Versionen im Vergleich

Schlüssel

  • Diese Zeile wurde hinzugefügt.
  • Diese Zeile wurde entfernt.
  • Formatierung wurde geändert.

DIE MORDWINEN

...


Zu den Mordwinen gehören zwei nahverwandte Völker: Ersä und Mokscha. Etwa 2/3 der Mordwinen sind Ersä. Jedes dieser Völker hat eine eigene Standardsprache. Es gibt drei weitere Gruppen, die eigene Dialekte sprechen: Schokscha, Karatajmordwinen und Terjuchanen. Einige Sprecher der Schokschadialekte halten ihren Dialekt für einen eigene mordwinische Sprache. Die Karatajmordwinen sind tatarisiert und die Terjuchanen russifiziert.(2)

#Abb. 1 Flagge der Mordwinen

Inhaltsverzeichnis

...

Inhalt
minLevel3
maxLevel5

Geschichte

...

Im 6. Jahrhundert wurden die Mordwinen zum ersten Mal als "Mordens" bei Jordanes erwähnt. Es gab bereits frühe Kontakte mit baltischen und iranischen Völkern. Im 16. Jahrhundert kam es zur russischen Kolonisierung, die zahlreiche Auswanderungen nach Osten zur Folge hatte. Vom 16. bis zum 18. Jahrhundert gab es mehrere Aufstände, weshalb ebenfalls viele Mordwinen auswanderten. Im 19. Jahrhundert kam es zu weiteren Auswanderungen nach Sibirien und Zentralasien. Im späten 19. Jahrhundert wurde mordwinischer Schulunterricht eingeführt und es entstand eine nationale Intelligenzia. Nach der Revolution wurde 1930 das autonome Gebiet Mordowija gegründet, das 1934 zur Republik wurde. In den 1930er Jahren kam es zum Terror gegen Minderheitsvölker, zur Kollektivisierung und zur Russifizierung. Außerdem wurde Russisch als Pflichtfach in den mordwinischen Schulen eingeführt. In den Nachkriegsjahrzehnten wurde der mordwinische Schulunterricht weiter abgebaut und es kam zur Einwanderung aus anderen Sowjetrepubliken.(4)

Geographische Verbreitung

...

Die Mordwinen haben eine eigene Republik, die zur russischen Föderation gehört. Ca. 27% der Mordwinen leben zur Zeit in der Republik Mordwinien im europäischen Teil Russlands in der Wolgaregion. Die Republik zählt zu den ärmsten der russischen Föderation, da dort hauptsächlich Landwirtschaft betrieben wird und es kaum Großindustrie gibt. Die Hauptstadt mit ca. 320.000 Einwohnern heißt Saransk. Es gibt allerdings auch mordwinische Siedlungen außerhalb der Republik Mordwa z.B. in den Gebieten Pensa, Samara, Orenburg oder auch in Baschkirien und Tatarstan. Die Bevölkerungsanzahl beträgt ca. 843.350.(2) (4) (5)

#Abb. 2 Verbreitungsgebiet der Mordwinen

Kultur

Kulturelles Wissen stellt alle Werte, Regeln und Überzeugungen dar, die den gemeinsame Leben einer Volksgemeinschaft bestimmen und lenken. Es beschreibt den Ablauf und die Anwendung von Riten und Zeremonien und Anweisungen, wie man sich in bestimmten Lebenssituationen zu verhalten hat.
In frühen Aufzeichnungen des 17. und 18. Jahrhundert finden sich bereits einige, von Reisenden und Händlern beobachteten Informationen über die Lebensweise der permischen und wolgafinnischen Völker.Im 19. Jahrhundert hielten sich Forscher erstmals länger bei permischen und wolgafinnischen Völkern auf, was dazu führte das Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhundets erste Erkenntnisse über den Lebenszyklus dieser Völker festgehalten wurden. Das Ergebnis waren ausführliche Folkloresammlungen, die Einblicke in vollzogene Riten und Zeremonien, vor allem über die Bereiche Geburt, Heirat und Tod.
Kulturelles Wissen wird in der Form der Sprache untersucht und überliefert. Damit gemeint sind z.B.: Sprichwörter, Traumdeutungen und Vorzeichen.
Vorzeichen sind Sprüche, die anhand von Indizien gedeutet werden und so Aussagen über die Zukunft ermöglichen. Diese Vorzeichen gibt es zu verschiedenen Themen, wobei Natur, z.B.: das Wetter, einen großen Bereich abdeckt. Weitere Bereiche sind der wirtschaftlich häusliche Bereich sowie der Mensch und seine Abhängigkeit von höheren Mächten. So gibt es allerhand Richtlinien, wie man sich in bestimmten Situationen, die im Lebenszyklus der Menschen auftreten, zu verhalten hat, wie etwa bei Schwangerschaft, Geburt, Brautwerbung, Heirat, Tod und Bestattung. Die wolgafinnischen und permischen Völker gehen genau nach diesen Richtlinien vor, um Glück herbeizuziehen beziehungsweise um Unglück abzuwenden.
Um traditionelle Werte zu erhalten gründeten die Mordwinen einige Organisationen, eine von Ihnen hatte sogar 3 Kongresse zwischen Mokschanen und Erzjanen zu folge. Da sich jedoch die Ansichten von Mokschanen und Erjanen deutlich unterschieden führte dies letztendlich dazu,dass unterschiedliche Projekte nicht umgesetzt wurden. Als wichtigste Kulturorganisationen sind vorallem das kulturelle Zentrum "Mastorava" zu deutsch "Landmutter", "Erzjan´mastor", was soviel heisst wie "Erzjanisches Land", sowie "Lis´maprja", in deutscher Übersetzung "Quelle" zu nennen.(3)

