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Auszug aus NDR: Drosten kritisiert Chloroquin-Studie:
Ab Minute 3:00
Christian Drosten: Ja, das Chloroquin ist ein altbekanntes Malaria-Medikament. Eins, das nicht frei von Nebenwirkungen ist. Und wir wissen schon lange, dass Chloroquin gegen das alte SARS-Coronavirus in Zellkultur wirkt. Und das wirkt nicht nur gegen das SARS-Coronavirus, sondern gegen viele andere Viren, die ein paar ähnliche Prinzipien in der Ausschleusung aus der Zelle haben wie die Coronaviren. Die Frage ist natürlich, kann das auch bei Patienten helfen? Bei SARS hat man das nicht mit Patienten probiert. Da kam dieser Befund im Prinzip erst nach der Epidemie auf. Wir wissen aber ganz grundsätzlich in der Forschung, dass es nicht so ist, wenn man eine Substanz in Zellkultur anschaut und sieht, die hilft gegen ein Virus, dass man dann einfach dieselbe Substanz einem Patienten geben kann, und schon ist er geheilt. Das ist alles viel, viel komplizierter.
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Jetzt haben wir im Prinzip beschrieben, wie die Studie angelegt ist. Und jetzt kommen wir in den Problembereich rein. Es gibt leider in dieser Studie mehrere Dinge, wo man wirklich drüber diskutieren muss, ob man das so machen kann. Das erste, was gemacht wurde, ist, die Gruppen wurden zusammengewürfelt und aufgestellt, und das wurde nicht komplett dem Zufall überlassen. Das war also keine randomisierte Studie, wie man sagt, also eine nach Zufallskriterien zusammengewürfelte Studie. Wo wirklich im Prinzip die Münze geworfen wird, wenn ein Patient kommt und man sagt: Okay, bei dir zeigt die Münze an, du kriegst die Substanz. Und bei dir zeigt die Münze an, du kriegst die Substanz nicht. Aber wir selber, wir Kliniker und du, der Patient, wir beide wissen nicht, ob in der Tablette, die wir jetzt geben, die Substanz drin ist. Also wir haben Tabletten, die sehen genau gleich aus. Und nur der Studienleiter, der aber nicht mit uns spricht, der das nur am Ende auswertet, der weiß, wer hier die Substanz kriegt. Das wäre also eine Doppelblindstudie. So was wird eben häufig gemacht, um bestimmte Einflüsse in solchen Studien zu eliminieren. Wo man dann später dann statistisch anfangen muss, das alles infrage zu stellen, das ist hier nicht gemacht worden. Das hier ist eine Studie, die wurde gemacht, so wie die Patienten reinkamen. Und es gibt eben eine Gruppe von Patienten in einem Krankenhaus, da hat man das gemacht, das war das eigene Krankenhaus. Und dann gab es andere Patienten, die wurden aus einem anderen Krankenhaus übernommen, und da gab es keine Genehmigung, das zumachenzu machen. Und dann hat man bei denen eben die Substanz nicht gegeben, weil man keine Genehmigung hatte. Und so kommt es, dass diese Gruppen jetzt sehr unterschiedlich sind, die hier angeschaut wurden. Die behandelten Patienten sind im Durchschnitt älter, die sind 51 Jahre, gegenüber den nicht Behandelten, die 37 Jahre im Durchschnitt. Das ist ein sehr großer Unterschied. Auch ist es so, bei den behandelten Patienten sind nur zwei asymptomatische dabei, und bei den nicht behandelten sind vier asymptomatische dabei. Asymptomatisch heißt, die Patienten haben zum Zeitpunkt des Einschlusses in die Studie keine Symptome. Und diese Dinge muss man sich alle noch mal ein zweites Mal anschauen und ein zweites Mal drüber nachdenken. Was heißt das, wenn bei so einer Mischung von Patienten das Alter so stark unterschiedlich ist? Das kann heißen, dass die Grundgegebenheiten in der Patientenrekrutierung komplett unterschiedlich sind. Dass es also in dem einen Krankenhaus sehr leicht ist, für Patienten einen PCR-Test zu bekommen. Und in einem anderen Krankenhaus ist es schwieriger, darum warten die Patienten länger, bis sie schwerer krank sind, bevor sie ins Krankenhaus gehen. Und dann sind sie im Durchschnitt auch älter, weil ja die Älteren im Durchschnitt schwerer krank werden.
Jetzt kommt aber das große Aber. Und man muss dazu vielleicht auch ein bisschen die
Patienten die Patienten dieser Krankheit kennen, um das zu verstehen. Und ich bin mir sicher, viele
Klinikerviele Kliniker, die diese Studie jetzt lesen werden, oder auch Nichtmediziner, die diese
Hintergründe diese Hintergründe nicht verstehen, die werden denken, das hier ist eine ganz große Meldung,
eine eine ganz große Ermutigung, allen Patienten ab jetzt dieses Chloroquin zu geben. Es ist
aber ist aber ein großer Haken an dieser Studie, und zwar die Zeitskala, auf der das hier alles
stehtalles steht. Also die Frage: An welchem Tag messen wir eigentlich, ob das Virus weggegangen
ist? Und an welchem Tag beschreiben wir eigentlich, wie die Patienten am Anfang in die
Studie die Studie reingegangen sind und wie sie dann am Ende da rauskommen? Diese Zeitskala, auf
der auf der die Studie steht, ist nicht der Tag der Krankheit, sondern diese Zeitskala ist der Tag
des Tag des Einschlusses in die Studie.
