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Enzyklopädische Einleitung
Pentiment ist ein historisches Point-and-Click-Abenteuerspiel von Obsidian Entertainment, veröffentlicht am 15. November 2022 von Xbox Game Studios. Es ist für Nintendo Switch, Windows und Xbox verfügbar. Spieler:innen übernehmen die Rolle des Künstlergesellen Andreas Maler, der in einem Benediktinerkloster in Oberbayern an einem kunstvollen Manuskript arbeitet. Doch plötzlich gerät er in eine Reihe von Mordfällen, die es aufzuklären gilt. Die Handlung erstreckt sich über drei Akte und einen Zeitraum von 25 Jahren. Das Spiel bietet eine detailreiche 2D-Perspektive und ist in elf Sprachen, darunter Deutsch, Englisch, Spanisch und Koreanisch, spielbar. Aufgrund seiner Thematik und Darstellung ist es ab 16 Jahren freigegeben. Pentiment ist ein historisches Spiel, aber kein Serious Game mit wissenschaftlichem oder pädagogischem Anspruch.
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Allgemeine Spielanalyse
In Pentiment wird in drei Akten die Geschichte eines Dorfes und der Anliegenden Abtei im Rahmen von 25 Jahren erzählt. Der zentrale Handlungsstrang des ersten Aktes handelt von Andreas Maler, einem ehemaligen Studenten und Künstlergesellen, der in einem kleinen Dorf und der anliegenden Abtei an seinem „Meisterwerk“ arbeitet, dann aber in Mordfälle verstrickt wird und diese dann aufklären will.
Das Spiel ist ein Narrative Adventure Game mit RPG- Elementen. Das breitere Setting ist Bayern, und die Handlung findet im fiktionalen Dorf Tassing und der anliegenden fiktiven Benediktinerabtei Kiersau statt. Auch wenn diese Orte fiktional sind, wird wiederholt Bezug auf reale Orte wie Nürnberg oder Innsbruck genommen. Das Spiel findet im 16. Jahrhundert statt: Der erste Akt spielt im Jahre 1513, der zweite in 1525 und der dritte in 1543. Die Handlung des Spieles ist fiktiv, aber es werden auch historische Ereignisse (z. B. Thesenanschlag Luthers) erwähnt. Das zentrale Gameplay Element sind die Dialoge. Hier wird ein Großteil der Handlungen vermittelt und der:die Spieler:in kann entscheiden, was Andreas sagt. Manche dieser Optionen sind für die größere Handlung irrelevant, und verändern nur kurzfristig den Verlauf eines Gesprächs oder tragen zur Charakterisierung des Protagonisten Andreas bei. Andere nehmen einen gravierenden Einfluss auf die Geschehnisse und Charaktere, wodurch der Verlauf der Handlung beeinflusst wird.
Das Spiel verfügt auch über eine explorative Dimension, die nach einem Point-and-Click-Prinzip funktioniert. Wird ein Element am Bildschirm ausgewählt, führt dies zu einem Dialog oder einen kurzen Einblick in die Gedanken des Protagonisten. Dieses Gameplay wird vereinzelt durch simple Minigames aufgebrochen. Auch hat das Spiel RPG-Elemente bei der limitierten „Gestaltung“ des Protagonisten. Hier kann man im Zuge einiger Dialoge Eigenschaften und Hintergründe auswählen, die das Wissen und die Fähigkeiten des Protagonisten und somit die Interaktion mit der Spielwelt beeinflussen.
