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Abb. 1: Südafrika

Quelle: Google Earth

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb. 2: Johannesburg und Umgebung

Quelle: Google Earth

 

erstellt von - Pitnik, Claudia -

Was geschah vor dem 20. Jahrhundert? (Sicht der Europäer)


1651 wurde von der VOC (Vereenigde Oostindische Compagnie) der Niederländer eine Versorgungsstation beim Kap der Guten Hoffnung angelegt, welche rein zur Versorgung der Schiffsreisenden nach Indien mit Lebensmitteln gedacht war. Doch nach der Übernahmen der Briten ab 1806, die das Gebiet zur Kolonie erklärten, kam es sukzessiv zur Erweiterung des Territoriums und zur Vertreibung der dort ansässigen Bevölkerung.
Da es durch die weitere Einwanderung von Briten am Kap eng wurde, zogen die Buren/Afrikaaner (niederländische Bevölkerung) im sog. Großen Treck 1835-41 in den Norden. Dort entwickelten sich Mitte des 19. Jahrhundert die zwei unabhängigen Burenstaaten: der Oranje Freistaat und die Südafrikanische Republik. Die Kapkolonie und das Natalgebiet waren zu der Zeit noch immer unter britischer Kolonialherrschaft.
1899 - 1902 kam es zum Südafrikanischen Bürgerkrieg, in dem die Briten schlussendlich die Buren besiegten und sich deren Gebiete als Orange River Colony aneigneten.
Die Wirtschaftliche Lage veränderte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts drastisch, als 1867 Diamanten und 1886 Gold gefunden wurde. Der Witwatersrand Gold Rush zog Leute aus aller Welt in das Gebiet und auch Afrikaner und Natives wie Xhosa und Zulu kamen um Arbeit zu finden. So bildete sich bei den Goldmienen in kürzester Zeit eine neue Siedlung, die innerhalb von 10 Jahren zu einer Stadt mit über 100.000 Einwohnern heranwuchs: Johannesburg.
Auch ein Eisenbahnnetz wurde angelegt, um die Küstenregionen mit den neuen Minenzentren zu verbinden, so dass auch diese am Reichtum des Goldes teilhaben konnten und dadurch zu einer besseren Vernetzung innerhalb des Landes beitrug.

Abb. 3: Karte der Nord-Süd-Teilung im Jahre 1885

Quelle:  http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_S%C3%BCdafrikas (Letzter Zugriff: 01.07.2013)


Die Problematik der Geschichtsschreibung:


Wenn man an geschichtliche Überblickswerke herangeht, muss man immer eine kritische Distanz zu dem Geschriebenen behalten. Durch unterschiedlichen Hintergrund der Autoren, Zweck und Fokussierung des Werkes entstehen differenzierte Darstellungen von Geschichte.
Auch bei der Geschichtsschreibung über Südafrika trifft dieses zu. Hier wurden sechs Werke miteinander verglichen um zu erkennen, dass ein Überblick nicht immer ein genormter Überblick ist, sondern in den Fokussierungen sehr wohl große Unterschiede vorhanden sind und sogar in Details unterschiedliche „Fakten“ dargebracht werden.

 T.R.H. Davenport, South Africa: A modern History, London/Basingstroke² 1978.
 Leonard M. Thompson, A History of South Africa, New Haven 1990.
 Robert Ross, A Concice History of South Africa, Cambridge 2000.
 William Beinart, Twentieth Century South Africa, New York² 2001.
 Nigel Worden, The Making of Modern South Africa, Malden/Oxford/Carlton³ 2004.
 Christoph Marx, Südafrika: Geschichte und Gegenwart, Stuttgart 2012.

Die Autoren bringen jeweils eine andere Variante von der Geschichte von Südafrika. Es gibt Geschehnisse, die bei allen dargebracht sind, aber meist auf eine andere Weise. Je nachdem, was diesen Autoren wichtig war, werden ihre Schwerpunkte anders gesetzt und Ereignisse unterschiedlich geschildert.

Wie kommt es dazu? Jeder der Autoren bringt anderes Wissen mit, anderen Hintergrund, andere Prioritäten. Und sie haben teilweise auch andere Interessen, warum sie Geschichte darstellen. Es macht einen großen Unterschied, ob ein Südafrikaner oder ein Europäer dies geschrieben hat, oder welcher Fraktion und welchem Gedankengut dieser zugehört, welche Erziehung er genoss, in welcher Zeit er schreibt.

So findet man bei Marx eine typische europäische Zugangsweise, die kritisch hinterleuchtet und mit etwas mehr Distanz zu dem Ganzen vorgeht, doch ist seine Geschichte sehr männerbetont und die niedere Schicht, das „normale Volk“ nimmt keine wichtige Stellung ein, ebenso wenig gibt es keine Einzeldarstellung von betroffenen Personen.

