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Uralische Sprachen


Inhaltsverzeichnis

Einleitung


Die uralischen Sprachen bilden eine Familie von etwa 30 Sprachen, die von rund 25 Millionen Menschen gesprochen werden. Sie erstreckt sich über weite Teile des nördlichen Eurasiens von Skandinavien bis über den Ural auf die Taimyr-Halbinsel. Außerdem gehört das Ungarische in Mitteleuropa zu dieser Familie.

Typologisch haben die uralischen Sprachen eine große Bandbreite. Einige Eigenschaften sind vorherrschend oder doch weit verbreitet: eine reiche agglutinative Morphologie, insbesondere ein reichhaltiges Kasussystem mit bis zu 20 Fällen. Die Verneinung erfolgt in den meisten Sprachen durch ein flektierbares Hilfsverb, Vokalharmonie ist in einigen Sprachen vorhanden. Die Heimat der gemeinsamen Muttersprache aller uralischer Sprachen, also des Proto-Uralischen, lag wahrscheinlich im zentralen oder südlichen Uralgebiet. Diese angenommene Urheimat war bestimmend für die Namensgebung der Sprachfamilie. Der Prozess der Abtrennung einzelner uralischer Gruppen und ihre Einwanderung in die späteren Siedlungsgebiete begann vor etwa 6000 Jahren.

Die Wissenschaft von den uralischen Sprachen und der damit verbundenen Kultur heißt Uralistik oder - bei der Beschränkung auf einen der beiden Hauptzweige des Uralischen - Finnougristik und Samojedistik.

Hauptsprachen


Die wichtigsten und sprecherreichsten uralischen Sprachen sind:

  • Ungarisch oder Magyar, 14,5 Millionen Sprecher, Nationalsprache Ungarns und der Ungarn, Sprache der autochthonen ungarischen Minderheiten in Kroatien (v.a. Gespanschaft Osijek-Baranja), Österreich (v.a. Burgenland), Rumänien (Siebenbürgen), der Slowakei (ehemaliges Oberungarn), Serbien (Vojvodina) und der Ukraine (Transkarpatien)
  • Finnisch oder Suomi, 6 Millionen Sprecher, Nationalsprache Finnlands
  • Estnisch, 1,1 Millionen Sprecher, Nationalsprache Estlands
  • Mordwinisch, 1,1 Millionen Sprecher, Russland, Mordwinien (Varietäten: Ersjanisch und Mokschanisch)
  • Mari oder Tscheremissisch, 600.000 Sprecher, Russland, Republik Mari El
  • Udmurtisch, 550.000 Sprecher, Russland, Udmurtien
  • Komi, 400.000 Sprecher, Russland, Republik Komi (Varietäten: Komi-Syrjänisch und Komi-Permjakisch)

Hauptzweige und Verbreitungsgebiete


Die beiden Hauptzweige

Das Uralische zerfällt in zwei klar definierte Hauptzweige, die sich vor mindestens 6000 Jahren getrennt haben:

  • den größeren westlichen Zweig Finno-Ugrisch mit heute über 99% der uralischen Sprecher und insgesamt 24 Sprachen
  • den kleineren nördlich und östlich des Urals beheimateten Zweig des Samojedischen mit noch vier lebenden Sprachen, die von nur noch höchstens 30.000 Menschen in riesigen dünn besiedelten Gebieten Nordsibiriens gesprochen werden.

Der sprachliche Abstand zwischen Finnisch und Ungarisch - beide sind Mitglieder des finno-ugrischen Zweigs - kann mit dem zwischen Deutsch und Russisch verglichen werden; die Unterschiede zwischen einzelnen finno-ugrischen und samojedischen Sprachen sind noch erheblich größer.

Die finno-ugrischen Sprachen

Die bekannteste finno-ugrischen Sprachen sind das Ungarische (14,5 Millionen Sprecher), das Finnische (6 Millionen Sprecher) und das Estnische (1,1 Millionen Sprecher). Diese drei sind auch die einzigen uralischen Sprachen mit dem Status einer Nationalsprache.

