Mandl, Peter, Andreas Bakomenko, und Johannes Weiß. Grundkurs Datenkommunikation: TCP/IP-basierte Kommunikation: Grundlagen, Konzepte und Standards. 1. Aufl. Studium. Wiesbaden: Vieweg + Teubner, 2008. S.2ff
Das ISO/OSI-Referenzmodell
Die gesamte Funktionalität, die hinter der Rechnerkommunikation steckt, ist zu
komplex, um ohne weitere Strukturierung verständlich zu sein. Im Rahmen der
Standardisierungsbemühungen der ISO hat man sich daher gemäß dem Konzept
der virtuellen Maschinen mehrere Schichten ausgedacht, um die Materie etwas
übersichtlicher zu beschreiben.
Das ISO/OSI-Referenzmodell (kurz: OSI-Modell) teilt die gesamte Funktionalität in
sieben Schichten (siehe Abbildung 1-1) ein, wobei jede Schicht der darüberliegen-
den Schicht Dienste für die Kommunikation bereitstellt. Die unterste Schicht be-
schreibt die physikalischen Eigenschaften der Kommunikation und darüber liegen
Schichten, die je nach Netzwerk teilweise in Hardware und teilweise in Software
implementiert sind.
Die Schichten einer Ebene, die in verschiedenen Rechnersystemen (auch offene
Systeme genannt) instanziert werden, kommunizieren horizontal miteinander über
Protokolle. Jede Schicht innerhalb eines offenen Systems stellt der nächst höheren
in vertikaler Richtung Dienste zur Verfügung. Das Konzept der virtuellen Maschi-
ne findet hier insofern Anwendung, als keine Schicht die Implementierungsdetails
der darunterliegenden Schicht kennt und eine Schicht n immer nur die Dienste der
Schicht n-1 verwendet.
...
Die einzelnen Schichten haben im ISO/OSI-Referenzmodell folgende Aufgaben:
- Die Bitübertragungsschicht (Schicht 1) ist die unterste Schicht und stellt eine physikalische Verbindung bereit. Hier werden die elektrischen und mechanischen Parameter festgelegt. U. a. wird in dieser Schicht spezifiziert, welcher elektrischen Größe ein Bit mit Wert 0 oder 1 entspricht. Hier werden nur Bits bzw. Bitgruppen ausgetauscht.
- Die Sicherungsschicht (Schicht 2) sorgt dafür, dass ein Bitstrom einer logischen Nachrichteneinheit zugeordnet ist. Hier wird eine Fehlererkennung und -korrektur für eine Ende-zu-Ende-Beziehung zwischen zwei Endsystemen bzw. Transitsystemen unterstützt.
- Die Netzwerk- oder Vermittlungsschicht (Schicht 3) hat die Aufgabe Verbindungen zwischen zwei Knoten ggf. über mehrere Rechnerknoten hinweg zu ermöglichen. Auch die Suche nach einem günstigen Pfad zwischen zwei Endsystemen wird hier durchgeführt (Wegewahl, Routing).
- Die Transportschicht (Schicht 4) sorgt für eine Ende-zu-Ende-Beziehung zwischen zwei Kommunikationsprozessen und stellt einen Transportdienst für die höheren Anwendungsschichten bereit. Die Schichten eins bis vier bezeichnet man zusammen auch als das Transportsystem.
- Die Sitzungsschicht (Schicht 5) stellt eine Sitzung (Session) zwischen zwei Kommunikationsprozessen her und regelt den Dialogablauf der Kommunikation.
- Die Darstellungsschicht (Schicht 6) ist im Wesentlichen für die Bereitstellung einer einheitlichen Transfersyntax zuständig. Dies ist deshalb wichtig, da nicht alle Rechnersysteme gleichartige Darstellungen für Daten verwenden. Manche nutzen z. B. den EBCDIC - andere den ASCII-Code und wieder andere den Unicode. Auch die Byte-Anordnung bei der Integer-Darstellung (Little Endian und Big Endian Format) kann durchaus variieren. Unterschiedliche lokale Syntaxen werden in dieser Schicht in eine einheitliche, für alle Rechnersysteme verständliche Syntax, die Transfersyntax, übertragen.
- Die Verarbeitungs- oder Anwendungsschicht (Schicht 7) enthält schließlich Protokolle, die eine gewisse Anwendungsfunktionalität wie Filetransfer oder E-Mail bereitstellen. Die eigentliche Anwendung zählt nicht zu dieser Schicht. Hier sind viele verschiedene Protokolle angesiedelt.
- Für jede Schicht gibt es im Modell mehrere Protokollspezifikationen für unterschiedliche Protokolle. In der Schicht 4 gibt es z. B. verschiedene Transportprotokolle mit unterschiedlicher Zuverlässigkeit. Grob kann man auch festhalten: Die Schicht 2 dient der Verbindung zwischen zwei Rechnern (Endsystemen oder Zwischenknoten), sorgt sich also um eine Ende-zu-Ende-Verbindung zwischen zwei Rechnern. Die Schicht 3 unterstützt Verbindungen im Netzwerk (mit Zwischenknoten), also Ende-zu-Ende-Verbindungen zwischen zwei Rechnern (Endsysteme) über ein Netz. Die Schicht 4 kümmert sich um eine Ende-zu-Ende-Kommunikation zwischen zwei Prozessen auf einem oder unterschiedlichen Rechnern.