#Abb. 3 Hauptstadt der Republik Mordwinien "Saransk"
#Abb. 4 Wappen der Republik Mordwinien

Religion

Die Christianisierung der Mordwinen begann im 16. Jahrhundert. Heute ist der Großteil der Mordwinen russisch-orthodox.
Es gibt mordwinische Mythen die besagen, dass die Welt aus einem Ei entstanden ist und solche die besagen, dass sie von einem Schöpfer erschaffen wurde. In einem ersänischen Lied wird erzählt, dass es zuerst ein großes Wasser gab, in dem sich drei Fische befanden. In einer anderen Geschichte geht es darum, dass ein großer Vogel das Ei trägt, aus dem die Welt entsteht. Die Welt besteht aus drei Teilen: der Erde, dem Himmel und der Unterwelt. Eine Birke verbindet die drei Welten miteinander. Ihre Baumkrone wächst in den Himmel, wo die Götter leben. Ihr Stamm befindet sich auf der Erde, wo die Menschen leben und ihre Wurzeln wachsen in die Unterwelt, wo sich die Toten befinden.

...

Der Bärenkult spielt eine wichtige Rolle in der mordwinischen Kultur. Der Bär gilt als ein "Urahne" der Mordwinen und wird als Totemtier verehrt. Es gibt ein Märchen, in dem die Bären sprechen und singen können wie die Menschen. Eine Bärin lebt mit ihrem Mann zusammen und als ihr Sohn zur Welt kommt, wächst er in wenigen Stunden heran. Es war streng verboten Bären zu töten. Die Strafe, wenn man es dennoch tat war, dass ein Familienmitglied des "Bärenmörders" ebenfalls starb. Außerdem war der Bär ein Symbol für die Fruchtbarkeit, weshalb die Braut und der Bräutigam erst ihr Haus betraten, nachdem sie von einem symbolischen Bären begrüßt wurden. Meistens handelte es sich dabei um eine Frau, die einen Bärenpelz trug. Der Pelz wurde vor die Tür gelegt und das Brautpaar trat nach der Hochzeit darauf. Dieser Brauch wird in manchen Gebieten auch heute noch gepflegt.(1)

Folklore

Wie alle andern wolgafinnischen und permischen Völker, haben auch die Mordwinen zahlreiche Riten und Zeremonien. Auffallend ist, dass sie alle bei unterschiedlichen Lebenszyklen, wie etwa Geburt, Heirat und Tod, von Übergängen sprechen.
Anhand dieser Lebensabschnitte wird deutlich, dass das gemeinsame Essen ein wichtiger ritueller Bestandteil ist. So verbindet es die Menschen und fügt sie zu einer Handlungseinheit zusammen. Beispielsweise wird die Aufnahme eines neugeborenen Familienmitglieds mit einem gemeinsamen Essen bekräftigt. Zur Hochzeit nimmt das Brautpaar eine speziell für sie gekochte Suppe zu sich.
Die Wolgafinnischen und permischen Völker haben heilige Orte, wie auch heilige Tiere und Pflanzen. Wobei immer zwischen heilig und profan zu unterscheiden ist. So kommt z.b.: dem Hund, wie auch Hahn und Henne die Bedeutung des Todesboten zu. Die Wolgafinnen und Permier glauben an eine enge Verbindung dieser Tiere zu den Göttern. Der Kuckuck gilt als Seelenvogel und symbolisiert bei Klageliedern der Braut sowie Totenklagen die Trauer.
In der Planzenwelt werden Eichen, Kiefern, Linden und Birken heiliger Charakter zugeschrieben, und sind ein beliebtes Motiv in der Folklore dieser Völker. Auch der Eberesche wird, einerseits aufgrund der Tatsache, das sie ein Nahrungsmittel ist, andererseits aus religiösen Gründen, eine wichtige Rolle zugeschrieben. So glauben die wolgafinnischen und permischen Völker, dass in diesem Baum, die Seelen der Verstorbenen wohnen.
In der Folklore der Völker ist auffallend, dass sehr häuftig rote Beeren und Pflanzen als Motiv fungieren, was vermutlich darauf zurückzuführen ist, dass die Farbe rot als Schutzfarbe gilt, die böse Geister vertreibt.(3)

Kunst

Die Schmiede- und Juwelierkunst gehört zur traditionellen Kultur der Mordwinen. Sie beschäftigten sich viel mit Metallbearbeitung. Es gab Juweliere, die verschiedene Gegenstände der Juwelierkunst u.a. mit Emaille oder Inkrustationen verzierten. Auch die dekorative Holzschnitzerei zählt zur traditionellen Kunst der Mordwinen. Sie verzierten z. B. Truhen oder Häusergiebel. In einem Dorf im Kotschkurowski-Landkreis der Republik Mordwinien gibt es eine eigene Kunstschule für Holzschnitzerei.