Das Samische (die frühere Bezeichnung "Lappisch" wird von den Samen abgelehnt) bildet eine Gruppe von 10 Sprachen mit rund 35.000 Sprechern, die hauptsächlich in Norwegen und Schweden, aber auch in Finnland und Russland auf der Kola-Halbinsel gesprochen werden. Das Livische ist eine fast ausgestorbene, dem Finnischen eng verwandte Sprache in Lettland. Alle anderen uralischen Sprachen haben ihre Verbreitungsgebiete im heutigen Russland.

Zunächst schlißen sich dem Estnischen in Russland in einer breiten Zone bis zur Kola-Halbinsel die Sprachen Wotisch, Ingrisch (beide fast ausgestorben), Wepsisch (8.000 Sprecher) und Karelisch (70.000, Autonome Republik Karelien) an. Wepsisch und Karelisch werden fast nur noch von älteren Sprechern gesprochen. Im zentralen Wolgagebiet findet man in eigenen autonomen Republiken das Mordwinische (mit 1,1 Millionen Sprechern die größte uralische Sprache Russlands), das Mari oder Tscheremissische (600.000 Sprecher) und das Udmurtische (600.000). Weiter nördlich schließt sich das Komi mit den Varietäten Syrjänisch und Permjakisch an, die zusammen etwa 500.000 Sprecher aufweisen. Manche Autoren betrachten Syrjänisch und Permjakisch als separate Sprachen.

Östlich des Urals werden im Ob-Gebiet die ob-ugrischen Sprachen Chantisch (oder Ostjakisch, 15.000 Sprecher) und Mansisch (oder Wogulisch, 5.000 Sprecher) in einem eigenen autonomen Kreis der Chanten und Mansen gesprochen. Sie sind die nächsten Verwandten des weit nach Westen vorgedrungenen Ungarischen und bilden mit deisem die ugrische Untergruppe.

Die samojedischen Sprachen

Die trotz sowjetischer Ansiedlungspolitik teilweise nomadisch gebliebenen Samojeden bewohnen im Norden Russlands ein riesiges Gebiet vom Weißen Meer bis zur Taimyr-Halbinsel. Die etwa 41.000 Nenzen oder Juraken machen den weitaus größten Teil der Samojeden aus. Sie stellen in drei autonomen Bezirken die Titularnation (Autonomer Kreis der Nenzen, Autonomer Kreis der Jamal-Nenzen und der ehemalige Autonome Kreis Taimyr), zudem leben etwa 1.200 Wald-Nenzen im Autonomen Kreis der Chanten und Mansen und etwa 8.000 in der Oblast Archangeslk. Noch 27.000 Personen, also etwa 70% der Nenzen, sprechen ihre angestammte nenzische Sprache. Die nah verwandten Enzen an der Jenissei-Mündung zählen nur noch etwa 230, von denen noch rund 100 ältere Stammesmitglieder das Enzische sprechen.

Nördlich und östlich schließen sich die Nganasanen an, von denen etwa 1.000 Nganasanisch sprechen, und die südöstlich im Gebiet des mittleren Ob lebenden Selkupen mit 2.000 Sprechern des Selkupischen. Die süd-samojedischen Sprachen Mator und Kamas sind ausgestorben. Mator wurde im frühen 19. Jahrhundert von einer Turksprache verdrängt; es wurde jedoch vorher durch intensive linguistische Feldarbeit erschlossen. Der letzte Kamas-Sprecher starb 1989.

Genetische Struktur und Klassifikation der uralischen Sprachen


Genetische Struktur

Da die aktuelle wissenschaftliche Diskussion verschiedene Ansätze für die innere Gliederung der uralischen Sprachen bietet - insbesondere für den Finno-ugrischen Zweig - , wird hier weitgehend die traditionelle Klassifikation zugrunde gelegt, welche von den meisten Forschern favorisiert wird.

