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Auszug aus NDR: Drosten kritisiert Chloroquin-Studie:
Ab Minute 3:00
Christian Drosten: Ja, das Chloroquin ist ein altbekanntes Malaria-Medikament. Eins, das nicht frei von Nebenwirkungen ist. Und wir wissen schon lange, dass Chloroquin gegen das alte SARS-Coronavirus in Zellkultur wirkt. Und das wirkt nicht nur gegen das SARS-Coronavirus, sondern gegen viele andere Viren, die ein paar ähnliche Prinzipien in der Ausschleusung aus der Zelle haben wie die Coronaviren. Die Frage ist natürlich, kann das auch bei Patienten helfen? Bei SARS hat man das nicht mit Patienten probiert. Da kam dieser Befund im Prinzip erst nach der Epidemie auf. Wir wissen aber ganz grundsätzlich in der Forschung, dass es nicht so ist, wenn man eine Substanz in Zellkultur anschaut und sieht, die hilft gegen ein Virus, dass man dann einfach dieselbe Substanz einem Patienten geben kann, und schon ist er geheilt. Das ist alles viel, viel komplizierter.
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Dennoch ist die Zellkultur immer der erste Schritt in der Entdeckung von solchen Substanzen. Das geht zum Teil so, dass Strukturchemiker sagen, wir gucken uns ein Molekül im Virus an und machen ein kleines Molekül, das dort irgendwo bindet oder irgendeine wichtige Stelle blockiert. Das wäre also so ein gezieltes Design von einem Medikamentenwirkstoff. Oder der andere Weg ist, und der ist häufig auch schon erfolgreich gewesen in der Vergangenheit, dass man bestimmte Sammlungen von Wirkstoffen nimmt, die die chemische Industrie für andere Dinge hergestellt hat, die auch zum Teil in der Natur vorkommen. Also es gibt auch Naturstoffsammlungen, von denen man anfangs Hinweise hat, dass die vielleicht helfen könnten gegen bestimmte Enzyme, also bestimmte Proteine, die auch in Viren vorkommen. Die Natur zum Beispiel hat solche Moleküle bereit, zum Beispiel in Pflanzen oder in Pilzen, weil auch diese Organismen Bakterien und Viren haben. Und diese Bakterien und Viren haben Enzyme. Und man denkt sich, aha, da gibt es vielleicht so Abwehrmoleküle, und solche Naturstoffsammlungen gibt es. Und dann gibt es eben aber auch chemische Sammlungen. Es gibt sogar Sammlungen von Substanzen, bei denen man früher schon mal eine Zulassung gemacht hat – zum Beispiel für andere Viren oder auch sonst für Krankheiten, wo man einfach sagt, das ist eine Sammlung von Wirkstoffen zugelassener Medikamente. Auch solche sogenannten Libraries, also Bibliotheken,
Substanzbibliotheken Substanzbibliotheken, kann man sich besorgen. Die kann man zum Teil kaufen oder auch in der chemischen Industrie austauschen.
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Jetzt haben wir im Prinzip beschrieben, wie die Studie angelegt ist. Und jetzt kommen wir
in wir in den Problembereich rein. Es gibt leider in dieser Studie mehrere Dinge, wo man
wirklich man wirklich drüber diskutieren muss, ob man das so machen kann. Das erste, was gemacht
wurdegemacht wurde, ist, die Gruppen wurden zusammengewürfelt und aufgestellt, und das wurde nicht
komplett nicht komplett dem Zufall überlassen. Das war also keine randomisierte Studie, wie man sagt,
also also eine nach Zufallskriterien zusammengewürfelte Studie. Wo wirklich im Prinzip die
Münze die Münze geworfen wird, wenn ein Patient kommt und man sagt: Okay, bei dir zeigt die
Münze die Münze an, du kriegst die Substanz. Und bei dir zeigt die Münze an, du kriegst die
Substanz die Substanz nicht. Aber wir selber, wir Kliniker und du, der Patient, wir beide wissen nicht,
ob ob in der Tablette, die wir jetzt geben, die Substanz drin ist. Also wir haben Tabletten, die
sehen die sehen genau gleich aus. Und nur der Studienleiter, der aber nicht mit uns spricht, der das
nur das nur am Ende auswertet, der weiß, wer hier die Substanz kriegt. Das wäre also eine
Doppelblindstudieeine Doppelblindstudie. So was wird eben häufig gemacht, um bestimmte Einflüsse in solchen
Studien solchen Studien zu eliminieren. Wo man dann später dann statistisch anfangen muss, das alles
infrage alles infrage zu stellen, das ist hier nicht gemacht worden.