Wir Wir haben hier ein Phänomen, wo wir zwei unterschiedliche Kohorten haben von
Patientenvon Patienten, und das wird stark angezeigt durch ein stark unterschiedliches Alter beim
Einschlussbeim Einschluss, 51 versus 37 Jahre. Da läutet bei mir die Alarmglocke und führt dazu, dass
ich dass ich da genauer hinschaue, warum diese Altersunterschiedlichkeit hier besteht. Wenn ich
dann ich dann noch mal hinschaue, dass in der einen Gruppe nur zwei Asymptomatische drin sind,
in in der behandelten Gruppe, und in der unbehandelten Gruppe sind vier Asymptomatische
drinAsymptomatische drin, dann fügt sich bei mir ein Bild zusammen, das mir sagt, die behandelte Gruppe hier
ist hier ist in Wirklichkeit einfach schon weiter fortgeschritten im Verlauf. Und egal, wann man die
in die in die Studie eingeschlossen hat, der erste Tag des Studieneinschlusses ist bei der
behandelten der behandelten Gruppe wahrscheinlich ein weiterer fortgeschrittener Tag des
Krankheitsverlaufs des Krankheitsverlaufs als bei der nicht behandelten Gruppe. Und das führt dazu, dass wir in
dieser in dieser Studie hier Äpfel mit Birnen vergleichen. Denn wir haben hier noch ein
zusätzliches ein zusätzliches Problem: Was hier gemessen wird, ist die Viruskonzentration und die
Virusnachweisrate die Virusnachweisrate nicht in der Lunge, wo die Krankheit stattfindet, sondern im Hals. In
der In der ganzen Studie wird nicht in der Lunge das Virus gemessen, sondern im Hals. Und
das Und das ist die größte Fehlannahme in dieser gesamten Studie.
Wir haben viele Erfahrungen. Wir haben die genauste Beschreibung einer nicht
behandelten nicht behandelten Patientenkohorte bei den Münchener Patienten gemacht. Und bei der
Münchener der Münchener Gruppe haben wir gesehen, wie sich die Viruskonzentration sowohl im Hals als auch in der Lunge über die Zeit verhält. Und wir können sagen, am Anfang der
Krankheit der Krankheit ist das Virus im Hals und es geht von selbst wieder weg über die – sagen wir
mal wir mal – die ersten zehn Tage ungefähr der Krankheit. Danach haben ganz viele Patienten
im viele Patienten im Hals nur noch ganz wenig oder nur noch unregelmäßig das Virus nachweisbar.
Das Das hat aber nichts damit zu tun, wie das Virus sich in der Lunge verhält. In der Lunge ist
das ist das Virus dann erst richtig replikativ, gerade bei den schweren Fällen. Und wir können
auch können auch sagen, was der Patient im Hals hat, das hat nichts damit zu tun, wie es klinisch
dann klinisch dann weitergeht mit der Erkrankung, ob der Patient dann schnell gesund wird oder erst
durch erst durch eine schwere Phase durchgeht. Was da also in dieser ganzen klinischen Studie
gemessen Studie gemessen wird, hat gar nichts mit dem Krankheitsausgang zu tun, mit den Symptomen,
sondern sondern das ist nur ein Anfangsanzeiger, wie die Krankheit losgeht. Bei allen Patienten
geht Patienten geht die Viruskonzentration in der ersten Woche runter, wenn Sie sich jetzt aber
vorstellenaber vorstellen, dass die eine Gruppe, die behandelt wird, etwas später eingeschlossen wird,
und und die unbehandelte Gruppe früher eingeschlossen wird in diese Studie, dann ist es in
der in der Natur der Sache, dass bei dieser später eingeschlossenen Gruppe – die sind ja
schon ja schon weiter in der Elimination des Virus aus dem Hals – dass das Virus dann im Hals
runtergehtHals runtergeht, schneller. Das verschwindet schneller, weil sie einfach schon länger im
Krankheitsverlauf im Krankheitsverlauf sind. Ob das jetzt zusätzlich daran liegt, dass sie behandelt sind, das
kann das kann man hier anhand dieser ganzen Studie überhaupt nicht sagen. Vielleicht wäre es so,
hätte hätte man die Gruppen so zusammengesetzt wie hier, aber hätte denen kein Chloroquin
gegebenChloroquin gegeben, sondern irgendeine Kopfschmerztablette, wäre die Studie genauso
ausgegangengenauso ausgegangen.