Der Artstyle ist eine Mischung aus mittelalterlichen Illustrationen und neuzeitlichem Holzdruck (Universitätsbibliothek Wien, 2024: 00:12:44-00:14:33). Für das Spiel wurden auch eigens neue Schriftarten entwickelt, die in ihrer Animation realistisches Schreibverhalten imitieren. Welche Schrift für einen Charakter benutzt wird ist, abhängig von der sozialen Stellung und Bildung bzw. wie der Protagonist Andreas diese einschätzt. Zum Bespiel gibt es eine Schriftart für „Humanisten“, also gebildete Personen (Universitätsbibliothek Wien, 2024: 00:17:10-00:28:10 ). Das Spiel verfügt über keine Vertonung, hat aber Soundeffekte und Musik. Die Musik ist angelehnt an und orientiert sich an Musik des Spätmittelalters und wurde von der Gruppe Alchemie vertont. (Universitätsbibliothek Wien, 2024: 00:14:35-00:16:23 )
Das Spiel lässt sich mit einem Controller (Stick und Buttons) und am PC mit dem Keyboards und/oder der Maus steuern. Es gibt ein Menü für Einstellungen, und um das Spiel zu beenden. Im Spiel kann man über Andreas‘ Notizbuch mehrere Informationen nachschlagen, etwa eine Karte, das Glossar oder eine kurze Beschreibung der Charaktere. Wird in einem Dialog eine handlungsrelevante Entscheidung getroffen, wird dies nach der Auswahl angezeigt. Speichern geschieht automatisch, wenn man an einen anderen Ort geht oder ein wichtiges Gespräch beendet.
Es gibt keinen online Modus oder eine offizielle online Comunity. Unter r/Pentiment existiert aber eine Reddit-Community, in der das Spiel und die historischen Inhalte besprochen werden. Auch haben mehrere YouTube-Creators Videos zum Spiel angefertigt. Es ist anzunehmen, dass die Zielgruppe geschichtsinterssierte Erwachsene sind. Das Spiel verfügt über keine Lootboxen oder DLCs. Laut der Webseite Video Games Insights hat das Spiel 3,2 Millionen US Dollar eingenommen. Das Spiel ist inspiriert von Umberto Ecos „Der Name der Rose“ („Il nome della rosa“) (Joshua Sawyer, 2023: 00:03:51-00:04:32).
Fachspezifische Analyse
Der leitende Entwickler Josh Sawyer hat selbst Geschichte studiert und sich in seiner Studienzeit vor allem auf das Heilige Römische Reich und die frühe Neuzeit fokussiert (Joshua Sawyer, 2023: 00:00:20-00:01:24). Er selbst hatte schon seit seiner Jugend Interesse an historischen Spielen, Pentiment ist das Resultat dieser persönlichen Begeisterung (Universitätsbibliothek Wien, 2024: 00:04:55-00:07:10).
Das Spiel ist inspiriert von Umberto Ecos Der Name der Rose (ital.: Il nome della rosa), in welchem es ebenfalls um Morde in einem Kloster geht. Durch Bezüge wie dsen diesen ist das Spiel auch von Popularkulturellen bzw. medialen Darstellungen des Mittelalters beeinflusst (Joshua Sawyer, 2023: 00:03:51-00:04:32). Die Steampage Page des Spiels auf der hochrelvanen Videospielplattform Steam behauptet, dass man durch das Spiel das 16. Jahrhundert „erleben“ kann, was signalisiert, dass einen gewissen Anspruch an Historizität und Authentizität als Werbestrategie benutzt werdensignalisiert. Die offizielle Webseite ist etwas gemäßigter, betont aber schondurchaus, dass das Spiel historisch sei. Der Director und Lead Writer Josh Sawyer selbst stellt selbst keinen Authentizitätsanspruch. Er beschreibt das Spiel als „historical fiction“, nicht als eine Darstellung historischer Ereignisse. Laut ihm war es die Aufgabe des Teams, einen geschichtlichen Rahmen zu schaffen, in dem eine fiktive Handlung stattfinden kann, für die das Team intensive Recherchearbeit leistete (Joshua Sawyer, 2023: 00:12:14-00:16:10). Auch Historiker:innen wurden zu Beratung herangezogen (Universitätsbibliothek Wien, 2024: 00:37:03-00:39:40).Deshalb Deshalb ist das Spiel auch voll gefüllt mit historischen Inhalten und Referenzen. Für die wichtigsten braucht man aber kein Vorwissen. Sie , um der Hadlung folgen zu können ist dennoch kein Vorwissen notwendig, alle nötigen Informationen werden im Dialog erläutert oder es gibt einen Eintrag im Glossar, den man im Gespräch noch überprüfen kann und durch Einträge im spielinternen Glossar ergänzt (Joshua Sawyer, 2023: 00:47:39-00:50:11). Es gibt Einige historische Referenzen , die vermutlich weniger bekannt sind, wie werden wahrscheinlich nur für fachkundige zugänglich sein, zum Beispiel das Narrensschiff oder das Labyrinth (vgl. Lippok, 2024), sie sind aber nicht für das Verständnis der Handlung relevant.