Das Das hier ist eine Studie, die wurde gemacht, so wie die Patienten reinkamen. Und es gibt
eben gibt eben eine Gruppe von Patienten in einem Krankenhaus, da hat man das gemacht, das
war das war das eigene Krankenhaus. Und dann gab es andere Patienten, die wurden aus einem
anderen einem anderen Krankenhaus übernommen, und da gab es keine Genehmigung, das zumachenzu machen. Und dann hat man bei denen eben die Substanz nicht gegeben, weil man keine
Genehmigung keine Genehmigung hatte. Und so kommt es, dass diese Gruppen jetzt sehr unterschiedlich
sindunterschiedlich sind, die hier angeschaut wurden. Die behandelten Patienten sind im Durchschnitt älter,
die die sind 51 Jahre, gegenüber den nicht Behandelten, die 37 Jahre im Durchschnitt. Das
ist Das ist ein sehr großer Unterschied. Auch ist es so, bei den behandelten Patienten sind nur
zwei asymptomatische dabei, und bei den nicht behandelten sind vier asymptomatische
dabeiasymptomatische dabei. Asymptomatisch heißt, die Patienten haben zum Zeitpunkt des Einschlusses in die
Studie die Studie keine Symptome.
Und Und diese Dinge muss man sich alle noch mal ein zweites Mal anschauen und ein
zweites ein zweites Mal drüber nachdenken. Was heißt das, wenn bei so einer Mischung von
Patienten von Patienten das Alter so stark unterschiedlich ist? Das kann heißen, dass die
Grundgegebenheiten die Grundgegebenheiten in der Patientenrekrutierung komplett unterschiedlich sind. Dass es
also es also in dem einen Krankenhaus sehr leicht ist, für Patienten einen PCR-Test zu
bekommen. zu bekommen. Und in einem anderen Krankenhaus ist es schwieriger, darum warten die
Patienten die Patienten länger, bis sie schwerer krank sind, bevor sie ins Krankenhaus gehen. Und
dann Und dann sind sie im Durchschnitt auch älter, weil ja die Älteren im Durchschnitt schwerer
krank schwerer krank werden.
Jetzt kommt aber das große Aber. Und man muss dazu vielleicht auch ein bisschen die
Patienten die Patienten dieser Krankheit kennen, um das zu verstehen. Und ich bin mir sicher, viele
Klinikerviele Kliniker, die diese Studie jetzt lesen werden, oder auch Nichtmediziner, die diese
Hintergründe diese Hintergründe nicht verstehen, die werden denken, das hier ist eine ganz große Meldung,
eine eine ganz große Ermutigung, allen Patienten ab jetzt dieses Chloroquin zu geben. Es ist
aber ist aber ein großer Haken an dieser Studie, und zwar die Zeitskala, auf der das hier alles
stehtalles steht. Also die Frage: An welchem Tag messen wir eigentlich, ob das Virus weggegangen
ist? Und an welchem Tag beschreiben wir eigentlich, wie die Patienten am Anfang in die
Studie die Studie reingegangen sind und wie sie dann am Ende da rauskommen? Diese Zeitskala, auf
der auf der die Studie steht, ist nicht der Tag der Krankheit, sondern diese Zeitskala ist der Tag
des Tag des Einschlusses in die Studie.
