DIE UDMURTEN
Die Udmurten gehören - zusammen mit den Komi - zu den permischen Völkern. Ihr Siedlungsgebiet ist die Wolga-Ural-Region. Der Großteil der Bevölkerung lebt auf dem Land.
Sie haben eine eigene Republik innerhalb der russischen Föderation.(1)
#Abb. 1 Flagge der Udmurten
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Urpermisch gab es bis zum 8. Jahrhundert n.Chr. Im 13. Jahrhundert gab es mongolisch-kiptschakische neue Eroberer. Durch die Eroberung der Mongolen kam es zu immer stärkeren Kontakten mit den Turkvölkern, dem Islam und den Mari. Bis zum 16. Jahrhundert waren die Südudmurten im Khanat von Kasan, das ein tatarischer Staat war. Im 16. Jahrhundert kam es zur russischen Eroberung und Kolonisation, die die Christianisierung der Udmurten sowie Leibeigenschaft, Bauernaufstände und Auswanderung zur Folge hatte. Es entstanden udmurtische Inseln in Baschkirien und Tatarstan. Im 19. Jahrhundert bildete sich eine nationale Intelligenzia. In den 1920er Jahren wurde der Udmurtische autonome Bezirk gegründet, der später zur Republik wurde. Außerdem etablierte sich eine Schriftsprache, es gab udmurtischen Schulunterricht und Literatur. In den 1930er Jahren kam es zur Zwangskollektivisierung und zum Terror gegen Minderheiten. In den Nachkriegsjahren wurde der udmurtische Schulunterricht immer mehr abgebaut.(3)
Geographische Verbreitung
Die Udmurten verfügen über eine eigene Republik, die zur russischen Föderation gehört. Die Republik Udmurtien liegt in Russland westlich des Uralgebirges. Dort leben ca. 2/3 der Udmurten. Die Hauptstadt heißt Ischewsk/ Ischkar. Es leben allerdings auch einige Udmurten in den Nachbargebieten z.B. in Baschkirien, Tatarstan oder Mari El. Das Klima ist ein gemäßigtes Kontinentalklima. Etwa 44% der Fläche der Republik Udmurtien besteht aus Wäldern. Die Republik Udmurtien steht aufgrund der Waffenindustrie wirtschaftlich besser da als die Republiken Mordwinien und Mari El. Im Jahr 2002 betrug die Bevölkerungsanzahl ca. 636.900.(1) (3) (4)
Kultur
Religion
Bei wolgafinnischen und permischen Völkern lässt sich feststellen, dass zwischen profanen und heiligen Orten unterschieden wird. Ausserdem wird unterschieden zwischen heiligen Orten und Orten, die durch bestimmte Riten bei Geburt, Heirat und Tod vorübergehend als heilig gelten.
Die Wolgafinnen und Permier glauben, dass in der Sauna eine Gottheit wohnt, so dient die Sauna als heiliger Ort, an dem die körperliche und geistige Reinigung des Menschen stattfindet.
Werdende Mütter ziehen sich für die Geburt ihres Kindes stets in die Sauna zurück.Auch die Hebamme spielt eine wichtige Rolle. Sie genießt hohes Ansehen und vollzieht bei der Geburt viele Riten und Zeremonien.
Auch Hochzeiten sind von vielen zeremoniellen Riten geprägt. Als vorübergehende heilige Orte gelten das Elternhaus des Bräutigams, das Elternhaus der Braut sowie das Heim des frischvermählten Paares.
Außerdem sucht die Braut am Morgen nach der Hochzeit die Wasserquelle auf, ein grundsätzlich von jeher als heilig geltender Ort, wo sie sich und Familienmitglieder mit etwas Wasser bespritzt und die über die Quelle wachende Gottheit um Segen.
Doch auch beim Übergangsritus Tod gibt es vorübergehend und grundsätzlich heilig geltende Orte. Als vorübergehender heiliger Ort gilt etwa die Stelle an die, während der Totenwaschung, die Sachen des Verstorbenen gebracht werden. Der Friedhof hingegen ist dauerhaft als heilig anzusehen. Hier ist interessant anzumerken, dass die Wolgafinnen und Permier grundsätzlich nur zu Begräbnissen und Gedächtnisfeier, unter Einhaltung bestimmter Regeln, den Friedhof aufsuchen, u.a. da sie grosse Angst haben, sich ansonsten mit dem Tod zu infizieren oder den Tod mit nach Hause zu bringen.
Folklore
Wie alle andern wolgafinnischen und permischen Völker, haben auch die Udmurten zahlreiche Riten und Zeremonien. Auffallend ist, dass sie alle bei unterschiedlichen Lebenszyklen, wie etwa Geburt, Heirat und Tod, von Übergängen sprechen.
Anhand dieser Lebensabschnitte wird deutlich, dass das gemeinsame Essen ein wichtiger ritueller Bestandteil ist. So verbindet es die Menschen und fügt sie zu einer Handlungseinheit zusammen. Beispielsweise wird die Aufnahme eines neugeborenen Familienmitglieds mit einem gemeinsamen Essen bekräftigt. Zur Hochzeit nimmt das Brautpaar eine speziell für sie gekochte Suppe zu sich.
Die Wolgafinnischen und permischen Völker haben heilige Orte, wie auch heilige Tiere und Pflanzen. Wobei immer zwischen heilig und profan zu unterscheiden ist. So kommt z.b.: dem Hund, wie auch Hahn und Henne die Bedeutung des Todesboten zu. Die Wolgafinnen und Permier glauben an eine enge Verbindung dieser Tiere zu den Göttern. Der Kuckuck gilt als Seelenvogel und symbolisiert bei Klageliedern der Braut sowie Totenklagen die Trauer.