Sawyer beschreibt die Handlung und das fiktionale Setting als historisch möglich, aber unwahrscheinlich. Es gibt viele Aspekte in Tassing und Kiersau, die für die damalige Zeit außergewöhnlich waren(römische Ruinen, Klosterskriptorium im 16. Jahrhundert) (Joshua Sawyer, 2023: 00:35:34-00:38:20) und Sawyer ist auch transparent über die Inhalte, die ahistorisch sind (z. B. Windmühle ) (Joshua Sawyer, 2023: 00:21:31-00:22:38). Auch verfügt das Spiel über Minigames, die einen kleinen, aber wirklich sehr reduzierten Einblick in manche der Arbeitsabläufe geben ( z. B. Schmieden, Wolle spinnen) (Obsidian Entertainment, 2022: 00:06:17-00:06:38).
Das Spiel stellt einen Counternarrativ zu verbreiteten Mittelaltervorstellungen dar. In „Pentiment“ kommen keine Ritter oder Burgen, sondern hauptsächlich ‚einfache Leute‘ (Bauern, Bäcker, Steinmetz) und Mönche/Nonnen vor. Die Charaktere sind multidimensional und verbalisieren komplexe Wertvorstellungen und werden somit alle zu Individuen.
Trotz dieser didaktisch wertvollen Aufarbeitung der Epoche kann das Spiel herausfordernd in der Didaktisierung sein, da das Spiel sehr story- und textlastig ist. Das Gameplay ist dialogbasierend und nicht actionreich, was vor allem für die Unterstufe weniger interessant sein könnte. Auch hat das Spiel eine aufbauende Handlung. Manche der historischen Zugänge sind nicht immer gleich zugänglich, die Dialoge oder Szenen könnten aber ohne ausreichende Kontextualisierung verwirrend sein.
Josh Sawyer hat sich in mehreren Videos und Interviews zum Spiel geäußert. Im Gastbeitrag „Painting on Silicon“, den er an der Universität Wien hielt, äußert er sich zur Entwicklung des Spiels. Auf seinen YouTube Kanal hat er ein Video mit dem Titel „Mixing History and Fiction in ‚Pentiment‘“, in dem er Design und Schreibentscheidungen erläutert.
Er erklärt das das „Pentiment“ keine Rekonstruktion oder Nacherzählung sei, sondern als „historical fiction“ gedacht ist. Vom Team wurde ein historischer Rahmen geschaffen, der versucht so akkurat wie möglich zu sein. Da die Handlung fiktional ist, stößt sie schon an historische Grenzen. So ist zum Beispiel das Klosterskriptorium anachronistisch für das 16. Jahrhundert. Dies wurde gelöst, indem die Charaktere im Spiel diese „Besonderheiten“ auch ansprechen (Joshua Sawyer, 2023: 00:35:12-00:38:10).
Der Artstyle und die Musik schaffen ein historisches Gefühl, da diese auf sich an den Trends der dargestellten Epoche orientierten. Die visuelle Gestaltung, die Mischung aus Mittelalterlichen Manuskript und neuzeitlichen Holzdruck ist repräsentativ für den thematischen Schwerpunkt des “Epochenwechsels”(Universitätsbibliothek Wien, 2024: 00:12:44-00:14:33).
Die für das Spiel angefertigten Schriftarten haben viele technische und gestalterische Dimensionen, um physisches Schreiben zu imitieren. Die Fonts sind inspiriert von historischen Skripten und dadurch soll das Gefühl der Historizität für die Spielenden verstärkt werden. Es gibt sechs verschiedene Schriftarten für unterschiedliche soziale Gruppen (Mönche/Nonnen, Studierte Personen, gebildetes und ungebildetes Volk, Drucker). So ist dieses technische Element verknüpft mit der sozialen Ungerechtigkeit die wiederholt in der Handlung vorkommt. Anhand der Schriftart erkennt der:die Spieler:in sofort die soziale Stellung eines Charakters (Universitätsbibliothek Wien, 2024: 00:17:10-00:28:10 ).
Quellen- und Materialverzeichnis
Umberto Eco. (1980). Il nome della rosa. Mailand.
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