DIE KOMI
Die Komi gehören - zusammen mit den Udmurten - zu den permischen Völkern. Sie sind im Wolga-Ural-Gebiet angesiedelt. Der Großteil der Bevölkerung lebt auf dem Land.(1)
Zu den Komi gehören mehrere Volksgruppen:
- die eigentlichen Komi oder Komi-Syrjänen
- die Ostpermjaken oder Jaswa-Komi
- die Komi-Permjaken (3)
#Abb. 1 Flagge der Komi
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Im 7. Jahrhundert n.Chr. erfolgte die Trennung von den Vorfahren der Wotjaken. Im 11. Jahrhundert kam es zu ersten Kontakten mit den Russen. Die Christianisierung fand im 14. Jahrhundert statt. Im 17. und 18. Jahrhundert kam es zu Migrationen nach Norden und nach Sibirien. Im späten 19. Jahrhundert entstand eine nationale Intelligenzia und ab 1918 eine Standardsprache. In den 1920er Jahren wurden der Komi autonome Bezirk und der Komi- Permjakische autonome Bezirk gegründet. Außerdem wurde Komi als Staatssprache und Unterrichtssprache eingeführt. In den 1930er Jahren kam es unter Stalin zum Terror, wobei ein Großteil der nationalen Intelligenzia vernichtet wurde. Es gab Straflager und Deportationsorte. Nach dem 2. Weltkrieg kam es zur Marginalisierung der Komi-Sprache im Unterrichtswesen, in der Kultur und in den Medien.(3)
Geographische Verbreitung
Die Komi-Syrjänen haben eine eigene Republik, die zur russischen Föderation gehört. Sie leben in der Republik Komi in Nordwestrussland. Allerdings sind nur ca. 23% der Einwohner der Republik Komi. Die Hauptstadt heißt Syktywkar. Der Republik Komi geht es wirtschaftlich besser als den Republiken Mordwinien und Mari El, da in diesen fast ausschließlich Landwirtschaft betrieben wird, während in der Republik Komi Erdöl und Erdgas gefördert wird. Die Komi-Permjaken leben im Bezirk Perm, da im Jahr 2005 der Komi-Permjakische autonome Bezirk aufgelöst und an den Bezirk Perm angeschlossen wurde. Es gibt auch Gruppen und Siedlungen in Westsibirien sowie im europäischen hohen Norden bis zur Kola-Halbinsel. Im Jahr 2002 betrug die Bevölkerungsanzahl 293.400.(1) (3) (4)
Kultur
Auch die Komi sind bemüht ihr Kulturgut aufrechtzuerhalten und gründeten 1989 die Gesellschaft "Komi kotyr" = "Syrjänische Kameradschaft".
Religion
Bei wolgafinnischen und permischen Völkern lässt sich feststellen, dass zwischen profanen und heiligen Orten unterschieden wird. Ausserdem wird unterschieden zwischen heiligen Orten und Orten, die durch bestimmte Riten bei Geburt, Heirat und Tod vorübergehend als heilig gelten.
Die Wolgafinnen und Permier glauben, dass in der Sauna eine Gottheit wohnt, so dient die Sauna als heiliger Ort, an dem die körperliche und geistige Reinigung des Menschen stattfindet.
Werdende Mütter ziehen sich für die Geburt ihres Kindes stets in die Sauna zurück.
Folklore
Wie alle andern wolgafinnischen und permischen Völker, haben auch die Komi zahlreiche Riten und Zeremonien. Auffallend ist, dass sie alle bei unterschiedlichen Lebenszyklen, wie etwa Geburt, Heirat und Tod, von Übergängen sprechen.
Anhand dieser Lebensabschnitte wird deutlich, dass das gemeinsame Essen ein wichtiger ritueller Bestandteil ist. So verbindet es die Menschen und fügt sie zu einer Handlungseinheit zusammen. Beispielsweise wird die Aufnahme eines neugeborenen Familienmitglieds mit einem gemeinsamen Essen bekräftigt. Zur Hochzeit nimmt das Brautpaar eine speziell für sie gekochte Suppe zu sich.
Ein nachhochtzeitlicher Brauch bei den Komi ist, der sogenannte Wiesenlohn, das heisst, zu Pfingsten veranstalten, die Anfang des Jahres verheirateten Frauen, ein Essen, bei dem alle nach Geschlecht udn Alter getrennt beim Tisch sitzen. Nach dem Mahl findet ein Wettrennen zwischen den frisch verheirateten Frauen statt.
