem Wortschatz durch Lehnwörter, andererseits aber auch die Isolation von der Mehrheitsbevölkerung. Erst in letzter Zeit wird die alte Kultur zunehmend zurückgedrängt, z.B. durch neue Verkehrswege, Rundfunk aber auch die moderne Geldwirtschaft und das moderne zentralisierte Erziehungswesen und damit den verstärkten Kontakt mit der Mehrheitssprache.
Wichtig für die Erhaltung der sámischen Sprache ist die Schaffung einer sámischsprachigen Elite, dazu sind höhere Schulen mit Lehrangebot auf sámisch wichtig. Eine sehr positive Entwicklung im Hinblick darauf ist auf, dass sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr gebürtige Sámi mit der Erforschung ihres Volkes beschäftigen, sodass diese nicht mehr nur von außen stattfindet.
Wichtige Schritte in dieser Entwicklung sind auch sámische und sámischsprachige Zeitungen, etwa die in Schweden gegründete „Samefolkets egen tidning“ (= Eigene Zeitung des Sámsichen Volkes), die später zu „Samefolket“ umbenannt wurde. #(11)

Seit dem 9. Jh. kam es durch dauernde Migration zur Differenzierung der sámischen Sprache. Heute sind die Unterschiede zwischen den so entstandenen Sprachvarietäten so groß, dass man sie nicht als Dialekte sondern als Einzelsprachen sehen kann. Heute werden die sámischen Sprachen in 10 unterschiedliche Sprachen eingeteilt. Die Sprachgrenzen verlaufen meistens in West-Ost-Richtung entlang von Flüssen. Die einzelnen Sprachen sind:
1. Südsámisch (inklusive der Varianten von Jämtland und Sälen, letztere ist vom Aussterben bedroht)
2. Umesámisch
3. Pitesámisch
4. Lulesámische
5. Nordsámsich (die wichtigste sámische Sprache, hat die meisten Spreccher und die größte Verbreitung)
6. Inarisámisch
7. Skoltsámisch (wurde erfolgreich wiederbelebt, hat aber trotzdem nur sehr wenige Sprecher)
8. Kildinsámisch
9. Babinsksámsich
10. Tersámsich
Davon sind nur Lulesámisch und Nordsámisch vital. Inarisámisch und Skoltsámishc werden nur in Finnland gesprochen, Kildinsámisch, Babinsksámisch und Tersámsich nur auf der Kola-Halbinsel.
Wegen der sprachlichen Heterogenität gibt es keine einheitliche Orthographie und Schriftsprache. In jedem Staat wurden eigene Orthographien entwickelt, was die Verständigung der Sámi untereinander natürlich nicht einfacher machte. Erst 1978 einigte sich die Sámikonferenz der nordischen Länder auch eine gemeinsame Orthographie basierend auf dem Nordsámischen. #(13)


Quellenverzeichnis

(1)

Die Fußnote war nur mal als Versuch gedacht, die Quelle hab ich leider vergessen (schon ein paar Monate her, dass ich das gefunden habe) kann auch sein, dass es eine TV-Doku war. Vielleicht find ich sie nochmal.

(2)

Hætta, Odd Mathis; Die Sámit - Ureinwohner der Arktis, S. 3, Davvi Girji o.s., 1995

(3)

Pentikäinen, Juha; Die Mythologie der Saamen, Ethnologische Beiträge zur Circumpolarforschung, Bd. 3, Berlin 1997, S. 24

(4)

Pentikäinen, Juha; Die Mythologie der Saamen, in Ethnologische Beiträge zur Circumpolarforschung, Bd. 3, Berlin 1997, S. 25

(5)

Tacitus, P. Cornelius; De origine et situ Germanorum Liber, Übersetzung von Manfred Fuhrmann, Reclam, Stuttgart 1997, S. 58

(6)

Nesheim, Asbjörn; Über die Lappen und ihre Kultur, in Das ist Norwegen, 2. Auflage, Oslo 1972, S. 11 ff.

(7)

Nesheim, Asbjörn; Über die Lappen und ihre Kultur, in Das ist Norwegen, 2. Auflage, Oslo 1972, S. 19 ff.

(8)

Nesheim, Asbjörn; Über die Lappen und ihre Kultur, in Das ist Norwegen, 2. Auflage, Oslo 1972, S. 31 ff.

(9)

Nesheim, Asbjörn; Über die Lappen und ihre Kultur, in Das ist Norwegen, 2. Auflage, Oslo 1972, S. 43 f.

(10)

Nesheim, Asbjörn; Über die Lappen und ihre Kultur, in Das ist Norwegen, 2. Auflage, Oslo 1972, S. 42 f.

(11)

Nesheim, Asbjörn; Über die Lappen und ihre Kultur, in Das ist Norwegen, 2. Auflage, Oslo 1972, S. 54 ff.

(12)

Pentikäinen, Juha; Die Mythologie der Saamen, Ethnologische Beiträge zur Circumpolarforschung, Bd. 3, Berlin 1997, S. 67

(13)

Pentikäinen, Juha; Die Mythologie der Saamen, Ethnologische Beiträge zur Circumpolarforschung, Bd. 3, Berlin 1997, S. 68 f.

Abb. 1

URL (2011): http://flagspot.net/flags/xn_sami.html
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(Kultur/Bildende Kunst: http://www.norwegen-service.de/Kultur/Die_Samen/hauptteil_die_samen.htm

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