Allerdings muss nach Übereinstimmung der meisten Finnougristen die Einheit Wolgafinnisch (Zusammenfassung von Mordwinisch und Mari) aufgegeben werden. Auch eine früher angenommene finnisch-samische Einheit wird von manchen Forschern nicht mehr vertreten, so dass beides separate Gruppen innerhalb des Finno-Permischen darstellen. Man erhält dann folgende genetische Struktur der uralischen Sprachfamilie:

  • Uralisch
    • Finno-Ugrisch
      • Finno-Permisch
        • Ostseefinnisch
        • Samisch
        • Mordwinisch
        • Mari
        • Permisch
      • Ugrisch
        • Ungarisch
        • Ob-Ugrisch
    • Samojedisch
      • Nordsamojedisch
      • Südsamojedisch

Klassifikation der uralischen Sprachen




Memo: Darstellung des uralischen Stammbaumes austauschen!

Älteste Belege und Schriftsprachen


Das Ungarische ist die uralische Sprache mit den älstesten schriftlichen Belegen. Nach ersten verstreuten Einzelwörtern in anderssprachigen Texten ist eine Leichenrede aus dem Ende des 12. Jahrhunderts der früheste Textbeleg. Er besteht aus 38 Zeilen und hat einen Umfang von 190 Wörtern.

Es folgt um 1300 eine altungarische Marienklage, eine künstlerisch wertvolle Nachdichtung eines lateinischen Textes, gewissermaßen das erste ungarische Gedicht!

Das älteste karelische Sprachdenkmal stammt aus dem 13. Jahrhundert und ist ein sehr kurzer auf Birkenrinde geschriebener Text. Altpermisch, eine frühe Form des Komi, erhielt im 14. Jahrhundert druch den Missionar Stephan ein eigenes Alphabet, das auf dem griechischen und kyrillischen Alphabet basiert. Das älteste estnische Buch wurde 1525 gedruckt, blieb aber nicht erhalten; der erste erhaltene estnische Text sind 11 Seiten eines 1535 gedruckten religiösen Kalenders. Die finnische Literatur beginnt 1544 mit den Rukouskirja Bibliasta des Mikael Agricola , 1548 folgt seine Übersetzung des Neuen Testaments. Die ältesten samischen Texte stammen aus dem 17. Jahrhundert.

Außer den erwähnten Sprachen mit relativ frühen Sprachdenkmälern haben inzwischen fast alle uralischen Sprachen eine schriftliche Form gefunden, wenn auch eine eigentliche literarische Produktion nur bei den größeren Sprachen stattgefunden hat. Die uralischen Sprachen in Russland benutzen geeignete Modifikationen des kyrillischen Alphabets, die westlichen Sprachen das lateinische Alphabet.

Urheimat und Ausbreitung der uralischen Sprachen

Die Festlegung der Urheimat des Proto-Uralischen ist wegen des hohen Alters der Protosprache eine schwierige Aufgabe. Man nimmt allgemein an, dass sie im zentralen oder südlichen Uralgebiet mit einem Zentrum westlich des Gebirgszuges zu lokalisieren sind. Als erstes trennten sich die Vorfahren der heutigen Samojeden und zogen ostwärts. Diese Trennung erfolgte vor mindestens 6000, wenn nicht 7000 Jahren, was aus der relativ geringen Zahl (ca. 150) gesamt-uralischer Wortgleichungen zu schließen ist. Die Aufspaltung des Samojedischen in die heutigen Sprachen begann wohl erst vor etwa 2000 Jahren.

Die finno-ugrische Gruppe war von Anfang an die bei weitem größere. Erste Aufspaltungen dieser Gruppe gehen mindestens auf das 3. Jt. v. Chr. zurück. Wie schon oben erwähnt, ist die Reihenfolge der Abspaltungen und damit der Verlauf der Ausdehnung der finno-ugrischen Sprachen inzwischen strittig. Die neueren Resultate sehen dagegen die samisch-finnische Gruppe als eine periphere Einheit an, die zuerst und zwar schon im 3. Jt. v. Chr. vom finno-ugrsichen Kern abrückte. Es folgten das Mordwinische und das Mari (etwa um 2000 v. Chr.) und schließlich das Permische in der Mitte des 2. Jts. v. Chr. Als Kern blieben die Sprachen zurück, aus denen sich das Ugrische entwickelte. Wohl bereits 1000 v. Chr. kann man die Trennung des Ungarischen von den ob-ugrischen Sprachen ansetzen. Die Ungarn zogen seit 500 n. Chr. zusammen mit türkischen Stämmen westwärts und erreichten und eroberten das schwach besiedelte Karpatenbecken 895 n. Chr.