In der Planzenwelt werden Eichen, Kiefern, Linden und Birken heiliger Charakter zugeschrieben, und sind ein beliebtes Motiv in der Folklore dieser Völker. Auch der Eberesche wird, einerseits aufgrund der Tatsache, das sie ein Nahrungsmittel ist, andererseits aus religiösen Gründen, eine wichtige Rolle zugeschrieben. So glauben die wolgafinnischen und permischen Völker, dass in diesem Baum, die Seelen der Verstorbenen wohnen.
In der Folklore der Völker ist auffallend, dass sehr häuftig rote Beeren und Pflanzen als Motiv fungiere, was vermutlich darauf zurückzuführen ist, dass die Farbe rot als Schutzfarbe gilt, die böse Geister vertreibt.
Kunst
Literatur
Im 19. Jahrhundert wurde das erste udmurtische Gedicht "Taubenblaues, taubenblaues Täublein..." von Grigorij Verecagin veröffentlicht. Einer der ersten udmurtischen Schriftsteller war Kuzebaj Gerd. Er schrieb zu Beginn des 20. Jahrhunderts mehrere Gedichte und Erzählungen. Die meisten davon wurden in Lehrbüchern veröffentlicht, die er selbst geschrieben hatte. In den 1930er Jahren drehte sich in der Thematik der Gedichte verschiedener Autoren alles um den Sozialismus. Außerdem wurden verschiedene Lehrbücher veröffentlicht, die sich mit udmurtischer Literatur befassen. Allerdings blieben darin einige Schriftsteller unerwähnt, die am nationalen Erwachen der Udmurten beteiligt waren z.B.: Kuzebaj Gerd. Das 1966 veröffentlichte Buch "Udmurtische Literatur" teilt die Entwicklung der udmurtischen Literatur in sechs verschiedene Phasen ein. Zur 1. Phase gehört die Zeit vor 1917. Damals wurde die Grundlage der udmurtischen Literatur geschaffen. In der 2. Phase (1917-1929) gab es erste literarische Versuche. Die 3. Phase (1930-1939) ist die Phase der Vorkriegsliteratur. Zur 4. Phase gehören die Werke, die zur Zeit des 2. Weltkriegs veröffentlicht wurden und zur 5. Phase Werke, die nach dem Krieg bis Mitte der 1950er Jahre erschienen. Zur 6. Phase gehört die Gegenwartsliteratur.
Seit Ende der 1980er Jahre hat sich ein Wandel in der udmurtischen Literatur vollzogen. Die zentralen Themen sind jetzt nicht mehr sozialistischer Natur, sondern die Vergangenheit und Gegenwart der Udmurten. Eine weitere inhaltliche Neuerung ist, dass das Leben in der Stadt eine wichtige Rolle spielt und nicht mehr das Leben auf dem Land. Außerdem gibt es heute auch immer mehr Autoren, die sich nicht nur mit Prosa sondern auch mit Poesie beschäftigen. Einer davon ist Vjaceslav Ar-Sergi, der in seinem Gedichtband "Rendez-vous" neben russischen auch Gedichte in udmurtischer Sprache veröffentlichte. In der Gegenwartsliteratur wird häufig auf Folkloreüberlieferungen zurückgegriffen.(1)
Sprache
Die Udmurten gehören sprachgenetisch am engsten mit den Syrjänen zusammen. Beide gehören zum permischen Zweig der finno-ugrischen Sprachen.
Es gibt 3 Hauptdialekte:
- Norddialekte
- Mitteldialekte
- Süddialekte
Die Dialektunterschiede sind allerdings ziemlich gering!
In den 1920-30er Jahren entstand eine offiziell anerkannte Schriftsprache und es gab udmurtischen Schulunterricht. Zur Zeit Stalins verlor die udmurtische Sprache allerdings immer mehr an Bedeutung. Heute sind alle Udmurten zweisprachig (Udmurtisch-Russisch). Offiziell ist Udmurtisch zwar als Staatsprache neben Russisch anerkannt, es wird aber in der Praxis im öffentlichen Leben kaum verwendet. Im Alltag kommt man ohne Russischkenntnisse praktisch kaum aus. Besonders bei der Stadtbevölkerung findet nach wie vor eine starke Russifizierung statt. Auch im Schulunterricht ist die udmurtische Sprache kaum vertreten. Als Unterrichtssprache wird Udmurtisch nur in den untersten Klassen und in Dorfschulen verwendet. Zur Zeit lernt nur etwa 1/3 der udmurtischen Kinder Udmurtisch in der Schule.
Die udmurtische Sprache hat ein 7-Vokalsystem, das neben den Vokalen a, e, i, o, u auch die Mittelvokale y und ö enthält. Es gibt 15 Kasus und 3-4 Modi. Die Betonung liegt im Udmurtischen auf der letzten Silbe. Geschrieben wird in der kyrillischen Schrift. Lehnwörter kommen vor allem aus den Turksprachen und heute auch aus dem Russischen.(3)
Quellen
(1)
Kahrs, U., Schötschel, M. 2011: Literatursoziologische Entwicklungen bei Wolgafinnen und Permiern (1985-2008): Verlag Dr. Kovac GmbH Hamburg
(2)
Kahrs, U. 2008: Der Lebenszyklus bei den wolgafinnischen und permischen Völkern: Kontextfelder, Konzepte und Identität: Harrassowitz Verlag Wiesbaden in Kommission
(3)
Laakso, J.: Vorlesungsfolien SS 2011: Kulturen der uralischen Völker
(4)
FennoUgria: Udmurts: Zugriff am 28.12.2011 http://www.fennougria.ee/index.php?id=11133
Abb. 1
Flagge der Udmurten: http://www.fennougria.ee/index.php?id=11133