Es gibt keinen Mehrspielermodus und keine offizielle online Community. Unter r/Pentiment existiert aber eine Reddit-Community, in der das Spiel und die historischen Inhalte besprochen werden. Auch existieren mehrere YouTube-Kanäle mit Videos zum Spiel. Als Zielgruppe lassen sich vor allem geschichtsinteressierte Erwachsene identifizieren. Pentiment verfügt aktuell (Stand September 2025) über keine Lootboxen oder DLCs und hat laut der Webseite Video Games Insights bisher 3,2 Millionen US Dollar eingespielt.
Fachspezifische Analyse
| Ucloud video |
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| src | https://ucloud.univie.ac.at/public.php/dav/files/ |
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Der leitende Entwickler Josh Sawyer hat sich mehrmals öffentlich zur Entwicklung von Pentiment geäußert. So findet sich auf seinem YouTube-Kanal beispielsweise ein Video mit dem Titel „Mixing History and Fiction in ‚Pentiment‘“ (Sawyer 2023), in welchem er diverse Designentscheidungen erläutert. Auch an der Universität Wien hielt er einen Gastvortrag mit dem Titel „Painting on Silicon“ (Universitätsbibliothek Wien 2024). Sawyer hat selbst ein Geschichtsstudium abgeschlossen und sich in seiner Studienzeit vor allem auf das Heilige Römische Reich und die frühe Neuzeit fokussiert (Sawyer 2023, 00:00:20-00:01:24). Er hatte schon seit seiner Jugend Interesse an historischen Spielen, Pentiment ist das Resultat dieser persönlichen Begeisterung (Universitätsbibliothek Wien 2024, 00:04:55-00:07:10).
Wie bereits erwähnt ist das Spiel in weiten Teilen inspiriert von Umberto Ecos Der Name der Rose (ital.: Il nome della rosa), in welchem es ebenfalls um Morde in einem Kloster geht. Durch Bezüge wie diesen ist das Spiel auch von popkulturellen bzw. medialen Darstellungen des Mittelalters beeinflusst (Sawyer 2023, 00:03:51-00:04:32). Auf der Videospielplattform Steam wird behauptet, dass man durch das Spiel das 16. Jahrhundert „erleben“ könne, was einen gewissen Anspruch an Historizität und Authentizität signalisiert. Die offizielle Webseite ist etwas gemäßigter, betont aber durchaus, dass das Spiel historisch sei. Der Director und Lead Writer Josh Sawyer selbst stellt keinen Authentizitätsanspruch. Er beschreibt das Spiel als „historical fiction“, nicht als eine Darstellung historischer Ereignisse. Laut ihm war es die Aufgabe des Teams, einen geschichtlichen Rahmen zu schaffen, in dem eine fiktive Handlung stattfinden kann, für die das Team intensive Recherchearbeit leistete (Sawyer 2023, 00:12:14-00:16:10). Auch Historiker:innen wurden zu Beratung herangezogen (Universitätsbibliothek Wien 2024, 00:37:03-00:39:40). Nicht zuletzt deshalb ist das Spiel auch gefüllt mit historischen Inhalten und Referenzen. So träumt Andreas zum Beispiel von einem Schiff voller Narren, was klar als eine Anspielung auf Daß Narrenschyff ad Narragoniam, dem 1494 erschienenen Buch von Sebastian Brant, zu lesen ist (Lippok 2024). Um der Handlung folgen zu können, ist dennoch kein Vorwissen notwendig, alle nötigen Informationen werden im Dialog erläutert und durch Einträge im spielinternen Glossar ergänzt (Sawyer 2023, 00:47:39-00:50:11). Sawyer beschreibt die Handlung und das fiktionale Setting als historisch möglich, aber unwahrscheinlich. Es gibt viele Aspekte in Tassing und Kiersau, die für die damalige Zeit außergewöhnlich gewesen wären (römische Ruinen, Klosterskriptorium im 16. Jahrhundert) (Sawyer 2023, 00:35:34-00:38:20) und Sawyer ist auch transparent bezüglich der Inkludierung einiger Inhalte, die komplett ahistorisch sind. So greift etwa das Design einer Windmühle auf Elemente zurück, die erst in späteren Jahrhunderten entwickelt wurden, um den Wiedererkennungswert des Gebäudes als Windmühle für ein modernes Publikum zu sichern (Sawyer 2023, 00:21:31-00:22:38). Auch die Gestaltung Klosterskriptoriums stellt für das 16. Jahrhundert einen Anachronismus dar. Diese Widersprüche zwischen Spielgestaltung und historischer Realität werden mitunter im Spiel direkt