Quellenangabe: Prof.Dr. Ernst Kausen: Die uralische Sprachfamilie. Gießen 2000

Charakteristika der uralischen Sprachen

Saamische Sprache


Allgemein

Grundsätzlich kann nicht von „der“ saamischen Sprache gesprochen werden, da es mehrere verschiedene Dialekte – bzw. sprechen hier auch manche schon von verschiedenen Sprachen – die in 4 Staaten (Norwegen, Schweden, Finnland und Russland) gesprochen werden. Folgende Einteilung in 9 Hauptdialektgruppen kann getroffen werden:


  1. Südsaamisch
    • Jämtlandsaamisch
    • Aselesaamisch
  2. Umesaamisch
  3. Pitesaamisch
  4. Lulesaamisch
  5. Norwegisches oder Nordsaamisch
    • Tornesaamisch
    • Finnmarksaamisch
    • Meersaamisch
  6. Inarisaamisch
  7. Skoltsaamisch
  8. Kildinsaamisch
  9. Tersaamisch

Die Dialekte 1-5 bilden die westlichen saamischen Dialekte, 6-9 die östlichen saamischen Dialekte.


Schriftsprache?

Gemessen an der Zahl seiner Sprecher ist Nordsaamisch der größte Dialekt und wird daher auch als Basis für die Schriftsprache die für Norwegen, Schweden und Finnland herausgearbeitet wurde, herangezogen. Aufgrund dieser Tatsache sind auch alle grammatikalischen Beispiele im folgenden Artikel, wenn nicht anders vermerkt, aus dem Nordsaamischen.


Phonologie


Morphologie


Wortarten des Saamischen

  1. Nominalformen
    1. Nomen
    2. Adjektive
    3. Numerale
      Kardinale Numerale
      Ordnungsnumerale
    4. Pronomina
      Personalpronomina
      Demonstrativpronomina
      Relativpronomina
      Interrogativpronomina
      Reflexivpronomina
      Indefinitpronomina
  2. Verben
  3. Partikel
    1. Adverben
    2. Konjunktionen
    3. Postpositionen und Präpositionen
    4. Enklitika
    5. Interjektionen

Grundsätzlich ist das Saamische eine vergleichsweise synthetische Sprache, grammatikalische Kategorien werden durch die Zufügung eines Suffixes an den Stamm ausgedrückt. Sowohl das Suffix als auch der Wortstamm können morphohonemischen Alternationen unterliegen, wobei bei einem nicht flektierten Suffix die morphologische Kategorie durch Alternationen des Stammes, nämlich morphologische quantitative und qualitative phonemische, angezeigt wird.


Deklination

Im Saamischen gibt es

  • 8 Fälle (Nominativ, Genitiv, Akkusativ, Illativ, Locativ, Komitativ, Abessiv und Essiv) und
  • 3 verschiedene Zahlen (Singular, Plural und Dual, dieser ist jedoch nur in Personalpronomina und Possessivsuffixen zu finden.)

Die Possessivsuffixe zeigen Person des Besitzers und die Zahl an. Aufgrund der Possessivsuffixe kann im Saamischen zwischen absoluter Deklination (z.B.: guos'si 'Gast') und possessiver Deklination (z.B.: guos'sán 'mein Gast') unterschieden werden.