Außerdem gibt es einen mehrstimmigen mordwinischen Chorgesang, der auch heute noch von verschiedenen Ensembles gesungen und weiterentwickelt wird. Ein traditionelles Musikinstrument, das sehr beliebt war, war eine spezielle Klarinette mit Namen Nudej. Die Nudej wird aus zwei hohlen Schilfrohren hergestellt, die zusammengebunden werden.(6)

Literatur

Die Handlung der mordwinischen Heldenlieder findet auf ersä-mokschanischem Territorium statt und die meisten vorkommenden Personen sind Ersä und Mokscha. _Ineški-paz_ (der höchste Gott der Ersä) oder Škaj (der höchste Gott der Mokscha) ist der Schöpfer der Welt. Der Organisator der Gesellschaft ist der Herrscher _Tjuštjan_, der sowohl bei den Ersä als auch bei den Mokscha vorkommt. Die Handlung spielt im _"Zeitalter Tjuštjans"_, das mit der Wahl des Kaisers beginnt und damit endet, dass er stirbt bzw. durchs Meer in ein fremdes Land aufbricht. Der russische Zar ist im Epos der Feind.

...

Beim Vergleich mit der realen Geschichte wird deutlich, dass sich die Mordwinen nicht in den russischen Staat eingliedern wollten und ihre nationale Unabhängigkeit behalten wollten.(1)

In den 1920er Jahren entstanden die ersten mordwinischsprachigen Kinderbücher. Einer der wichtigsten mordwinischen Autoren war Zachar Dorofeev. Er schrieb einige Schulbücher, in denen auch Geschichten und Gedichte für Kinder vorkamen. Später verarbeiteten Schriftsteller Themen wie den 2. Weltkrieg, Kinderpsychologie, Gerechtigkeit und die Liebe zum Vaterland in ihren Werken. In der Gegenwartsliteratur geht es vorwiegend um aktuelle Themen. Viele Bücher wurden sogar in andere Sprachen wie z. B. Russisch, Udmurtisch und Marisch übersetzt.(2)

Sprache

...

Die Sprache ist ein selbständiger Hauptzweig der finno-ugrischen Sprachen, der allerdings Ähnlichkeiten mit der ostseefinnisch-saamischen Gruppe aufweist.

...

Die Ersänen haben ein einfaches 5-Vokalsystem, das die Vokale a, e, i, o, u beinhaltet, während im mokschanischen Volkalsystem auch der Vokal ä vorkommt. Die mordwinische(n) Sprache(n) umfasst 12-13 Kasus und 5-6 Modi. Geschrieben wird im Ersänischen und Mordwinischen in der zyrillischen Schrift.(4)

Quellen

...

(1)

...

Helimski, E., Kahrs, U., Schötschel, M. 2005: Mari und Mordwinen im heutigen Rußland: Sprache, Kultur, Identität: Harrassowitz Verlag Wiesbaden in Kommission

...

(2)

...

Kahrs, U., Schötschel, M. 2011: Literatursoziologische Entwicklungen bei Wolgafinnen und Permiern (1985-2008): Verlag Dr. Kovac GmbH Hamburg

...

(3)

...

Kahrs, U. 2008: Der Lebenszyklus bei den wolgafinnischen und permischen Völkern: Kontextfelder, Konzepte und Identität: Harrassowitz Verlag Wiesbaden in Kommission

...

(4)

...

Laakso, J.: Vorlesungsfolien SS 2011: Kulturen der uralischen Völker

...

(5)

...

FennoUgria: Erzyas and Mokshas: Zugriff am 28.12.2011 http://www.fennougria.ee/index.php?id=11217

...

(6)

...

Die Mordwinen: Stimme Russlands: Zugriff am 9.1.2012 http://german.ruvr.ru/radio_broadcast/17350884/34227953.html

...

Abb. 1

...

Flagge der Mordwinen: http://www.fennougria.ee/index.php?id=11217

...

Abb.2

...

Verbreitungsgebiet der Mordwinen

...

Abb. 3

...

Hauptstadt der Republik Mordwinien "Saransk": http://de.fifa.com/worldcup/russia2018/destination/cities/city=55696/index.html

...

Abb. 4

...

Wappen der Republik Mordwinien: http://images.vector-images.com/img/13/mord_g.gif/?lng=de