angesprochen (Sawyer 2023, 00:35:12-00:38:10). Der visuelle Stil und die Musik schaffen ein historisches Authentizitätsgefühl, da sie sich an den Trends der dargestellten Epoche orientieren. Die visuelle Gestaltung, welche als Mischung aus mittelalterlichem Manuskript und neuzeitlichen Holzdruck zu charakterisieren ist, ist repräsentativ für den im Spiel aufgegriffenen thematischen Schwerpunkt des „Epochenwechsels” (Universitätsbibliothek Wien 2024, 00:12:44-00:14:33). Die für Pentiment angefertigten Schriftarten wurden bewusst auf eine Art und Weise gestaltet, die physische Handschrift imitiert. Die Fonts sind inspiriert von historischen Skripten, dadurch soll das Gefühl der Historizität für die Spielenden verstärkt werden. Es gibt sechs verschiedene Schriftarten für unterschiedliche soziale Gruppen (Mönche/Nonnen, Studierte Personen, gebildetes und ungebildetes Volk, Drucker). So ist dieses technische Element verknüpft mit dem inhaltlichen Element der sozialen Ungerechtigkeit, wie es wiederholt in der Handlung vorkommt. Anhand der Schriftart erkennt der:die Spieler:in sofort die soziale Stellung eines Charakters (Universitätsbibliothek Wien 2024, 00:17:10-00:28:10). Außerdem nutzt das Spiel Minigames, um einen kleinen, sehr reduzierten Einblick in mittelalterliche Arbeitsabläufe zu geben (z. B. Schmieden, Wolle spinnen) (Obsidian Entertainment 2022, 00:06:17-00:06:38). Insgesamt betrachtet bietet Pentiment ein Gegennarrativ zu verbreiteten Mittelaltervorstellungen. Nicht Ritter und Burgen, sondern hauptsächlich ‚einfache Leute‘ (Bauern, Bäcker, Steinmetz) und Geistliche (Mönche, Nonnen) stehen im Mittelpunkt. Die Charaktere sind multidimensional, verbalisieren komplexe Wertvorstellungen und erscheinen somit als vollentwickelte Individuen. Zusammengefasst lässt sich also sagen, dass die Entwickler:innen beträchtliche Mühen auf sich genommen haben, um den Spieler:innen ein möglichst authentisches subjektives Spielgefühl zu bieten – ein Umstand, der besonders bemerkenswert ist, nachdem Pentiment nach Angaben der Entwickler:innen selbst gar keinen Authentizitätsanspruch stellt.
Fachdidaktische Analyse
Trotz dieser wertvollen Aufarbeitung der Epoche kann das Spiel herausfordernd zu didaktisieren sein, da es ausgesprochen story- und textlastig ist. Das Gameplay ist dialogbasiert anstatt actionreich, wodurch es für ein jüngeres Publikum uninteressant wirken könnte. Auch bauen alle Handlungsstränge auf den vorhergegangenen auf, die Dialoge oder Szenen könnten daher ohne ausreichende Kontextualisierung verwirrend sein. Da das Spiel automatisch speichert, ist es nicht möglich, einzelne Abschnitte abzurufen. Für die Lehrkraft bedeutet das einen erheblichen Mehraufwand, da etwa Spielstände an die Schüler:innen bzw. Konsolen verteilt werden müssten. Daher eignet sich zur Didaktisierung am ehesten der Beginn des Spiels und hier besonders das Benediktinerkloster im fiktiven Kiersau. Das Spiel lässt sich hierbei abbildend und immanent verwenden, um mittelalterliches Leben (Dorf und Kloster) sowie Biografien und Berufe (Charaktererstellung) kennen zu lernen und kann Interesse für eine weitere Beschäftigung mit frühneuzeitlichen Lebensverhältnissen bieten (historische Sachkompetenz). Werden zusätzlich Quellen eingebracht, kann das Spiel historisch kontextualisiert oder de-konstruiert werden (historische Methodenkompetenz, historische Orientierungskompetenz). Hier bietet sich besonders das Klostergebäude mit seinen unterschiedlichen Architekturen und Funktionsbereichen an, welches die Schüler:innen anhand eigener Forschungsfragen (historische Fragekompetenz) erkunden könnten. Spielextern bieten sich die zahlreichen Statements des Entwicklers für eine Kontextualisierung an. Hierbei lassen sich Designentscheidungen, wissenschaftliche Erkenntnisse und Spielfunktion in ein spannungsreiches Verhältnis setzen. Das Spiel wird somit als geschichtskulturelles Produkt sichtbar (historische Methodenkompetenz, historische Orientierungskompetenz).
Didaktisierungen