Einige unfrisierte Gedanken zu Ulrikes Exposé.

immer gleich

Ändern lasst sich gar nix
Weil sonst hätt mer's ja schon gmacht –

(Georg Kreisler)

Alltäglichen Abläufen fehlt der Anreiz zur Veränderung. In dieser Hinsicht ist alles, was das Gebräuchliche stört, "nicht normal".  Newton: Ein in Bewegung befindlicher Körper bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit weiter, wenn keine äußeren Kräfte auf ihn einwirken. Selbst regelmäßig auftretende Irritationen ändern diesen Zustand nicht. Diese bemerkenswerte Selbstgenügsamkeit ist Ruhe-in-sich-selbst -- und auch ein Grund dafür, dass Alltäglichkeit verpönt ist. Letzteres gerade dann, wenn es als Normalität im Sinn einer Grundbefindlichkeit verstanden wird. Wenn so getan wird, als sollte das Leben so sein. Aber ist es nicht wahr? Kann man auf Alltäglichkeit  verzichten? 

im Vergleich

Verbrauch pro Kopf und Tag in Österreich: Jeder Haushalt verbraucht täglich 135 Liter Trinkwasser (direkt) –  im Vergleich

dazu beträgt der virtuelle Verbrauch 4.377 Liter täglich!

(Der Konsument)

Die Sichtweise, dass jedes Ding, das wir im Alltag benötigen, seinen eigenen Wasserverbrauch hat, in der Entstehung und im Fortbestehen, ist nicht alltäglich. Solche Vergleiche brechen die Selbstgenügsamkeit. Sie bringen Unruhe in die Gedankenwelt. Statistiken "können die Augen öffnen". Sie stehen quer zur Beschönigungstendenz, die zur Aufrechterhaltung des "business as usual" nötig ist. Sie können allerdings auch die entgegengesetzte Wirkung verfolgen und nahelegen, dass bestimmte Zustände "durchaus normal sind".  Sie sind bisweilen ein Unruheherd, oder aber ein Ruhepolster. Eigenartig, dass diese methodischen Messgrößen sich derart in das Alltagsleben einschalten. Dass sie die Kraft haben, es aus der Bahn zu werfen und es zu bestätigen.  

so_gleich

Oberstes Gebot der Stunde ist, unser Gesundheitssystem nicht zu überlasten.

(LH Stelzer und LH-Stv. Haberlander)

Solche Gebote sind nicht alltäglich. Sie treten in Krisensituationen auf. Ihr Zweck ist allerdings, "die Normalität zu schützen", oder zu ihr zurückkehren zu können. "Die Norm" spielt ein Doppelspiel. Einerseits scheint Normalität keine Begründung zu benötigen, andererseits operiert man mit Normen, um die sie wiederherzustellen. Ist die besagte Richtlinie die richtige Norm? Was bedeutet es, dass beim Versuch, "zum Alltag zurückzukehren" plötzlich sichtbar wird, dass gar nicht klar ist, wie das geht, und was dieses Ziel sein kann? Es ist ein Erbe der Aufklärung, dass Normen vernünftig, von alle Menschen geteilt, und darum alltäglich sein mögen. Und es stellt sich, wie der Beitrag Elsbeth Wallnöfers zeigt, heraus, dass Alltäglichkeiten auch offensiv reklamiert werden können. Dass der Verlust der Alltäglichkeit eine Wut erzeugt, die sich gegen beamtete Versuche richtet, zum Gleichmaß zurückzukehren.




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