Absolute Deklination

Nom. guolle ('Fisch')
Gen. guole
Akk. guole
Ill. guollai
Lok. guolest
Kom. guliin
Abess. guoleta
Ess. guollen


Possessive Deklination (hier nur Nominativ Singular)

ac'ce 'Vater'

Singular

1. ac'cam 'mein Vater'
2. ac'cad 'dein Vater'
3. ac'ces 'ihr/sein Vater'

Dual

1. ac'came 'meine zwei Väter'
2. ac'cade 'deine zwei Väter'
3. ac'ceska 'seine/ihre zwei Väter'

Plural

1. ac'camek 'meine Väter'
2. ac'cadek 'deine Väter'
3. ac'cesek 'seine/ihre Väter'


Bei Adjektiven kann durch die Anfügung eines -s an die Basis eine spezielle attributive Form gebildet werden:

giew'ra: giewras 'stark'


Manche Adjektive verlieren diesen Konsonanten in ihrer attributiven Form:

allag: alla 'hoch'


Andere wiederum sind formgleich mit der Basisform:

duotta 'wahr', nourra 'jung'


Konjugation

Das Saamische weist

  • 4 Modi (Indikativ, Potential, Konditional und Imperativ),
  • 4 Zeiten (Präsens, Präteritum, Perfekt und Plusquamperfekt),
  • 3 Zahlen (Singular, Plural und Dual),
  • 3 Personen,
  • aktive und passive Formen auf.

Auch existieren im Saamischen nominale Formen des Verbes:

  • Infinitiv
  • Gerundium I
  • Gerundium II
  • Abessiv
  • Aktion
  • Partizip Präsens
  • Partizip Perfekt
  • Verbaladverb

In der Negation existiert auch eine supine Verbform, die eine finale negative Hypotaxe einleitet.


Beispiel: diettet (‚wissen‘)

Aktiv Indikativ Präsens:

Singular

1. diedam ‚ich weiß‘
2. diedak ‚du weißt‘
3. dietta ‚er/sie/es weiß‘

Dual

1. ditti ‚wir (zwei) wissen‘
2. dietteboet’te ‚ihr (zwei) wisst‘
3. dietteba ‚sie (zwei) wissen‘

Plural

1. diettep ‚wir wissen‘
2. diettebettit ‚ihr wisst‘
3. dittik ‚sie wissen‘

Gerundium I: diedededdiin
Gerundium II: diettemin
Abessiv: diedekoet’ta( i )
Partizip Präsens: diet’te
Partizip Perfekt: diettam
Verbaladverb: diede


Die Verbformen im Präsens und Imperfekt sind jeweils einteilig, zur Bildung des Perfekt und Plusquamperfekt wird das Hilfspräfix loe- (‚sein‘) benötigt, welches für die jeweilige Person und Partizip Perfekt flektiert werden muss:

Aktiv Indikativ Perfekt:

Singular

1. loem diettam ‚ich habe gewusst‘
2. loek diettam ‚du hast gewusst‘
etc.

Aktiv Indikativ Plusquamperfekt:

Singular

1. legjim diettam ‚ich hatte gewusst‘
2. legjik diettam ,du hattest gewusst‘
etc.


Die negativen Verbformen werden mit einem für die jeweilige Person flektierten Hilfswort und der negativen Form des Verbes gebildet:

Aktiv Indikativ Präsens:

Singular

1. im diede ‚ich weiß nicht‘
2. ik diede ‚du weißt nicht‘
3. i diede ‚er/sie/es weiß nicht‘
etc.


Wortbildung

Derivation

In den saamischen Sprachen sind sowohl nominale als auch verbale Derivation zur Bildung von Nomen, Verben und Adverben möglich. Die meisten Derivationen werden durch das Anhängen eines Derivationssuffixes an den zwei- oder einsilbigen Stamm gebildet:
borramus (‚das Essen‘) abgeleitet vom Verbstamm borra- (‚essen‘)
Manchmal erfolgt die Derivation jedoch durch einen Lautwandel im Stamm:
cala (‚Schreiben, etwas Geschriebenes‘) abgeleitet vom Verbstamm calle (‚schreiben‘)

Durch nominale Derivation kann u.a. Qualität, Beziehung, Ähnlichkeit und Verkleinerung ausgedrückt werden, während verbale Derivation Nomen, die für eine Handlung, das Objekt einer Handlung, das Resultat einer Handlung u.ä. stehen, aber auch verschieden Arten von Verben wie passive, reflexive, kausative, entstehen lässt.