Wir Wir haben hier ein Phänomen, wo wir zwei unterschiedliche Kohorten haben von
Patientenvon Patienten, und das wird stark angezeigt durch ein stark unterschiedliches Alter beim
Einschlussbeim Einschluss, 51 versus 37 Jahre. Da läutet bei mir die Alarmglocke und führt dazu, dass
ich dass ich da genauer hinschaue, warum diese Altersunterschiedlichkeit hier besteht. Wenn ich
dann ich dann noch mal hinschaue, dass in der einen Gruppe nur zwei Asymptomatische drin sind,
in in der behandelten Gruppe, und in der unbehandelten Gruppe sind vier Asymptomatische
drinAsymptomatische drin, dann fügt sich bei mir ein Bild zusammen, das mir sagt, die behandelte Gruppe hier
ist hier ist in Wirklichkeit einfach schon weiter fortgeschritten im Verlauf. Und egal, wann man die
in die in die Studie eingeschlossen hat, der erste Tag des Studieneinschlusses ist bei der
behandelten der behandelten Gruppe wahrscheinlich ein weiterer fortgeschrittener Tag des
Krankheitsverlaufs des Krankheitsverlaufs als bei der nicht behandelten Gruppe. Und das führt dazu, dass wir in
dieser in dieser Studie hier Äpfel mit Birnen vergleichen. Denn wir haben hier noch ein
zusätzliches ein zusätzliches Problem: Was hier gemessen wird, ist die Viruskonzentration und die
Virusnachweisrate die Virusnachweisrate nicht in der Lunge, wo die Krankheit stattfindet, sondern im Hals. In
der In der ganzen Studie wird nicht in der Lunge das Virus gemessen, sondern im Hals. Und
das Und das ist die größte Fehlannahme in dieser gesamten Studie.
Wir haben viele Erfahrungen. Wir haben die genauste Beschreibung einer nicht
behandelten nicht behandelten Patientenkohorte bei den Münchener Patienten gemacht. Und bei der
Münchener der Münchener Gruppe haben wir gesehen, wie sich die Viruskonzentration sowohl im Hals als auch in der Lunge über die Zeit verhält. Und wir können sagen, am Anfang der
Krankheit der Krankheit ist das Virus im Hals und es geht von selbst wieder weg über die – sagen wir
mal wir mal – die ersten zehn Tage ungefähr der Krankheit. Danach haben ganz viele Patienten
im viele Patienten im Hals nur noch ganz wenig oder nur noch unregelmäßig das Virus nachweisbar.
Das Das hat aber nichts damit zu tun, wie das Virus sich in der Lunge verhält. In der Lunge ist
das ist das Virus dann erst richtig replikativ, gerade bei den schweren Fällen. Und wir können
auch können auch sagen, was der Patient im Hals hat, das hat nichts damit zu tun, wie es klinisch
dann klinisch dann weitergeht mit der Erkrankung, ob der Patient dann schnell gesund wird oder erst
durch erst durch eine schwere Phase durchgeht. Was da also in dieser ganzen klinischen Studie
gemessen Studie gemessen wird, hat gar nichts mit dem Krankheitsausgang zu tun, mit den Symptomen,
sondern sondern das ist nur ein Anfangsanzeiger, wie die Krankheit losgeht. Bei allen Patienten
geht Patienten geht die Viruskonzentration in der ersten Woche runter, wenn Sie sich jetzt aber
vorstellenaber vorstellen, dass die eine Gruppe, die behandelt wird, etwas später eingeschlossen wird,
und und die unbehandelte Gruppe früher eingeschlossen wird in diese Studie, dann ist es in
der in der Natur der Sache, dass bei dieser später eingeschlossenen Gruppe – die sind ja
schon ja schon weiter in der Elimination des Virus aus dem Hals – dass das Virus dann im Hals
runtergehtHals runtergeht, schneller. Das verschwindet schneller, weil sie einfach schon länger im
Krankheitsverlauf im Krankheitsverlauf sind. Ob das jetzt zusätzlich daran liegt, dass sie behandelt sind, das
kann das kann man hier anhand dieser ganzen Studie überhaupt nicht sagen. Vielleicht wäre es so,
hätte hätte man die Gruppen so zusammengesetzt wie hier, aber hätte denen kein Chloroquin
gegebenChloroquin gegeben, sondern irgendeine Kopfschmerztablette, wäre die Studie genauso
ausgegangengenauso ausgegangen.