Kunst
Literatur
Die komi-syrjänische Literatur ist im Vergleich zu anderen relativ jung. Ivan Kuratov (1839-1875) war der erste heute bekannte komi-syrjänische Dichter, dessen Werke allerdings erst nach seinem Tod entdeckt wurden. Heutzutage wird die Frauenlyrik immer wichtiger in der komi-syrjänischen Literatur. Es gibt immer mehr weibliche Dichter. Die erste Dichterin war Aleksandra Miarina. Sie schreibt seit den 1960er Jahren und erneuerte die Lyrik dadurch, dass sie typisch weibliche poetische Bilder verwendet z.B.: dass das Land im Norden zur Wiege der Natur wird. Typisch für ihre Gedichte ist das mütterliche Verhältnis zur Natur und die wichtige Bedeutung der Mutterschaft. Während Miarinas Gedichte noch eher traditionell sind, gibt es heute immer mehr innovativere Poesie, da es mittlerweile sehr viele junge Dichterinnen gibt, die auch mit neuen Rhythmen, freien Versen und neuen Bildern experimentieren. In der heutigen komi-syrjänischen Dichtung spielen vor allem die Gefühle der Menschen und die Liebe eine wichtige Rolle.
Der Dichter Ivan Kuratov verfasste im 19. Jahrhundert auch die ersten komi-syrjänischsprachigen Gedichte für Kinder. In den 1930er Jahren wurde immer weniger Kinderliteratur publiziert. Erst zu Beginn der 1950er Jahre ging es wieder aufwärts mit der komi-syrjänischen Kinderliteratur, als Ivan Vavilin Märchen veröffentlichte. Ein weiterer wichtiger Vertreter der Kinderliteratur war Vasilij Lytkin, der in den 1950er Jahren zahlreiche Märchen, Gedichte und Geschichten verfasste. In seinen Werken ging es vor allem um Freundschaft. In den 1960er/ 70er Jahren waren der 2. Weltkrieg und die Nachkriegszeit häufige Themen in der Kinderliteratur. In den 1980er Jahren änderte sich die Thematik. Es ging nun um die Gefühle und die Alltagsprobleme der Kinder. In die Gegenwartsliteratur werden immer häufiger Folkloreüberlieferungen eingebaut.(1)
Sprache
Die Komi-Sprache(n) gehört/gehören zum permischen Zweig der Finno-ugrischen Sprachen und ist/sind ziemlich nah verwandt mit dem Udmurtischen.
Es gibt 2 Standardsprachen, die sehr nah verwandt sind: Komisyrjänisch und Komipermjakisch.
Im 14. Jahrhundert entstand im Zusammenhang mit der Christianisierung der Komi die "altpermische" Schriftsprache, die sogar noch bis zum 18. Jahrhundert im Gebrauch war. Ab 1918 entstand die Standardsprache, die zuerst zyrillisch, von 1934-35 lateinisch und danach wieder zyrillisch war. In den 1920er Jahren wurde Komi als Unterrichtssprache an den Schulen eingeführt. In der Zeit nach dem 2. Weltkrieg kam es allerdings zur Marginalisierung der Komi-Sprache im Bildungswesen, sowie in der Kultur und den Medien. Heute sind alle Komi zweisprachig (Komi und Russisch). Im Sprachgesetz von 1992 wurde Komi als Staatssprache neben Russisch festgesetzt. Trotzdem ist die Präsenz der Komi-Sprache nach wie vor nur marginal. Vor allem bei der Stadtbevölkerung ist Russisch weit verbreitet. Auch wenn es mittlerweile in immer mehr Schulen Komi als Unterrichtssprache oder Lehrfach gibt, lernen zur Zeit weniger als 40% der Kinder die Sprache in der Schule.
Es gibt sehr alte Lehnwörter aus den Turksprachen, indoiranischen Sprachen und aus dem Ostseefinnischen. Neuere Lehnwörter kommen vor allem aus dem Russischen.
Die Komi Sprache hat ein 7-Vokalsystem, das neben den Vokalen a, e, i, o, u auch zwei Mittelvokale hat, die oft mit y und ö transkripiert werden. Das Kasussystem umfasst ca. 20 Kasus. Dazu gehören auch einige (habitive) l- Lokalkasus. In der/ den Komi-Sprache(n) gibt es 3-4 Modi. Die Morphologie ist agglutinierend.(3)
Quellen
(1)
Kahrs, U., Schötschel, M. 2011: Literatursoziologische Entwicklungen bei Wolgafinnen und Permiern (1985-2008): Verlag Dr. Kovac GmbH Hamburg
(2)
Kahrs, U. 2008: Der Lebenszyklus bei den wolgafinnischen und permischen Völkern: Kontextfelder, Konzepte und Identität: Harrassowitz Verlag Wiesbaden in Kommission
(3)
Laakso, J.: Vorlesungsfolien SS 2011: Kulturen der uralischen Völker
(4)
KOMIS or Zyryans: Zugriff am 28.12.2011 http://www.suri.ee/eup/komis.html
Abb. 1
Flagge der Komi: http://www.fennougria.ee/index.php?id=11222