Komposition

Komposition ist die am häufigsten vorkommende Art der Wortbildung im den saamischen Sprachen, die meisten daraus entstehenden Wörter sind Nomen.
Bei diesen ist das erste Element meist ein Nomen im Nominativ oder Genitiv, nur sehr selten in einem anderen Fall, niemals jedoch im Nominativ Plural. Auch Adjektive, Verben oder Adverbien sind als erstes Element möglich, z.B.: unna-manna (‚kleines Kind‘), cok’kam-saggje (‚ein Platz zum Sitzen‘).
Zusammengesetzte Adjektive beginnen meist mit einer attributiven Form des Adjektivs, Genitiv Singular eines Nomens (jedoch nur sehr selten mit Nominativ Singular) oder einer Kardinalzahl, z.B.: golma-jakkasas (‚Dreijähriger‘)
Es gibt auch zusammengesetzte Verben, jedoch kommen diese meist nur in der religiösen Sprache vor und sind oft Lehnwörter aus skandinavischen Sprachen. Adverbien und Nomen in einer Lokalkasusform bilden dabei meist das erste Element.


Syntax


Ostseefinnische Sprachen


Allgemein

Die ostseefinnischen Sprachen bilden den westlichen Teil der uralischen Sprachefamilie und lassen sich in eine nördliche und eine südliche Untergruppe einteilen. Zur nördlichen Gruppe zählen Finnisch, Wepsisch, Karelisch und Ingrisch (sozusagen ein „Ausläufer des Karelischen“ (Laakso)), zur südlichen Estnisch, Livisch und Wotisch. Davon sind jedoch Estnisch und Finnisch die zwei einzigen Sprachen mit einer standardisierten Schriftsprache.

Gewisse Merkmale sind allen ostseefinnischen Sprachen gemein, wie zum Beispiel das Fehlen eines grammatikalischen Geschlechts. Ausnahmen bilden spezielle weibliche Formen vor allem bei Berufsbezeichnungen wie bspw. im Finnischen laulajatar (‚Sängerin‘) vgl. laulaja (‚Sänger‘) und kuningatar (‚Königin‘) vgl. kuningas (‚König‘). Im Finnischen wird dabei meist die Endung -tar verwendet, diese ist auch teilweise im Estnischen und Karelischen zu finden. Die Endung -nna (est. sobranna ‚Freundin‘) kommt am häufigsten im Estnischen, teilweise auch im Finnischen, jedoch in keinen anderen ostseefinnischen Sprachen vor. Bis auf diese Ausnahmen sind die ostseefinnischen Sprachen jedoch geschlechtlos. So ist die Bezeichnung sowohl für ‚er‘ als auch für ‚sie‘ im Finnischen hän und im Estnischen tema/ta.

Eine weitere Besonderheit der ostseefinnischen Sprachen ist das Fehlen von Artikeln. Zwar gibt es Indefinitpronomen, die mehr oder weniger als unbestimmte Artikel verwendet werden können, doch bleiben sie dabei Pronomen und keine Artikel. Eine Möglichkeit zwischen bestimmt und unbestimmt zu unterscheiden ist die Verwendung von entweder Nominativ oder Partitiv im Subjekt oder Objekt und dabei auf das Verhältnis der Kongruenz von Subjekt und Prädikat zu achten. Ein Beispiel aus dem Finnischen: Kaksi poikaa tulee. (‚Zwei Buben kommen.‘) vs. Kaksi poikaa tulevat. (‚Die zwei Buben kommen.‘)


Phonologie


Morphologie


Syntax

Quellen


(1)

Sinor, D. (Hg.). 1988. The Uralic Languages: Description, History and Foreign Influences. Leiden: Brill.

(2)

Abondolo, D. (Hg.). 1998. The Uralic Languages. London and New York: Routledge.

(3)

Collinder, B. 1957. Survey of the Uralic Languages. Stockholm: Almqvist & Wiksell.

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