Beinart hingegen bringt eine ganz andere Seite. Er geht mehr auf die sozioökonomische Geschichte ein und setzt seinen Fokus vor allem auf die Natives und die Widerstandsbewegungen.

Davenport schriebt seinen Geschichtsüberblick noch während der Apartheid, 1978, und kommt dadurch wiederrum aus einem Umfeld mit ganz anderen Vorstellungen von Geschichtsschreibung. Bei ihm sind auch die „großen weißen Männer“ Hauptakteure in der Geschichte.

Thompson versucht sich 1990 von diesen alten Geschichtsschreibungsmodellen zu lösen und weist gleich anfangs darauf hin, dass die Geschichte Südafrikas nicht mit den europäischen Siedlern beginnt und geht auf die Vorgeschichte ein wenig genauer ein.

Ross schreibt sein Werk über Südafrika als Teil einer Reihe von Weltgeschichten mit dem Fokus darauf, dass der Leser nachvollziehen kann, warum Südafrika heute so ist, wie es ist, verfasst aber somit einen kürzeren und in Details oftmals lückenhaften Überblick, der jedoch auch auf die Zustände und Probleme der Postapartheidzeit eingeht.

Einen guten Vergleich erreicht man, wenn man ein Ereignis herausnimmt, das in allen Werken behandelt wird und die Unterschiede der Darstellung dessen analysiert. So wird zum Beispiel der Schüleraufstand von Soweto 1976 sehr differenziert dargestellt. Wichtige Details, wie die Anzahl der Toten, oder der Stellungswert, der einem solchen Ereignis gegeben wird weichen drastisch voneinander ab:

William Beinart: „It was the police overreaction that gave the student struggle its kick-start and helped launch over a year of action. Stayaways, and attacks on government buildings, on police informers, and on beer halls were not new tactics in themselves but achieved a fresh intensity and provocated unprecedented retaliation, leading to hundreds of deaths.“ (Beinart 2001, S. 237)

Worden Nigel: „In protest, 15.000 schoolchildren marched through Soweto. Police confronted the crowd, fired and killed several students.“ (Nigel 2004, S. 134)

Leonard Thompson: „The protests became nationwide after the police shot and killed a thirteen year old African Student during the demonstration. The government reacted brutally. By February 1977, according to an official commission of inquiry, at least 575 people were killed, including 494 Africans, 75 Coloureds, 5 Whites and 1 Indian. Of the Victims, 134 were under age eighteen.“ (Thompson 1990, S.112-113)

 

Problematik der Epochen

Die Einteilung der Geschichte in bestimmte Phasen/Epochen ist problematisch, da es sich fast immer um konstruierte Grenzziehungen handelt. So schränken solche Epochen mehr ein und verstellen oft den Blick auf die wahre Geschichte. Um eine Epoche zu kreieren braucht man Gegensätze oder Unterschiede zu der Zeit vor und nach dieser Epoche um diese Epoche als eigenständigen Zeitabschnitt definieren zu können. Auch wenn solche Unterschiede bestehen, kommt es durch die starke Differenzierung und Abgrenzung voneinander zu konstruierten Wirklichkeiten, die so meist nicht vorhanden sind, da die Grenzen fast nie abrupt vorkommen und nie ohne schon voraus gegangene Entwicklungen sind. So kann werden auch Epochen von verschiedenen Historikern auf unterschiedliche Art gesetzt, wie man in den sechs genannten Überblickswerken über die Geschichte Johannesburg sehen kann.

Geschichte ist weiters kein Strang an Handlungen, die hintereinander ablaufen, sondern ein Komplex von Ereignissen und Entwicklungen, die gleichzeitig ablaufen können. So kann der Historiker aus einem großen Potpourri an Informationen wählen, was ihm als wichtig erscheint und eine Wirklichkeit konstruieren, die so zwar vielleicht besteht, aber den Blick auf vieles anderes versperrt. Durch solche Fokussierungen werden auch Wertigkeiten impliziert, welche Ereignisse bedeutsamer oder beachtenswerter sind als andere, was wiederrum einen bestimmten Blickwinkel auf Geschichte bringt, so wie ihn der Autor impliziert.
Diese Aspekte muss man immer beachten, wenn man sich mit bestimmten Epochen beschäftigt.

 

Literatur:

Beinart, William (1994): Twentieth-Century South Africa. Oxford.

Ross, Robert/ Mager, Anne K./ Nasson, Bill (Hrsg.) (2011): Cambridge History of South Africa. vol.2. Cambrigde

Davenport, T.R.H. (1987): South Africa: A modern History. London.

Marx, Christoph ( 2012): Südafrika. Geschichte und Gegenwart. Stuttgart.

Ross, Robert (2000): A Concise History of South Africa. Cambridge.

Thompson, Leonard M. (1990): A History of South Africa. New Haven.

Worden, Nigel (1995): The Making of Modern South Africa. Oxford